Größte Mehrwertsteuerreform seit 1993: Mit sog. Quick Fixes zu einem „endgültigen Umsatzsteuersystem”

StB Dipl.-Kfr. Dr. Heidi Friedrich-Vache, Leiterin des Geschäfts-bereichs Umsatzsteuer-beratung, Rödl & Partner, München

Die Europäische Kommission hat weitreichende Reformen zur Umsatzsteuer angestoßen, um Steuerausfälle und -betrug, administrativen Aufwand sowie Komplexität in der Besteuerung zu verringern. Diese großen Ziele sollen erreicht werden, indem auch für den EU-grenzüberschreitenden Handel auf die Besteuerung nach dem sog. Bestimmungslandprinzip umgestellt wird. Endgültig soll es bis 2022 beim B2B-Handel keine innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsland der Ware und keine korrespondierende Besteuerung des Erwerbs im Bestimmungsland mehr geben. Lokale Umsatzsteuer ist so grundsätzlich vom Leistenden zu fakturieren, an den Fiskus zu erklären und abzuführen, ggf. via One-Stop-Shop in nur einer Umsatzsteuererklärung im Ansässigkeitsstaat. Dadurch werden Registrierungs- und Erklärungspflichten im EU-Ausland und damit einhergehend immense Kosten für Unternehmer vermieden. Bis dahin ist der Weg aber noch weit. Dies betrifft vor allem auch den IT-technischen und verfahrensrechtlichen Austausch zwischen den EU-Finanzbehörden. » weiterlesen

Reihengeschäfte: Subjektive Kenntnis des Erwerbers maßgeblich

StB, Dipl.-FW (FH) Ronny Langer, Partner bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

Die Zuordnung der bewegten Lieferung in einem Reihengeschäft war trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – der Rechtsprechung der letzten Jahre ein Mysterium. Eine rechtssichere Beurteilung war bislang nicht immer möglich. Deshalb wurde das Urteil des EuGH in der Rs. Kreuzmayr (C-628/16, RS1264395) mit Spannung erwartet. Der EuGH bestätigt darin, dass stets die subjektiven Kenntnisse der Erwerber (gestützt durch objektive Gesichtspunkte) zu berücksichtigen sind und nicht nur isoliert die des Lieferanten. Die Absichtsbekundung eines Zwischenerwerbers zum Weiterverkauf ist damit ohne Bedeutung, auch wenn dies nach dem Urteil des EuGH in der Rs. Toridas (C-386/16, UR 2017 S. 678) noch anders hätte vermutet werden können. Der EuGH verneint zudem einen Vertrauensschutz bei falscher Beurteilung des Reihengeschäfts. » weiterlesen

Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften: Klarstellung durch den EuGH erforderlich

RA/FAStR Dr. Markus Hassa, LL.M., Associate bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Die Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften beschäftigt die Finanzrechtsprechung seit Jahren. Leider erweist sich die ergangene Rechtsprechung als uneinheitlich (siehe bereits Hassa, Steuerboard vom 18.09.2014 und vom 21.08.2015). Die Schwierigkeiten bei der umsatzsteuerrechtlichen Abwicklung dieser häufig vorkommenden Geschäftsvorfälle konnten so bis heute nicht ausgeräumt werden. Rechtssicherheit wird wohl erst eine Entscheidung des EuGH in einem aktuellen Vorlageverfahren bringen. » weiterlesen

Neue Rechtsprechung zur Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften

RA/FAStR Dr. Markus Hassa, LL.M., Associate bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Reihengeschäften bereitet seit längerer Zeit enorme Schwierigkeiten. Die Herausforderung besteht in der Zuordnung der Warenbewegung zu einer der Lieferbeziehungen. Durch die Zuordnung lässt sich bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung bzw. die steuerfreie Ausfuhrlieferung bestimmen. Die hierzu in den letzten Jahren ergangene Rechtsprechung ist in weiten Teilen unklar und widersprüchlich (vgl. bereits Hassa, Steuerboard vom 18.09.2014). Am 25.02.2015 hat der XI. Senat des BFH in zwei Urteilen (XI R 15/14, DB0694689; vgl. dazu auch Heuermann, DB 2015 S. 1303 und XI R 30/13, DB0694498) erneut zur Zuordnung der Warenbewegung Stellung genommen. » weiterlesen

Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften: Differenzen in der Rechtsprechung

RA/FAStR Dr. Markus Hassa, LL.M., Associate bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Bei Reihengeschäften werden von mehreren Unternehmern in einer Reihe mehrere, aufeinanderfolgende Lieferungen eines Gegenstands bewirkt. Dabei wird der Gegenstand unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer in der Reihe transportiert. Die Warenbewegung kann bei Reihengeschäften nur einer der Lieferbeziehungen zugeordnet werden. Diese Grundannahme des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG wurde durch den EuGH bereits im Jahr 2006 in der Rechtssache EMAG (EuGH vom 06.04.2006 – Rs. C-245/04, EMAG Handel Eder, Slg. 2006, I-3227 = DB0138773) bestätigt.

Lediglich diese eine Lieferung ist als „warenbewegte“ Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG beziehungsweise Art. 32 Abs. 1 MwStSystRL anzusehen. Bei den übrigen Lieferungen handelt es sich um „ruhende“ i.S.d. § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG beziehungsweise Art. 31 MwStSystRL. Bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften kann nur die warenbewegte Lieferung eine steuerfreie Ausfuhrlieferung bzw. eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung sein, die im Bestimmungsland eine Einfuhr beziehungsweise einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach sich zieht. » weiterlesen