Vertrauen in die Grunderwerbsteuer

RA/StB Dr. Hardy Fischer, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Im Steuerboard-Beitrag vom 13.04.2018 hat Weggenmann ein aktuelles Urteil des BVerfG vom 10.04.2018 (1 BvR 1236/11, RS1267788) analysiert. Das Urteil enthält bemerkenswerte Aussagen zum Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen. Berater befürchten und Vertreter der Finanzverwaltung behaupten nun vermehrt, dieses Urteil habe eine Trendwende mit sich gebracht und die Möglichkeiten des Gesetzgebers erweitert, z.B. bei den möglichen anstehenden Gesetzesänderungen für Share Deals und Grunderwerbsteuer (vgl. hierzu die Steuerboard-Beiträge von Büttner/Flit vom 25.09.2018 und Evers vom 10.07.2018). Hier ist Vorsicht geboten. Das Urteil des BVerfG betraf eine Sonderkonstellation. Es ist nicht ohne Weiteres übertragbar auf stichtagsbezogene Steuern, wie beispielsweise die Grunderwerbsteuer. » weiterlesen

Share-Deals: Änderung der grunderwerbsteuerlichen Behandlung geplant

John Büttner ist RA/FAStR, Alexander Flit ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei FPS Frankfurt/M.

Die Grunderwerbsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Bundesländer. Seit 2007 haben 14 von 16 Bundesländern den Grunderwerbsteuersatz von ursprünglich 3,5% auf bis zu 6,5% erhöht. Die Steuereinnahmen der Länder liegen demgemäß angesichts der teilweise starken Erhöhungen der Steuersätze in den vergangenen zehn Jahren auf einem historisch sehr hohen Niveau. Bei einem sogenannten Share-Deal kann der Anfall von Grunderwerbsteuer verhindert werden. Dabei werden zum Beispiel bei einer Grundbesitz haltenden Kapitalgesellschaft die Anteile durch mindestens zwei Käufer angeschafft. Wenn weniger als 95% von einem Käufer und mehr als 5% von einem weiteren Käufer erworben werden, fällt auf Basis der derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer an. » weiterlesen

BFH: Rückwirkung gilt nicht für alles

RA/StB Svetlana Heil,
Senior Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

Kein anderes deutsches Steuergesetz enthält in nur 27 Paragrafen so viele Rückwirkungsfiktionen wie das Umwandlungssteuergesetz. Geprägt von der Zielsetzung, eine doppelte Erstellung der handelsrechtlichen und steuerlichen Umwandlungsbilanzen zu vermeiden, knüpft es für Besteuerungszwecke an den Stichtag der handelsrechtlichen Umwandlungsbilanz an, die maximal acht Monate zurück liegen kann. Mit seiner am 14.05.2018 veröffentlichten Entscheidung hatte der BFH Gelegenheit, zur Reichweite der Rückwirkungsfiktion in § 2 Abs. 1 UmwStG Stellung zu nehmen (BFH vom 07.01.2018 – I R 27/16, DB 2018 S. 1314). In dem Urteil bestätigt der BFH erneut den Vorrang der allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätze, soweit das Umwandlungssteuergesetz nicht ausdrücklich eine Rückwirkung vorschreibt. » weiterlesen

Vorsteuerabzug bei fehlerhafter Rechnung: BFH erkennt rückwirkende Rechnungsberichtigung an

RA/FAStR Thomas Streit, LL.M. Eur., Managing Associate bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

RA/FAStR Thomas Streit, LL.M. Eur., Managing Associate bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesell-schaft mbH, München

Erst vor wenigen Wochen hat der EuGH sein Urteil in der Rechtssache Senatex (Urteil vom 15.09.2016 – Rs. C-518/14, RS1216976) veröffentlicht (vgl. Streit, Steuerbaord vom 19.09.2016). Darin bestätigt der EuGH, dass eine Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs rückwirkend korrigiert werden kann. Bisherige Praxis war, dass ein Unternehmer den Vorsteuerabzug für von ihm eingekaufte Leistungen erst in dem Besteuerungszeitraum vornehmen kann, in dem ihm eine ordnungsgemäße Eingangsrechnung vorliegt. War eine Rechnung zunächst fehlerhaft und musste berichtigt werden, wurde der Vorsteuerabzug von Finanzämtern und Gerichten erst für den Besteuerungszeitraum anerkannt, in dem die berichtigte Rechnung vorlag. Eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung wurde verneint. Nun hat der BFH in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (BFH vom 20.10.2016 – V R 26/15, DB 2016 S. 3019) die Rechtssicht des EuGH aus der Rechtssache Senatex aufgegriffen. In diesem neuen Urteil ändert der BFH seine bisherige Rechtsprechung und erkennt eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ebenfalls an. Diese ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht möglich. » weiterlesen

Änderungsbedarf von Gesellschaftsverträgen und Satzungen von Familienunternehmen nach der Erbschaftsteuerreform

RA Dr. Nils Christian Wighardt, EMBA, Associate bei McDermott Will & Emery, München

RA Dr. Nils Christian Wighardt, EMBA, Associate bei McDermott Will & Emery, München

Am 14.10.2016 hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ zugestimmt. Das BVerfG hatte mit seiner Entscheidung vom 17.12.2014 (Urteil vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, RS1046342; vgl. dazu Stalleiken, DB 2015 S. 18 und Lüdicke, DB0689696) den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 30.06.2016 zu handeln. Die Neuregelung erfolgt rückwirkend ab dem 01.07.2016. Für Familienunternehmen bedeutet dies, dass sie nicht nur mit dem neuen Gesetz und seinen teils dramatischen Steuerbelastungen zurechtkommen, sondern ggf. auch die Gesellschaftsverträge bzw. Satzungen anpassen müssen. » weiterlesen

Erbschaftsteuerreform: Was große Familienunternehmen künftig beachten müssen

RA/StB/FBIntSR Prof. Dr. Christian Rödl, LL.M., Vorsitzender der Geschäftsleitung und Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner

RA/StB/FBIntStR Prof. Dr. Christian Rödl, LL.M., Vorsitzender der Geschäftsleitung und Geschäfts-führender Partner bei Rödl & Partner

Seit der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 (Urteil vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, RS1046342; vgl. dazu Stalleiken, DB 2015 S. 18 und Lüdicke, DB0689696) zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer haben viele deutsche Unternehmer die bisherigen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteile noch genutzt, um ihr Unternehmen steuerbegünstigt auf die nächste Generation zu übertragen. Aus der heutigen Perspektive war dies meist wohl auch die richtige Entscheidung. Denn nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages vom 29.09.2016 führen die neuen Verschonungsregeln für Betriebsvermögen und Gesellschaftsbeteiligungen rückwirkend zum 01.07.2016 zu erheblichen Verschärfungen.

 

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Berichtigung fehlerhafter Rechnungen für Zwecke des Vorsteuerabzugs: EuGH lässt Rückwirkung zu

RA/FAStR Thomas Streit, LL.M. Eur., Managing Associate bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

RA/FAStR Thomas Streit, LL.M. Eur., Managing Associate bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesell-schaft mbH, München

Am 15.09.2016 hat der EuGH in der Rechtssache Senatex GmbH (Rs. C‑518/14, RS1216657) ein grundlegendes Urteil im Bereich des Umsatzsteuerrechts gefällt. Danach können fehlerhafte Rechnungen rückwirkend berichtigt werden. Bedeutung hat dies für Rechnungsempfänger, die aus einer fehlerhaften Einkaufsrechnung den Vorsteuerabzug vorgenommen haben. Ihnen drohte bislang die Versagung des Vorsteuerabzugs aus der fehlerhaften Rechnung und – je nach zeitlichem Ablauf – eine Zinsforderung des Finanzamts gem. § 233a AO. Durch die jetzt anerkannte Rückwirkung der Berichtigung dürften Zinsforderungen des Finanzamts der Vergangenheit angehören. Unternehmen, die in der Vergangenheit in derartigen Fällen Zinsen an die Finanzbehörde entrichtet haben, sollten prüfen, ob sie nicht die Erstattung der Zinsen beanspruchen können. » weiterlesen

Gibt es den EK 02-Topf wirklich? – Verfassungsmäßigkeit der zwangsweisen Besteuerung des EK 02

RA/StB Dipl.-Kfm. Alexander Pupeter, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

RA/StB Dipl.-Kfm. Alexander Pupeter, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

Juristen neigen dazu, ihre rechtlichen Konstrukte als wirklich existierend anzusehen. Diese déformation professionnelle kann in einem Urteil des FG Hamburg vom 24. 9. 2012 (2 K 31/11, DB0556552, anhängig beim BFH: I R 76/12) beobachtet werden. Dort ging es um die Frage, ob die durch das JStG 2008 herbeigeführte zwangsweise Besteuerung des EK 02 verfassungswidrig sei.

Sachverhalt

In diesem Verfahren hatte die Klägerin Mitte der Neunzigerjahre durch Forderungsverzichte ihrer Gläubiger einen nach damaligem Recht steuerfreien Sanierungsgewinn erzielt, der in das EK 02 eingestellt wurde. Zum 31. 12. 2001 wurde der Bestand des EK 02 auf 13,8 Mio. € festgestellt; dieser Betrag blieb unverändert. Nach der Rechtslage nach Abschaffung des Anrechnungsverfahrens hätte dieses EK 02 im Wesentlichen nur zu einer Nachbesteuerung i. H. von 30% geführt, soweit daraus Ausschüttungen erfolgt wären. Nach Ablauf von 15 Wirtschaftsjahren, später geändert auf 18, hätte diese Nachbesteuerung endgültig entfallen sollen (sog. Moratorium). » weiterlesen