Geplantes Verbandssanktionengesetz: Künftig Strafverfahren gegen Unternehmen bei Steuervergehen

RA/StB Dr. Marcus Niermann, Senior Associate bei POELLATH, Berlin

Am 16.06.2020 hat die Bundesregierung mit dem sogenannten „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ das Gesetzgebungsverfahren zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes initiiert. Hierdurch sollen erstmals Unternehmen – d.h. insbesondere Personen- und Kapitalgesellschaften – selbst Beschuldigte von Strafverfahren und Adressaten strafrechtlicher Sanktionen werden – statt wie bisher im Grundsatz „nur“ die individuell verantwortlichen natürlichen Personen. Anders als zum Teil erwartet (oder erhofft), hat der Bundesrat den Regierungsentwurf in seiner Sitzung am 18.09.2020 grundsätzlich begrüßt und nur Änderungsbedarf in einzelnen Punkten angemahnt. Die wohl mit Abstand meisten potenziellen Unregelmäßigkeiten dürften in Unternehmen auf dem Gebiet des Steuerrechts entstehen. Grund genug, sich mit den potenziellen Auswirkungen des Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) zu befassen. » weiterlesen

„AirBnB“-Vermieter im Fokus steuerlicher Ermittlungen

RA/Wirtschafts-mediator Florian Donath, Rödl & Partner Nürnberg

Wer seine eigene Wohnung Dritten entgeltlich – wenn auch nur tageweise – überlässt, muss die Einnahmen beim Finanzamt angeben. Kommt der Steuerpflichtige dem nicht nach, kann schon bald die Steuerfahndung klingeln. Denn die Einnahmen sind steuerpflichtig, und zwar in dem Land, in dem sich die Immobilie befindet. In Deutschland unterliegen diese Mieteinnahmen ebenfalls regelmäßig der Einkommensteuer. Selbst Umsatzsteuer kann unter bestimmten Voraussetzungen anfallen. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Vermietung über ein ausländisches Vermietungsportal erfolgt. Aktuelle Brisanz entwickelt dieses Thema durch die Anfrage deutscher Finanzbehörden an deren irische Kollegen mit dem Inhalt, Daten über deutsche Steuerpflichtige zu übermitteln, die über das Vermietungsportal „AirBnB“ Vermietungseinkünfte generieren. Die irischen Behörden haben nun aufgrund der bestehenden bilateralen Vereinbarung maximal sechs Monate Zeit, um der deutschen Finanzverwaltung die angefragten Informationen zu übermitteln. » weiterlesen

AEAO zu § 153 AO: Berichtigungspflicht und steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Bevollmächtigten

RA Francis B. El Mourabit, LL.M., Strafverteidiger und Unternehmensvertreter bei VBB Rechtsanwälte, Düsseldorf

RA Francis B. El Mourabit, LL.M., Straf-verteidiger und Unter-nehmensver-treter bei VBB Rechtsanwälte, Düsseldorf

Mit Schreiben vom 23.05.2016 (DB 2016 S. 1228) hat das BMF den Anwendungserlass zur AO (AEAO) um Ausführungen zu § 153 AO ergänzt. Die Regelung des § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO wirft viele Auslegungsfragen auf, die in der Fachliteratur umstritten sind. Dies hat eine besondere Brisanz, da im Falle eines Verstoßes gegen die Anzeige- und Berichtigungspflicht aus § 153 Abs. 1 AO eine steuerstrafrechtliche Verfolgung wegen einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO droht (zur Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht von einer Selbstanzeige vgl. Klepsch, Steuerboard vom 09.06.2016). » weiterlesen

Passentziehung im Windschatten der verschärften Selbstanzeige

David Hötzel, Associate bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

David Hötzel, Associate bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Mit Jahresbeginn 2015 hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen verschärft, unter denen eine strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung möglich ist (vgl. BT-Drucks. 18/3018 und 18/3439). Der Gesetzgeber verspricht sich von der Gesetzesänderung – freilich neben der erhofften „Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“ – „mittelfristig Mehreinnahmen für die Länderhaushalte in einer Größenordnung von 15 Mio. Millionen Euro jährlich“. Somit kann sich die Zahllast gegenüber dem Fiskus, die die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit ermöglicht, für den einzelnen Steuerpflichtigen deutlich erhöhen. Diese Verschärfung der straf- und steuerrechtlichen Regelungen ist zugleich Anlass, an ein ergänzendes verwaltungsrechtliches Instrument zu erinnern, das dem Fiskus das Eintreiben offener Steuerforderungen erleichtern soll: Die Passentziehung. Oder anders gewendet: Die Möglichkeit der Passentziehung könnte ein (weiterer) Beweggrund für Steuerpflichtige sein, von einer strafbefreienden Selbstanzeige Abstand zu nehmen. » weiterlesen

Strafbefreiende Selbstanzeige: Ab 1. Januar 2015 gelten verschärfte Regeln

StB Dipl.-Kfm. Peter F.  Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

StB Dipl.-Kfm. Peter F. Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt“ (Johannes Tetzel) – diesen Ansatz der Buße nutzte man schon im Mittelalter. Doch auch wenn es heute vielleicht nicht vordergründig um das Reinwaschen der Seele geht, sondern schlicht um Straffreiheit, war das Freikaufen von der Schuld in den letzten Jahren wieder groß im Trend.

Die Zahl der prominenten Fälle nimmt zu, die Präsenz in den Medien ist groß wie nie. Bald könnte ein neuer Rekord bei den Selbstanzeigen erreicht werden, denn die Bedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung werden voraussichtlich ab 1. Januar 2015 verschärft. Laut einer dpa-Umfrage gingen bei den Finanzämtern bis Ende Juni 2014 rund 22.500 Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehungen ein. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2012 insgesamt gerade einmal rund 8.000 Steuerpflichtige, die Ihre vergangenen steuerlichen Vergehen offen legten. » weiterlesen

Strafanzeige gegen Finanzbehörden: Warum Uli Hoeneß` Vorstoß dem deutschen Steuersystem nützt

RA/FAStR/StB Peter Fabry, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, München

RA/FAStR/StB Peter Fabry, Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, München

Jüngst war das Thema wieder in der Presse: Uli Hoeneß hat Strafanzeige gegen die Finanzbehörden gestellt. Sie sollen Medienvertretern Informationen aus seiner Steuerakte zugänglich gemacht haben. Dass jemand, der der Steuerhinterziehung angeklagt ist, nun seinerseits die Behörden verklagt, ist ein seltener Fall. Und daher aus rechtlicher Sicht besonders interessant: Handelt es sich bei der Strafanzeige gegen die Finanzbehörden um ein prozesstaktische Ablenkungsmanöver? Oder um die Wahrnehmung berechtigter rechtlicher Interessen? » weiterlesen

Öffentliche Steuerdiskussion und tatsächliche Hintergründe

Prof. Dr. Wolfgang Blumers ist Hochschullehrer und Partner der Kanzlei Blumers & Partner, Stuttgart

Prof. Dr. Wolfgang Blumers ist Hochschullehrer und Partner bei Blumers & Partner, Stuttgart

Steuerfragen sind in der öffentlichen Diskussion derzeit hoch aktuell. Das sieht man an den Talkshows, die sich zu diesen Themen gegenseitig übertreffen. Die Aktualität resultiert dabei nicht aus der Steuerproblematik, sondern aus dem öffentlichen Interesse an den beteiligten Personen wie Hoeneß oder Baselitz. Für den Fachmann eindrucksvoll (aber auch erschreckend) ist dabei der Unverstand der Medien, Politiker und anderen bedeutsamen „öffentlichen“ Personen, die sich zu diesen Themen äußern. Der verantwortungsbewusste Fachmann muss sich fragen, ob hier nicht Aufklärungsarbeit gefordert ist, bevor Trends losgetreten werden, deren Folgen das Gemeinwohl schädigen würden. » weiterlesen

Steuerkontaminiertes Vermögen im Nachlass

RA StB Dr. Stephan Viskorf, Counsel bei Pöllath + Partners, München

RA StB Dr. Stephan Viskorf, Partner      bei P + P Pöllath + Partners, München

Der Erbe, der nicht deklariertes Vermögen oder unversteuerte Vermögenserträge im Nachlass findet, muss unverzüglich die Finanzbehörden hierüber informieren, um das eigene Abgleiten in eine möglicherweise dauerhafte Steuerunehrlichkeit zu vermeiden. Das damit bestehende Risiko der Begehung einer Steuerstraftat durch den Erben wurde durch die Reform der Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige noch einmal deutlich verschärft. Nicht erst der Ankauf von sog. Steuer-CDs mit den Daten möglicher Steuerhinterzieher hat das Auffinden von steuerkontaminiertem Vermögen (insbesondere nicht deklarierte ausländische Bankkonten und Immobilien) im Nachlass zu einem echten Risiko für Erben werden lassen. Auch der Abschluss von Informationsabkommen zwischen Deutschland und Steuer-Oasen wie Monaco, Jersey oder Liechtenstein sowie der seit dem Jahr 2006 mögliche europaweite Kontenabruf haben die Aufgriffswahrscheinlichkeit deutlich erhöht.   » weiterlesen