Öffentliche Steuerdiskussion und tatsächliche Hintergründe

Prof. Dr. Wolfgang Blumers ist Hochschullehrer und Partner der Kanzlei Blumers & Partner, Stuttgart

Prof. Dr. Wolfgang Blumers ist Hochschullehrer und Partner bei Blumers & Partner, Stuttgart

Steuerfragen sind in der öffentlichen Diskussion derzeit hoch aktuell. Das sieht man an den Talkshows, die sich zu diesen Themen gegenseitig übertreffen. Die Aktualität resultiert dabei nicht aus der Steuerproblematik, sondern aus dem öffentlichen Interesse an den beteiligten Personen wie Hoeneß oder Baselitz. Für den Fachmann eindrucksvoll (aber auch erschreckend) ist dabei der Unverstand der Medien, Politiker und anderen bedeutsamen „öffentlichen“ Personen, die sich zu diesen Themen äußern. Der verantwortungsbewusste Fachmann muss sich fragen, ob hier nicht Aufklärungsarbeit gefordert ist, bevor Trends losgetreten werden, deren Folgen das Gemeinwohl schädigen würden. » weiterlesen

Das Steuerabkommen mit der Schweiz – der zweite Anlauf

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt

Am 5. 4. 2012 wurde in Bern ein Protokoll zur Änderung des am 21. 9. 2011 in Berlin unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt („Steuerabkommen“)  unterzeichnet („Ergänzungsprotokoll“, vgl. DB0470249). Die Verhandlungen über das Steuerabkommen wurden ursprünglich am 10. 8. 2011 abgeschlossen (vgl. BMF, PM Nr. 32/2011 vom 10. 8. 2011). Am 22. 9. 2011 wurde das Steuerabkommen mit der Schweiz auf der Internetseite des BMF veröffentlicht, nachdem es am Tag zuvor von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und der Schweizer Finanzministerin Dr. Eveline Widmer-Schlumpf in Berlin unterzeichnet wurde. Das Steuerabkommen soll am 1. 1. des nach beiderseitiger Notifikation folgenden Kalenderjahres in Kraft treten; von der Bundesregierung wird der 1. 1. 2013 angestrebt.

SPD, Bündnis 90/die Grünen sowie die Linke lehnen die geplante einmalige pauschale Nachzahlung ab und fordern weiterhin den Kauf von CDs aus der Schweiz mit den Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher aus Deutschland.

Zu dem nun unterzeichneten Ergänzungsprotokoll erklärte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble „Mit dem Ankommen werden wir in die Lage versetzt, für die Vergangenheit und für die Zukunft Kapitalanlagen deutscher Staatsbürger in der Schweiz zu besteuern. Das sind Steuereinnahmen, die ohne Abkommen laufend verjähren würden. So wird Gerechtigkeit hergestellt …“ (vgl. BMF, PM Nr. 12/2012 vom 5. 4. 2012). » weiterlesen

BGH: Steuerstrafrecht wird weiter verschärft

RA Ulrike Grube, Leiterin Bereich "Prävention und Verteidigung", Rödl & Partner, Nürnberg

Schon die Carolina von 1532 unterschied zwischen schwerwiegenden (causae maiores)und minderschweren Fällen (causae minores) für eine Tat, und richtete danach die Höhe der Strafe aus. Dabei orientiert sich das deutsche Recht bei der Bewertung der Tat immer nach dem Gesetz (nulla poena sine lege). Dass der Volksmund Steuerhinterziehung oftmals als „Kavaliersdelikt“ klassifiziert, ist strafrechtlich irrelevant. Wesentlich ist vielmehr, unter welchen Umständen eine Gefängnisstrafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Gerade bei Wirtschaftsdelikten ist dies entscheidend; denn sitzt der Unternehmer im Gefängnis, ist oftmals auch der Fortbestand des Betriebs und der Arbeitsplätze in Gefahr. Es geht also bei der Strafzumessung nicht um Fragen der Ehre, sondern u. a. um Umstände und Schaden der Tat.

Dass der BGH von den Instanzgerichten mit Nachdruck eine schärfere Gangart im Steuerstrafrecht einfordert, hat er bereits in seinem Grundsatzurteil vom 2. 12. 2008 – 1 StR 416/08 (DB0322447) zur Strafhöhe bei Steuerdelikten deutlich gemacht. Tenor: Bei sechsstelligen Beträgen liege eine Hinterziehung „in großem Ausmaß“ vor, eine Geldstrafe sei regelmäßig nicht mehr schuldangemessen. Bei Steuerschäden von 1 Mio. € oder mehr sei eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu verhängen, soweit nicht ausnahmsweise besonders gewichtige Milderungsgründe vorliegen. Nun hat Karlsruhe mit zwei Entscheidungen vom 7. 2. 2012 (1 StR 525/11) und 15. 12. 2011 (1 StR 579/11) nochmals seine Haltung bekräftigt. » weiterlesen

USA und EU wollen Bekämpfung der Steuerhinterziehung verbessern

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Derzeit vergeht kaum eine Woche, in der nicht eine Erklärung seitens der Bundesregierung oder der EU Kommission zur Koordination in Steuersachen mit einem anderen Staat veröffentlicht wird. Die letzte Woche war besonders ereignisreich: so liegt seit dem 6. 2. 2012 das Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung vor. Am gleichen Tag hat die EU Kommission ein Arbeitspapier zur Erleichterung der administrativen Umsetzung des „Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA)“, welches an die „Taxation Policy Group“ der US Regierung adressiert ist, veröffentlicht. Schließlich schloss die letzte Woche mit einer gemeinsamen Erklärung von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den USA zur Stärkung ihrer Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung im grenzüberschreitenden Bereich und zur Umsetzung des FATCA ab. Während das erklärte Ziel des deutsch-französischen Grünbuch ist, der erste Schritt zur europäischen Kohärenz und somit „ein wichtiges Signal gegen einen ökonomisch schädlichen Wettlauf der Steuersysteme in Europa“ zu sein, steht bei den anderen, in der letzten Woche veröffentlichten Papiere die Bekämpfung der Steuerhinterziehung im Vordergrund. » weiterlesen

Steuerkontaminiertes Vermögen im Nachlass

RA StB Dr. Stephan Viskorf, Counsel bei Pöllath + Partners, München

RA StB Dr. Stephan Viskorf, Partner      bei P + P Pöllath + Partners, München

Der Erbe, der nicht deklariertes Vermögen oder unversteuerte Vermögenserträge im Nachlass findet, muss unverzüglich die Finanzbehörden hierüber informieren, um das eigene Abgleiten in eine möglicherweise dauerhafte Steuerunehrlichkeit zu vermeiden. Das damit bestehende Risiko der Begehung einer Steuerstraftat durch den Erben wurde durch die Reform der Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige noch einmal deutlich verschärft. Nicht erst der Ankauf von sog. Steuer-CDs mit den Daten möglicher Steuerhinterzieher hat das Auffinden von steuerkontaminiertem Vermögen (insbesondere nicht deklarierte ausländische Bankkonten und Immobilien) im Nachlass zu einem echten Risiko für Erben werden lassen. Auch der Abschluss von Informationsabkommen zwischen Deutschland und Steuer-Oasen wie Monaco, Jersey oder Liechtenstein sowie der seit dem Jahr 2006 mögliche europaweite Kontenabruf haben die Aufgriffswahrscheinlichkeit deutlich erhöht.   » weiterlesen

Das Steuerabkommen mit der Schweiz, Unmut und potentielle Auswirkungen

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt

Am 10. 8. 2011 haben Unterhändler der Schweiz und Deutschlands in Bern die Verhandlungen über offene Steuerfragen abgeschlossen und ein Steuerabkommen paraphiert (vgl. PM des BMF Nr. 32/2011 vom 10. 8. 2011). Der vollständige Text der Übereinkunft liegt derzeit noch nicht vor; er wird erst nach Unterzeichnung durch die beiden Regierungen in einigen Wochen veröffentlicht. Das Steuerabkommen könnte Anfang 2013 in Kraft treten. » weiterlesen

Finanzamt darf angekaufte Bank-CD auswerten

RA/FAStR Oliver Holzinger, Chefredakteur DER BETRIEB, Düsseldorf

Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Steuerbehörden angekaufte ausländische Bankdaten bei der Besteuerung verwenden dürfen, selbst wenn diese von den Mitarbeitern der Kreditinstitute illegal beschafft sein sollten. Mit diesem aktuell veröffentlichten Beschluss hat nun erstmals ein Finanzgericht die Ausnutzung der Schweizer Steuer-CD bestätigt (FG Köln, Beschluss vom 15. 12. 2010 – 14 V 2484/10). » weiterlesen

Selbstanzeige verliert an Reiz und fiskalischer Effektivität

RA/FAStR/StB Dr. Ulrich Koops, Partner bei MDS Möhrle & Partner, Hamburg

Am 15. 4. 2011 hat mit dem sogenannten Schwarzgeldbekämpfungsesetz eine Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige nach Steuerhinterziehungen den Bundesrat passiert. Anstoß für die mit der Verkündung des Gesetzes (voraussichtlich Anfang Mai 2011) in Kraft tretende Überarbeitung war zum einen die Flut von Nachmeldungen aus Anlass des Bekanntwerdens des Ankaufs von Datenträgern über ausländische Bankkonten, aber auch die neuere Rechtsprechung des I. Strafsenats des BGH, die mit der der Rechtsprechung immanenten Rückwirkung erhebliche Einschränkungen der strafbefreienden Wirkung brachte. » weiterlesen