Bislang wurden Steuernachforderungen und Steuererstattungen gesetzlich mit monatlich 0,5 % – mithin 6 % jährlich – verzinst. Dies hat nun ein Ende: Mit seinem vor kurzem veröffentlichten Beschluss vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Verzinsung mit einem solchen Zinssatz bereits seit 2014 verfassungswidrig ist. Obwohl die praktischen Auswirkungen aufgrund einer Fortgeltungsanordnung bis einschließlich 2018 nicht unmittelbar bis 2014 zurückreichen, ist die Entscheidung jedenfalls rückwirkend ab 2019 und in Zukunft für Steuerpflichtige von grundlegender Bedeutung. » weiterlesen
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Schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Festsetzung von Zinsen nach §§ 233, 238 AO
Für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sieht die Abgabenordnung (AO) in den §§ 233 ff. verschiedene Verzinsungstatbestände vor. Zu verzinsen sind hiernach ausschließlich gestundete Steueransprüche (§ 234 AO), hinterzogene Steuern (§ 235 AO), Erstattungsbeträge infolge einer gerichtlichen Entscheidung (§ 236 AO) und Steueransprüche, deren Vollziehung zeitweise ausgesetzt ist (§ 237 AO). Darüber hinaus sind Steuererstattungen vor Fälligkeit und Steuernachzahlungen zu verzinsen (§ 233a AO). » weiterlesen
Verzinsung von Steuerzahlungen bei freiwilligen Vorauszahlungen
Die Finanzbehörden errechnen bei freiwilligen Vorauszahlungen fiktive Zinsen auf der Grundlage eines eigenen Zinslaufes nur für jeweils volle Monate. Dies kann dazu führen, dass Nachzahlungszinsen entstehen obgleich der Steuerpflichtige bereits kurz nach Beginn des Zinslaufs freiwillige Vorauszahlungen geleistet hat. Dies entspricht nicht dem Grundsatz, dass Nachzahlungszinsen nur insoweit zu erheben sind als der Steuerpflichtige einen Vorteil zieht. » weiterlesen
Steuerzinsen und Nettoprinzip
Seit 1990 werden nach § 233a AO Steuerzinsen erhoben. Anlass waren milliardenschwere Steuernachzahlungen aufgrund Betriebsprüfung, oftmals für lange zurückliegende Jahre. Die Strategie mancher Unternehmen, übervorsichtige Ansätze in der Handelsbilanz in die Steuerbilanz zu übernehmen und sich später mit der Betriebsprüfung darüber zu streiten, sollte torpediert werden. Bei der Einkommensteuer waren Nachzahlungszinsen abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG); Erstattungszinsen wurden als Kapitaleinkünfte besteuert. Der Zinssatz von 6% war damals angemessen. » weiterlesen