Keine einschränkende Auslegung bei Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz

StBin Dipl.-Kffr. Dr. Katrin Dorn, Partnerin, und StB Frank Niesmann, MÖHRLE HAPP LUTHER mbB, München bzw. Hamburg

Der BFH hat mit Urteil vom 08.12.2021 (I R 30/19) entschieden, dass der Ausschluss oder die Beschränkung des nationalen Besteuerungsrechts kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. ist. Nach diesem Urteil ist § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. (heutiger § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG) nicht dahingehend auszulegen, dass die Besteuerung von stillen Reserven in Geschäftsanteilen aufgrund einer unentgeltlichen Anteilsübertragung auf einen beschränkt Steuerpflichtigen unterbleibt, wenn das deutsche Besteuerungsrecht nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Damit findet § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. (heutiger § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG) unabhängig vom Umfang der (tatsächlichen) deutschen Besteuerungsrechte Anwendung, soweit die in der Regelung genannten Voraussetzungen vorliegen. » weiterlesen

Erneute Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuergesetzes? – Der 90%-Test auf dem Prüfstand

StB/Dipl.-Kfm. Ricardo Fischnaler, LL.M., Partner und Christoph Samen, LL.B., Professional bei der WTS Steuerberatungsgesell-schaft mbH, Köln.

Mit Urteil vom 24.11.2021 kam das FG Münster entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung zu dem Ergebnis, dass der sog. 90%-Test (Verwaltungsvermögenstest) i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG nach dem Gesetzeswortlaut zu mit dem Grundgesetz unvereinbaren Rechtsfolgen führen würde (Az.: 3 K 2174/19 Erb). Das FG löste diesen Verfassungskonflikt durch eine teleologische Reduktion der Vorschrift. » weiterlesen

Teleologische Reduktion des sog. Einstiegstests nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bei der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen

StB Sabrina Dotterweich, Associate bei POELLATH, München

Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann unternehmerisches Vermögen in Deutschland grundsätzlich steuerbegünstigt übertragen werden. Um jedoch überhaupt von der Begünstigung zu profitieren, muss zunächst die Hürde des sog. Einstiegstests (90%-Test) gemeistert werden, § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG. Der Einstiegstest folgt dabei bisher dem sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip. Beträgt der modifizierte Wert des Verwaltungsvermögens mindestens 90% des gemeinen Werts des grundsätzlich begünstigungsfähigen Vermögens, unterliegt die Übertagung – unabhängig von der Zusammensetzung des Vermögens – in voller Höhe der Besteuerung. Dies führt in der Praxis oftmals zu wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Das FG Münster hat nun mit einem am 17.01.2022 veröffentlichten Urteil (3 K 2174/19 Erb) entschieden, dass der Einstiegstest bei Übertragungen von Kapitalgesellschaftsanteilen im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass er bei einer originär gewerblichen Kapitalgesellschaft nicht zur Anwendung kommt. » weiterlesen