Überlängen beim Bundesverfassungsgericht

RA/StB Prof. Dr. Dietmar Gosch, Hamburg

Am 03.12.2011 ist das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in Kraft getreten – kurz: das „ÜVerfdG“. Das Gesetz betrifft alle Gerichte und somit – das aber erst nach langer, kontroverser Diskussion im Gesetzgebungsverfahren – auch das BVerfG. Der Gesetzgeber hat für diese Einbeziehung eine von anderen Gerichten abweichende Sonderbehandlung in § 97a bis § 97e BVerfGG geschaffen: § 97a Abs. 1 Satz 1 BVerfGG gebietet beim Bundesverfassungsgericht die „Ahndung“ durch Entschädigung „infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens“. Konkrete Folgen ergeben sich aus der Einbeziehung des BVerfG in den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren allerdings praktisch nicht. Die Einbeziehung des BVerfG ist eher Kosmetik denn Inhalt, mehr Schein als Sein. Die mit etlichen Verfahrenshindernissen ausgelobte Entschädigung von 1.200 Euro pro Jahr der Verzögerung ist maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein, und die ansonsten grundsätzlich noch mögliche Anrufung des EGMR ein stumpfes Schwert. Doch immerhin: Dass man beim BVerfG anhängige Verfahren überhaupt einbezogen hat, bezeugt im Ergebnis eine gute Absicht, ein Bekenntnis zur Gleichbehandlung vor dem Gesetz, das eben auch vor dem höchsten Gericht nicht haltmacht. » weiterlesen

Erste Entscheidung zu überlangen Finanzgerichtsprozessen – BFH lehnt Geldentschädigung ab

RA Dr. Gerhard Specker, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

RA Dr. Gerhard Specker, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Seit Dezember 2011 stehen neue Rechtsbehelfe gegen überlange (Finanz-)Gerichtsprozesse zur Verfügung (§ 198 GVG). Mit der Verzögerungsrüge kann der Kläger eine unangemessene Verfahrensdauer beim Finanzgericht rügen. Verzögert sich das Verfahren dennoch weiter, kann der Kläger frühestens sechs Monate nach der Verzögerungsrüge (und spätestens bis sechs Monate nach Abschluss des Verfahrens) eine Entschädigung beim BFH einklagen. Bei einer unangemessenen Dauer des Gerichtsverfahrens hat der Kläger Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen immateriellen und materiellen Schadens. Diese Klage besteht nach Auffassung des BFH parallel zur Amtshaftungsklage, die andere Voraussetzungen hat und stets vor dem Landgericht erhoben werden muss (siehe dazu meinen Beitrag vom 20. 6. 2012, DB0481947). » weiterlesen