Am 13. 12. 2011 hat der Bundesgerichtshof ein maßgebliches Grundsatzurteil zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen der Haftung wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen nach § 37b WpHG gefällt (XI ZR 51/10). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin Schadenersatz aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der beklagten IKB am 26. 7. 2007. Mitte 7. 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals sogenannte Subprimes (Hypothekenkredite minderer Qualität) wegen erhöhter Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sank auch der Preis der von der Beklagten emittierten Anleihen und es gab Gerüchte, dass die Beklagte substantielle Risiken im Hinblick auf den US-Subprime-Markt treffen. Um die Gerüchte auszuräumen und die Marktsituation zu beruhigen, veranlasste der damalige Vorstandsvorsitzende der IKB am 20. 7. 2007 die Herausgabe einer Pressemitteilung, in der nur eine geringe Betroffenheit der Beklagten durch US-Subprimes behauptet wurde.
Sowohl das LG als auch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 27. 1. 2010 – 15 U 230/09) hatten die Klage abgewiesen. Der BGH hat zwar, ebenso wie das OLG, eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a WpHG verneint, weil das dort geregelte Verbot der Marktmanipulation nicht dem Schutz einzelner Anleger, sondern allgemein der Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarktes diene und daher kein Schutzgesetz darstelle. Allerdings hat der BGH einen Anspruch aus § 37b WpHG bejaht. Nach dieser Vorschrift ist der Emittent zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er es mindestens grob fahrlässig unterlässt, unverzüglich eine Insiderinformation, die ihn unmittelbar betrifft, zu veröffentlichen. Eine Insiderinformation ist in § 13 WpHG definiert als eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis erheblich zu beeinflussen. Entscheidend war hier, ob die Tatsache, dass die IKB maßgeblich in US-Subprimes engagiert ist, eine solche Insidertatsache darstellt. Das OLG hatte dies noch mit der Begründung verneint, dass die Beklagte im Zeitpunkt der unterlassenen Veröffentlichung keine Kenntnis darüber hatte, dass diese Information zur erheblichen Preisbeeinflussung geeignet gewesen sei. Die schon bekannte Subprime-Krise sei von den Marktteilnehmern seinerzeit massiv unterschätzt worden und schon gar nicht konnte vorhergesehen werden, dass ein ganzes Marktsegment zusammenbrechen würde. Der BGH sah dies anders: Die Beklagte habe die Bedeutung ihres Engagements in US-Subprimes genau erkannt, wie die Herausgabe der Presseerklärung vom 20. 7. 2007 zeige. Dem ist zuzustimmen: Zwar kann dem OLG ganz sicher gefolgt werden, wenn es meint, dass aus damaliger Sichtweise die Risiken selbst von Spezialisten völlig unterschätzt wurden. Jedoch hatte die Beklagte hier gerade als Reaktion auf die aufgekommenen Gerüchte, dass sie wegen ihres Engagements in Subprimes in Bedrängnis geraten sei, die Presseveröffentlichung veranlasst und dabei ihr starkes Engagement in eben diesen Papieren verschwiegen. Damit war ihr also völlig bewusst, dass das Bekanntwerden des tatsächlichen Engagements zu einem Kursrutsch ihrer Aktien geführt hätte.
Auch auf der Rechtsfolgenseite hat der BGH eine grundsätzliche Frage entschieden. Der Schadenersatzanspruch aus § 37b WpHG ist entweder auf Rückzahlung des Kaufpreises der Aktien Zug um Zug gegen deren Rückgabe gerichtet oder auf die Erstattung der Differenz zwischen dem Kurs bei Erwerb der Aktien und dem fiktiven Kurs bei Veröffentlichung einer unverzüglichen Ad-hoc-Mitteilung. Auch diese Frage war bislang hoch umstritten, wobei sich die Mehrheit im Schrifttum wohl für den Differenzschaden ausspricht.