Das BAG hat mit Urteil vom 06.09.2012 (Az.: 2 AZR 479/09 = DB0417372) entschieden, dass eine personenbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers des öffentlichen Diensts gerechtfertigt ist, wenn sich der Arbeitnehmer in seiner Freizeit aktiv für eine verfassungsfeindliche Partei einsetzt und dadurch zum Ausdruck kommt, dass ihm die Eignung für die vertraglich geschuldete Leistung fehlt. Dies gilt selbst dann, wenn die Partei nicht durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Das beklagte Land kann nicht verpflichtet werden, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der aktiv dessen Abschaffung anstrebt, so das BAG.
Grundsätzlich kann eine personenbedingte Kündigung wegen fehlender Eignung in Folge begründeter Zweifel an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers bei einer außerdienstlichen politischen Betätigung nur dann eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn sie entweder die allgemeine Aufgabenstellung des (öffentlichen) Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berührt.
Die Entscheidung des BAG, deren Gründe bislang nur in einer Pressemitteilung vorliegen, beruht auf folgendem Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der NPD und war in der Finanzverwaltung des beklagten Landes tätig. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte die Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen. In seiner Freizeit verbreitete er Informationen zu Treffen und Veranstaltungen eines NPD-Kreisverbands und der JN (Jugendorganisation der NPD). Im Jahr 2009 verschickte er einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration. Unter der Überschrift „17. Juni – Ein Volk steht auf und kämpft sich frei – Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!“ heißt es beispielsweise, auch die „BRD“ könnte „Angst davor haben“, das Volk könne sich eines Tages erneut „gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat erheben“. Daneben enthielt der Demonstrationsaufruf nach Auffassung des BAG weitere Äußerungen für einen gewaltsamen Umsturz. Für diese Äußerungen müsse der Kläger auch einstehen, da er sie weiterverbreitete. Das beklagte Land kündigte nach diesem Aufruf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich aus personenbedingten Gründen.
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz hatte der Kläger keinen Erfolg. Beide Instanzen haben die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen und damit begründet, dass die Kündigung aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt sei, weil der Kläger aufgrund seiner verfassungsfeindlichen Aktivitäten nicht geeignet sei, die Funktion eines Verwaltungsangestellten wahrzunehmen. Ihm fehle es an Loyalität gegenüber seinem Vertragspartner. Auch vor dem BAG hatte der Kläger keinen Erfolg. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Diensts müsse ein bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen. Zwar stehe nicht schon die Mitgliedschaft in der NPD einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst entgegen und der Arbeitnehmer unterliegt auch nicht der gesteigerten Loyalitätspflicht eines Beamten. Dennoch muss die Loyalität gegenüber dem beklagten Land soweit gehen, dass durch die außerdienstlichen Aktivitäten die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpft werde. Der Kläger könne sich auch nicht auf seine Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG berufen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es für eine personenbedingte Kündigung nicht allein ausreichend sein wird, dass ein Arbeitnehmer Mitglied und überzeugter Anhänger einer verfassungsfeindlichen Partei ist. Sobald ein Arbeitnehmer des öffentlichen Diensts allerdings durch seine Aktivitäten versucht, die verfassungsmäßige Ordnung zu bekämpfen, dessen Teil auch sein Arbeitgeber ist, kann nicht verlangt werden, dass dieser Arbeitnehmer weiterbeschäftigt wird.
Zu beachten ist, dass der Entscheidung ein Anstellungsverhältnis im öffentlichen Dienst zugrunde lag. Differenziert werden muss aber im Rahmen von Kündigungen in diesem Bereich zwischen Arbeitnehmern der Privatwirtschaft und Arbeitnehmern oder Beamten des öffentlichen Diensts, die aufgrund ihres Vertragspartners eine gesteigerte Loyalitätspflicht haben, sowie zwischen inner- und außerbetrieblichem Verhalten. Außerbetriebliches Verhalten eines Arbeitnehmers in der Privatwirtschaft dürfte grundsätzlich nicht dazu geeignet sein, eine Kündigung zu rechtfertigen, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wird dadurch konkret berührt. Die Rechtsprechung des BAG zum Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst kann also nicht ohne Weiteres auf Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft übertragen werden. Arbeitgeber haben bei rechtsextremen Auffälligkeiten des Arbeitnehmers im Privatbereich außerhalb des öffentlichen Diensts jedoch durchaus Kündigungsmöglichkeiten. Die Kündigung eines Arbeitnehmers kann aus verhaltensbedingten Gründen – in der Regel nach dem vorherigen Erfordernis einer Abmahnung – dann gerechtfertigt sein, wenn eine Straftat oder eine Störung des Betriebsfriedens vorliegt. Hier sind vielfältige Fallkonstellationen denkbar; so kann es auch im Rahmen der immer vorzunehmenden Interessenabwägung eine erhebliche Rolle spielen, ob durch das Verhalten der Ruf des Arbeitgebers oder gar er selbst geschädigt wird. Erleichterte Anforderungen gelten natürlich außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes.
Diese „Rechtsauffassung“ des BAG, die im Ergebnis die Festellung der „Verfassungswidrigkeit“ in das beliebn von Behörden stellt, ist rechtswidrig.
Systemjuristen sollten sich klarmachen, daß Rechtsbeugung eine Straftat ist.