Das Arbeitsgericht Mainz hat am 19.03.2015 (3 Ca 1197/14) der Klage des Profifußball-Torhüters Heinz Müller stattgegeben und festgestellt, dass die Befristung seines mit dem Verein FSV Mainz 05 geschlossenen Arbeitsvertrages unwirksam ist. Hat das erstinstanzliche Urteil auch in der – zu erwartenden – Berufungs- und ggf. sogar Revisionsinstanz vor dem BAG Bestand, müsste der FSV Mainz 05 den Spieler wohl bis zur Rente beschäftigen.
Befristung wegen „Ungewissheit der Leistungserwartung“ bzw. „Branchenüblichkeit“ unwirksam
Torhüter Heinz Müller hatte Klage vor dem ArbG Mainz erhoben, weil er die Befristung seines Arbeitsvertrages bis Ende 2014 für unwirksam hält. Zuvor spielte er bereits auf der Basis eines auf drei Jahre (2009-2012) befristeten Vertrages beim FSV Mainz 05. Der Verein argumentiert bezüglich der Rechtfertigung der Befristung mit der „Ungewissheit der Leistungserwartung“ bzw. „Branchenüblichkeit“. Das ArbG Mainz teilt diese Auffassung nicht.
Das Gericht ist der Ansicht, dass für Profi-Fußballer die gleichen arbeitsrechtlichen Regelungen wie für „normale“ Arbeitnehmer gelten. Das bedeutet: Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kann ein Arbeitsverhältnis für max. zwei Jahre befristet werden, ohne dass hierfür ein Grund vorliegen muss. Nur wenn ein sog. Sachgrund vorliegt, kann die Befristung die Zwei-Jahres-Grenze überschreiten. Das TzBfG nennt hierfür acht Fallgruppen, die jedoch nicht abschließend sind (vgl. „insbesondere„). Im Falle von Profifußballern, die wohl ausnahmslos befristete Arbeitsverträge erhalten, wird zur Rechtfertigung der Befristung häufig mit der „Eigenart der Leistung“ (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG) oder mit „in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen“ (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG) argumentiert.
Befristungsgrund: „Abwechslungsbedürfnis des Publikums“ und zu erwartende körperliche Defizite?
Das LAG Nürnberg sah in einem früheren Fall das „Abwechslungsbedürfnis des Publikums“ und das Alter bzw. die zu erwartenden körperlichen Defizite des (in dem konkreten Fall 30-jährigen) Spielers als Sachgrund für eine Befristung an (Urteil vom 28.03.2006 – 7 Sa 405/05). Des Weiteren hielt es den für den Arbeitnehmer erwachsenden Vorteil der Unkündbarkeit für die Dauer der Befristung, die Branchenüblichkeit von Befristungen und die Höhe der laufenden Vergütungen für eine legitime Begründung der Befristung. Allerdings unterlag der vom LAG Nürnberg zu prüfende Vertrag noch dem (bis zum 31.12.2000 geltenden) Beschäftigungsförderungsgesetz, das keine konkreten Sachgründe nannte und damit dem Arbeitgeber einen größeren Handlungsspielraum bei der Vertragsgestaltung zugestand. Insofern stellt das – die Fußballwelt schockierende – Urteil des ArbG Mainz faktisch keinen Wandel der Rechtsprechung dar. Vielmehr hatte sich das ArbG Mainz – soweit ersichtlich – als erstes Gericht damit auseinanderzusetzen, ob nach dem aktuell geltenden TzBfG die im Profifußball branchenübliche Befristung von Verträgen (weiterhin) möglich ist.
Wie geht es nun weiter?
Bis die Urteilsgründe vorliegen, bleibt abzuwarten, wie das ArbG Mainz seine Entscheidung begründet und inwiefern es sich mit den einzelnen Befristungsgründen auseinander gesetzt hat. Medienberichten zufolge gab die Gerichtssprecherin Ruth Lippa bereits zu erkennen, dass „die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballspieler […] als solche nicht eine Befristung des Vertrages rechtfertige„.
Der Verein hat bereits angekündigt, Berufung gegen das Urteil einzulegen.
Konsequenzen für den Profifußball
Sollte die Entscheidung des ArbG Mainz vom 19.03.2015 Bestand haben, hätte dies weitreichende Konsequenzen für den Profifußball:
Hier ist es Gang und Gäbe, dass Spieler befristete Verträge erhalten. Für die Vereine hat dies den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Befristung automatisch endet, ohne dass ein Kündigungsgrund vorliegen muss. Setzt sich die Auffassung des ArbG Mainz im Ergebnis durch, müssten Spieler wie der Torwart Heinz Müller daher theoretisch bis zum Erreichen des Rentenalters weiterhin beschäftigt und vergütet werden, obwohl sie – zumindest als aktive Spieler – nicht mehr einsetzbar sind. Arbeitgeberseitige Kündigungen wären in diesen Fällen aufgrund der strengen Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes allenfalls in Einzelfällen möglich. So stellt die Rechtsprechung sowohl an „Low Performance“- als auch an krankheitsbedingte Kündigungen sehr hohe Anforderungen; vor Kündigungen aufgrund des Alters sind Arbeitnehmer durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt geschützt. Eine Kündigung durch den Verein erscheint damit nahezu unmöglich.
Die Position der Spieler hingegen wird durch das Urteil erheblich verbessert. Sofern das Urteil in den folgenden Instanzen bestehen bleibt, könnte sich Heinz Müller auf ein gesichertes Einkommen bis zur Rente freuen.
Die Vereine hingegen müssten sich Gedanken machen, wie sie zukünftig die Verträge mit den Spielern gestalten. Folgende Optionen sind denkbar:
- Sachgrundlose Befristungen, die allerdings dazu führen würden, dass die Spieler maximal zwei Jahren bei demselben Verein bleiben könnten oder
- der Abschluss unbefristeter Verträge mit der Folge einer „Vergreisung“ der Bundesliga
Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich in der Praxis nicht viel ändern wird, sondern die Vereine darauf hoffen, dass die Spieler auf dem juristischen Spielfeld die Füße stillhalten oder sich „Ausnahmespieler“ wie Heinz Müller durch einen Aufhebungsvertrag – wohl gegen Zahlung einer saftigen Abfindung – einfangen lassen.