Arbeitszeitkonten zur Vermeidung witterungsbedingter Kündigungen bei Arbeitnehmerüberlassung in das Maler- und Lackiererhandwerk

RAin Kira Falter, CMS Hasche Sigle und RAin Maren Hütwohl, Director HR Advisory, Legal & Contract Management, ManpowerGroup

RAin Kira Falter, CMS Hasche Sigle und Maren Hütwohl, ManpowerGroup

Das ArbG Düsseldorf hat sich kürzlich mit der Frage auseinander gesetzt, ob ein Personaldienstleister, der seine Mitarbeiter bei Unternehmen des Maler- und Lackiererhandwerks einsetzt, berechtigt ist ein Arbeitszeitkonto für diese Mitarbeiter zu führen, um den Ausspruch witterungsbedingter Kündigungen zu vermeiden. Dies hat das Gericht im Ergebnis bejaht und sich damit der Auffassung des BMAS und der Zollverwaltung entgegengestellt.

Der Sachverhalt

Einem als Maler eingesetzten Zeitarbeitnehmer mussten bis zum 16.08.2014 nur die Mindestarbeitsbedingen nach der RVO Maler, § 4 Ziff. 2 TV Mindestlohn gewährt werden, wenn es sich bei dem Kundenbetrieb um einen solchen des Maler- und Lackiererhandwerks handelte. Durch die Ergänzung von § 8 Abs. 3 letzter Halbsatz AEntG müssen die Mindestarbeitsbedingungen nunmehr bereits beachtet werden, wenn der Zeitarbeiter bei dem Kunden überwiegend mit Maler- und Lackiererarbeiten beschäftigt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Kundenbetrieb um einen solchen handelt, der selbst dem Maler- und Lackiererhandwerk zuzuordnen ist.

Unklar ist dabei, ob und – bejahendenfalls – auf welcher Rechtsgrundlage in diesem Zusammenhang für den Zeitarbeitnehmer Arbeitszeitkonten eingerichtet und geführt werden können. Kann sich der Personaldienstleister auf die recht weit geschnittenen und damit auf die aus Arbeitgebersicht günstigen Vorschriften der Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung vom 21.03.2014 (LohnUGAÜV) i.V.m. MTV iGZ/DGB bzw. MTV BAP/DGB berufen oder sind die engen Bestimmungen nach der RVO Maler, § 4 Ziff. 2 des TV Mindestlohn i.V.m. RTV Maler maßgeblich? § 9 Nr. 1 RTV Maler beschränkt die Errichtung eines Arbeitszeitkontos erheblich: danach kann vereinbart werden, dass zur Vermeidung von witterungsbedingten Kündigungen (§ 46 RTV Maler) ein Arbeitszeitkonto geführt wird; sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Errichtung eines Arbeitszeitkontos nicht möglich.

Das BMAS und der Zoll vertreten dabei die Auffassung, dass bei der Überlassung von Zeitarbeitnehmern in das Maler- und Lackiererhandwerk überhaupt kein Arbeitszeitkonto geführt werden dürfe, weil es in der Zeitarbeit keine witterungsbedingten Kündigungen gebe. Wäre dies tatsächlich richtig, hätte das für Personaldienstleister, die Zeitarbeitnehmer als Maler- und Lackierer einsetzen, erhebliche Auswirkungen, da ein flexibler Einsatz – gerade in den auftragsarmen Monaten im Winter – nicht mehr erfolgen könnte. In der Praxis wird diese Zeit bislang über die im Arbeitszeitkonto während der auftragsreichen Monate angesparten Plusstunden überbrückt.

ArbG Düsseldorf: Personaldienstleister sind berechtigt, Arbeitszeitkonten für Zeitarbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk zur Vermeidung witterungsbedingter Kündigungen zu führen

Das ArbG Düsseldorf hat jüngst die vom BMAS und Zoll vertretene Ansicht abgelehnt (Urteil vom 30.11.2015 – 4 Ca 4402/15) und die Klage eines als Maler bei Kunden eingesetzten Zeitarbeitnehmers auf Auszahlung der im Arbeitszeitkonto angesammelten Plusstunden abgewiesen. Der Personaldienstleister sei berechtigt, für Zeitarbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto zu führen, um witterungsbedingte Kündigungen zu vermeiden, wenn und soweit seine Zeitarbeitnehmer in Betrieben des Maler- und Lackiererhandwerks eingesetzt oder überwiegend mit Tätigkeiten beschäftigt würden, die dem Maler- und Lackiererhandwerks zuzuordnen werden könnten. Unter den Begriff der witterungsbedingten Kündigung i.S.v. § 9 RTV Maler seien im Hinblick auf Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen des RTV Maler auch solche betriebsbedingten Kündigungen zu subsumieren, die die Beklagte aussprechen müsste, wenn sie das Instrument des Arbeitszeitkontos nicht nutzen könnte. Die Unanwendbarkeit der Regelungen zum Arbeitszeitkonto aus der LohnUGAÜV aufgrund einer Verdrängung durch die Regelungen der RVO Maler würde zu dem schwer zu vereinbarenden Ergebnis führen, dass ein Arbeitszeitkonto für im Maler und Lackiererbereich eingesetzte Zeitarbeitnehmer von vornherein auch nicht nach den einschränkenden Möglichkeiten der RVO Maler i.V.m. § 4 Nr. 2 TV Mindestlohn und § 9 RTV Maler geführt werden könnte.
Das ArbG Düsseldorf hat eine Sprungrevision zugelassen, die beim BAG unter dem Aktenzeichen 5 AZR 140/15 geführt wird.

Bewertung: Schlechterstellung von Personaldienstleistern nicht gerechtfertigt

Das ArbG Düsseldorf widerspricht mit überzeugenden Gründen der von BMAS und Zoll vertretenen Rechtsauffassung, die letztlich zu einer nicht zu rechtfertigenden Benachteiligung von Zeitarbeitsunternehmen gegenüber Maler- und Lackierbetrieben führt, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür ersichtlich ist. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der §§ 9, 46 RTV Maler ist es geboten, dass Personaldienstleister mit Blick auf die Nutzung von Arbeitszeitkonten im Vergleich zu den unmittelbar an die Bestimmungen der RVO Maler gebundenen Maler- und Lackiererbetrieben mindestens gleichbehandelt werden mit dem Ergebnis, dass Zeitarbeitsunternehmen auch ohne (unmittelbare) Bindung an § 46 RTV im Arbeitszeitkonto angesammelte Plusstunden in auftragsarmen Zeiten anrechnen können, wenn dies der Vermeidung von witterungsbedingten und in diesem Sinne betriebsbedingten Kündigungen dient (dazu: BAG vom 07.03.1996 – 2 AZR 180/95). Eine Schlechterstellung von Personaldienstleistern durch einen gänzlichen Ausschluss der Errichtung von Arbeitszeitkonten ist mit Sinn und Zweck von §§ 9, 46 RTV Maler nicht vereinbar.

Letztlich sprechen darüber hinaus überzeugende Gründe dafür, dass – über die vom ArbG Düsseldorf vorgenommene Auslegung des RTV Maler hinaus – Personaldienstleister berechtigt sind, Arbeitszeitkonten auch bei dem Einsatz von Zeitarbeitnehmern als Maler und/oder Lackierer nach Maßgabe von § 2 Abs. 4 LohnUGAÜV i.V.m. den Vorschriften des Tarifwerks iGZ/DGB oder BAP/DGB und nicht lediglich nach den beschränkenden Bestimmungen der §§ 9, 46 RTV Maler zu führen. Dies folgt daraus, dass nicht – wie es das ArbG Düsseldorf annimmt – das Günstigkeits-, sondern vielmehr das Spezialitätsprinzip anzuwenden ist (mit der Folge der Anwendung der zeitarbeitstypischen Regelungen zum Arbeitszeitkonto nach § 2 Abs. 4 LohnUGAÜV i.V.m. den Tarifwerken iGZ/DGB oder BAP/DGB).

Erfurt entscheidet: Verfahren vor dem BAG anhängig

Das letzte Wort wird in dieser Angelegenheit Erfurt haben – es bleibt spannend, was der 5. Senat im Rahmen der anhängigen Sprungrevision mit Blick auf die Errichtung und Nutzung von Arbeitszeitkoten bei einer Arbeitnehmerüberlassung in das Maler- und Lackiererhandwerk daraus machen wird.

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