Bei einer heimlichen Videoüberwachung der Verkaufsräume war einem Einzelhändler aufgefallen, dass zwei Zigarettenschachteln unter der Bluse einer Angestellten und nicht wie üblich im Kassenregal steckten. Aufgrund der Videobeweise kündigte er der Filialleiterin fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Revision zum obersten Arbeitsgericht war wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles zugelassen worden. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das insbesondere für den Einzelhandel und die Gastronomie Klarheit im Umgang mit Videoüberwachung geschaffen hätte, erging jedoch nicht, weil sich Arbeitgeber und Mitarbeiterin in dem Verfahren (Az. 2 AZR 153/11) auf einen Vergleich geeinigt hatten. Die Erfurter Richter hätten darüber entscheiden sollen, inwieweit das verdeckte Filmen des Verkaufsraums erlaubt war und der Arbeitgeber das Filmmaterial als Beweis verwenden durfte.
Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) hatte die heimlichen Videoaufnahmen noch für zulässig erklärt und entschieden, dass die hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat. Die fristlose Kündigung sei jedoch wegen der 18 Jahre langen beanstandungsfreien Tätigkeit der Mitarbeiterin unverhältnismäßig gewesen (Urteil vom 18. 11. 2010 – 6 Sa 817/10). Nach Meinung des LAG durfte der Arbeitgeber die Videoaufnahmen im arbeitsgerichtlichen Verfahren als Beweismittel verwenden, da er sich in einer „notwehrähnliche Lage“ befunden habe und die Inventurdifferenzen nicht anders aufklären konnte. Der Betriebsrat hatte vorher dem Kameraeinsatz für die Dauer von vier Wochen zugestimmt.
Heimliche Videoaufnahmen greifen zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Mitarbeitern ein. Sie sind nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG jedoch zulässig, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder eine schwere Pflichtverletzung vorliegt und keine milderen Mittel zur Aufklärung zur Verfügung stehen. Anderenfalls unterliegt das gewonnene Filmmaterial meistens einem Beweisverwertungsverbot. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Arbeitgeber durch eine heimliche Videoüberwachung in den Kernbereich der privaten Lebensführung eingreift, in dem er Kameras z.B. in nicht öffentlich zugänglichen Räumen wie der Umkleidekabine installiert. Es ist stets zu bedenken, den Betriebsrat in Videoüberwachungsmaßnahmen einzubinden. Das Mitbestimmungsrecht ergibt sich insoweit aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Wie das BAG entschieden bzw. ob es das Urteil der Vorinstanz gekippt hätte, lässt sich in Anbetracht des Gesetzesentwurfs zum neuen Beschäftigtendatenschutz und der aktuellen Diskussionen um eine Änderung des Entwurfs nur schwer beurteilen. Dabei wäre es sicher relevant gewesen, dass der Arbeitgeber im vorliegenden Fall keinen konkreten Verdacht gegen die Filialleiterin gehegt hatte, sondern mit den Videokameras lediglich hohe Inventurdifferenzen durch mögliche Mitarbeiterdiebstähle hat aufklären wollen.
Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung soll eine heimliche Videoüberwachung generell unzulässig sein. Stattdessen wird die Möglichkeit einer offenen Videoüberwachung ausgeweitet. Für viele gefährdete Branchen, darunter z.B. Einzelhandel und Gastronomie, stellt dieses Verbot einen Rückschritt dar. Ohne eine verdeckte Videoüberwachung wird man Diebstahlsdelikte hier wohl kaum in den Griff bekommen. Ausdrücklich geregelt werden sollte daher vielmehr eine verdeckte Überwachung unter Anwendung der Auflagen, die das BAG macht.