Betriebsübergang und Informationsschreiben – ein Hoffnungsschimmer für den Arbeitgeber

Cornelia Schmid, Rechtsanwältin, Attorney at Law, FAinArbR, Associate Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Bei einem Betriebsübergang sind immer wieder die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers und die damit zusammenhängende Widerspruchsfrist Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ab ordnungsgemäßer Unterrichtung innerhalb einer Monatsfrist widersprechen. Veräußerer und Erwerber müssen deshalb darauf achten, dass die in § 613a Abs. 5 BGB vorgeschriebene Unterrichtung ordnungsgemäß erfolgt. Wie die Verfasserin bereits mit ihrem Beitrag vom 21. 2. 2012 analysierte, ist es für den Veräußerer bzw. Erwerber oft eine unüberwindliche Hürde, ein solches Informationsschreiben korrekt zu gestalten. Gelingt dies nicht, kann der Widerspruch grundsätzlich unbefristet ausgeübt werden.

Im Beitrag vom Februar kommt die Verfasserin zum Ergebnis, dass es oft die letzte Rettung des Arbeitgebers ist, sich auf eine Verwirkung des Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers zu berufen. Mit seiner Entscheidung vom 10. 11. 2011 (Az. 8 AZR 430/10, DB0467367), und den dazu ergangenen Parallelentscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Hürden für den Arbeitgeber zur ordnungsgemäßen Gestaltung eines Informationsschreibens etwas gesenkt.

Das BAG hat die inhaltlich zu benennenden Punkte konkretisiert und geht für einen Prozess von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast aus. In dem vom BAG entschiedenen Fall hat die Arbeitnehmerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine nicht tarifgebundene Erwerberin, die einem Konzern angehört, zunächst nicht widersprochen. Sie wurde mit Schreiben vom 25. 10. 2008 u. a. informiert, dass der Betrieb unter Wahrung seiner Identität fortgeführt wird. Außerdem wurde darüber informiert, dass im Konzern Konzernbetriebsvereinbarungen gelten, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, sofern der übernehmende Betrieb in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung fällt. Im Informationsschreiben wurde weiter ausgeführt, dass die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen nach dem Betriebsübergang kollektivrechtlich für den Arbeitnehmer weiter gelten, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des Konzerns geändert oder ersetzt werden. Soweit das Informationsschreiben über die Haftung informierte, wurde nicht weiter erklärt, was unter „Gesamtschuldner“ zu verstehen ist. Es wurde darüber aufgeklärt, dass im Falle des Widerspruchs eine betriebsbedingte Beendigungskündigung durch den bisherigen Arbeitgeber, vorbehaltlich einer individuellen Prüfung, sowohl für ordentlich kündbare Mitarbeiter als auch für ältere Mitarbeiter mit einem besonderen Kündigungsschutz in Betracht käme. Am 2. 4. 2009 kündigte die Erwerberin an, dass sie den Standort schließen und den Betrieb verlegen wolle. Danach widersprach die Klägerin am 5. 5. 2009 schriftlich dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses wegen nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung, weshalb die Frist von 1 Monat noch nicht abgelaufen sei.

Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück und hielt das Unterrichtungsschreiben für ordnungsgemäß. Es stellte fest, dass es Sache des Arbeitnehmers, der sich auf die fehlerhafte Unterrichtung berufe, sei, einen behaupteten Mangel näher darzulegen, wenn die Unterrichtung den formal gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genüge und nicht offensichtlich fehlerhaft sei. Der Unterrichtende muss dann die ordnungsgemäße Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegen und beweisen. Offensichtlich unzureichend ist die Unterrichtung, „wenn sie über die Person des Betriebserwerbers und/oder in Bezug auf einen in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstand fehlt bzw. unverständlich oder auf den ersten Blick mangelhaft ist“. Dies war hier nicht der Fall.

Für den Inhalt des Informationsschreibens sei es zunächst unschädlich, wenn die einzelnen Arbeitnehmergruppen, seien sie tarifgebunden oder nicht, ein einheitliches Unterrichtungsschreiben erhalten. Der Arbeitgeber müsse gerade nicht eine umfassende Rechtsberatung im Einzelfall vornehmen. Vielmehr obliege es dem Arbeitnehmer, die auf sein Arbeitsverhältnis zutreffenden Informationen im Unterrichtungsschreiben herauszufiltern und entsprechend zu würdigen. Er könne sich dabei beraten lassen.

Da die Konzernbetriebsvereinbarungen bei der Erwerberin nicht die wesentlichen Arbeitsbedingungen der Klägerin beträfen, genüge jedenfalls der allgemeine Hinweis, dass Konzernbetriebsvereinbarungen existieren. Auch hierüber hätte sich die Klägerin weiter informieren können.

Des Weiteren sei die Information, dass die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen kollektivrechtlich weiter gelten, ausreichend. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Betriebsvereinbarungen sei nicht erforderlich.

Zur Haftungsverteilung stellt das BAG fest, dass die erteilte Information der Klägerin ermöglichte, im Bedarfsfall näheren Rechtsrat einzuholen, wer (gegebenenfalls in welchem Umfang) für welche ihrer Ansprüche hafte.

Auch die Ausführungen über die Kündigungsmöglichkeiten waren ordnungsgemäß. Das Schreiben mache deutlich, dass mögliche Kündigungen immer im Einzelfall auf ihre Wirksamkeit geprüft werden müssten. Es werde gerade nicht der Eindruck erweckt, dass eine Kündigung wirksam sei. Vielmehr müsse sich der Arbeitnehmer selbst über eine etwaige Wirksamkeit informieren.

Damit hat das BAG die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Informationsschreiben verdeutlicht und so für mehr Rechtsklarheit gesorgt. Veräußerer und Erwerber können sich nun etwas sicherer fühlen, was die Inhalte des Informationsschreibens angeht und müssen beim Widerspruchsrecht hoffentlich seltener auf die letzte Rettung der Verwirkung zurückgreifen.

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