Wenn ein Arbeitgeber seinen Betrieb sanieren will, kommt er in der Regel an dem Abschluss eines Sozialplans nicht vorbei. Dieser soll die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer ausgleichen oder zumindest mildern. Dabei sind nicht alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln. So kann ein Sozialplan etwa Arbeitnehmer von Abfindungen ausschließen, die durch Vermittlung des Arbeitgebers einen neuen Arbeitsplatz finden. Das LAG Berlin-Brandenburg erschwert eine solche Differenzierung nun jedoch. Nach einem Urteil vom 17.02.2015 (7 Sa 1619/14) dürfen Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Rechtsnachfolger widersprochen haben, in einem Sozialplan nicht vom Kündigungsschutz ausgenommen werden.
Sozialplan und Kündigung
Im entschiedenen Fall nahm der Arbeitgeber, eine Bank, im Rahmen eines Konzernumbaus umfangreiche Personalveränderungen vor. Als Gegenleistung für die Möglichkeit von Versetzungen, Teilzeitarbeit, Vorruhestand und Aufhebungsverträgen sagte er den Arbeitnehmern in einem mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplan einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zu.
Von diesem Kündigungsschutz wurden jedoch bestimmte Arbeitnehmer ausgenommen. Der Arbeitgeber überführte nämlich einen Geschäftsbereich auf eine andere Bank. Es handelte sich dabei um einen Betriebsteilübergang nach § 613a BGB. Die Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprachen und darum beim Arbeitgeber blieben, sollten nicht unter den Kündigungsschutz fallen. Ihnen wurden vielmehr in einem Interessenausgleich „personalwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen“ in Aussicht gestellt. Dementsprechend wurde dann auch einer Arbeitnehmerin, die dem Betriebsübergang widersprach, betriebsbedingt gekündigt. Hiergegen wehrte sie sich.
Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
Das LAG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Der Ausschluss vom Kündigungsschutz im Sozialplan sei rechtsunwirksam. Es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, nur einem Teil der Arbeitnehmer den Kündigungsschutz einzuräumen. Die Differenzierung zwischen Arbeitnehmern mit und ohne Kündigungsschutz diene nicht dem Zweck, Nachteile auszugleichen oder zu mildern. Vielmehr würde gerade den Arbeitnehmern der Kündigungsschutz verwehrt, denen wegen ihres Widerspruchs gegen Betriebsübergang eine betriebsbedingte Kündigung drohe. Die Ausübung des gesetzlichen Widerspruchsrechts könne den Arbeitnehmern nicht zum Nachteil gereichen. Es liege kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer vor.
Kritik an der Entscheidung
Gute Gründe sprechen gegen die Auffassung des LAG. Verwiesen sei insbesondere auf § 112 Abs. 5 Satz 2 BetrVG. Dort ist geregelt, von welchen Grundsätzen sich eine Einigungsstelle leiten lassen soll, wenn sie über einen Sozialplan entscheidet. Nach Ziff. 2 soll die Einigungsstelle Arbeitnehmer von Leistungen eines Sozialplans ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis zum Beispiel in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen.
Vergleichbar hat das BAG entschieden. Nimmt ein Sozialplan Mitarbeiter, die einen angebotenen zumutbaren Arbeitsplatz ablehnen, von seinem Geltungsbereich aus, so soll dies auch dann gelten, wenn Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB widersprechen. Die Weiterarbeit nach einem Betriebsübergang sei dem Arbeitnehmer in der Regel zumutbar (BAG vom 05.02.1997 – 10 AZR 553/96).
Und wie bereits einleitend erwähnt, kann ein Sozialplan nach der Rechtsprechung des BAG Arbeitnehmer von Abfindungen ausschließen, die durch Vermittlung des Arbeitgebers einen neuen Arbeitsplatz finden (BAG vom 08.12.2009 – 1 AZR 801/08).
Warum sollen diese Grundsätze nicht auch für die Herausnahme aus dem besonderen Kündigungsschutz gelten, der in einem Sozialplan gewährt wird?
Handlungsempfehlung
Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen. Bis dahin lautet die klare Empfehlung, in Sozialplänen weiterhin Arbeitnehmer von Leistungen oder gleich ganz von der Anwendung des Sozialplans auszunehmen, die einem Betriebsübergang widersprechen. Nicht nur, weil das BAG die Rechtslage aus guten Gründen anders sehen könnte als das LAG. Sondern vor allem, um Arbeitnehmer weiterhin von einem Widerspruch gegen den Betriebsübergang abzuhalten. Schließlich sind sie über § 613a BGB ausreichend geschützt.