Seit Geltung des Mindestlohns ab 2015 musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) immer wieder Grundsatzentscheidungen zur Auslegung des Gesetzes treffen. Nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns, der derzeit bei 8,84 € brutto pro Stunde liegt, durch den Arbeitgeber.
Bei der Anwendung des Mindestlohnes bestand in den letzten Jahren wegen fehlender Festlegung durch den Gesetzgeber u.a. Streit darüber, welche Leistungen des Arbeitgebers auf den Mindestlohn angerechnet werden können, auf welcher Basis Zuschläge zu zahlen sind, oder darüber, ob Mindestlohn auch für Zeiten zu leisten ist, in denen der Arbeitnehmer nicht arbeitet, aber dennoch Anspruch auf Entgelt halt wie z.B. bei Feiertagen und für Krankheitszeiten nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.
BAG: Entgeltfortzahlung auf Basis des Mindestlohns
Mit seinem jüngsten Urteil vom 20.09.2017 (10 AZR 171/16) stellte das BAG klar, dass auch die Entgeltfortzahlung an Feiertagen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz sich mindestens auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohnes berechnen muss. Dies folge aus dem Entgeltausfallprinzip: an Feiertagen soll der Arbeitnehmer Entgelt in der Höhe erhalten, wie er es ohne Arbeitsausfall erhalten hätte. Das BAG zementiert hier seine Richtung aus einem älteren Urteil vom 13.05.2015 (10 AZR 191/14). Hier hatte das höchste Arbeitsgericht im Zuge des Streites um die Anwendung eines Mindestlohntarifvertrages schon den selben Grundsatz aufgestellt und auch klar gestellt, dass auch Entgelt für Arbeitsunfähigkeitszeiten bis zu 6 Wochen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz und während des zustehenden Urlaubs mindestens auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohnes zu berechnen ist, auch wenn in diesen Zeiten keine tatsächliche Arbeit geleistet wird.
Auch auf Tarifvertrag basierender Nachtarbeitszuschlag und Urlaubsgeld auf Basis des Mindestlohns zu berechnen
Das jüngste Septemberurteil enthielt aber auch noch weitere Punkte. So legte das BAG fest, dass ein Nachtarbeitszuschlag, der nach einem Tarifvertrag auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, auch mindestens auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen ist. Gleiches gelte für das tarifliche Urlaubsentgelt. Soweit die Arbeitgeberseite versucht hatte, ein Teil des tarifliche definierten Urlaubsentgeltes i.H.d. 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, das er als „Urlaubsgeld“ bezeichnete, auf den Mindestlohn anzurechnen, erteilte das BAG dem eine Absage, weil der Tarifvertrag hierauf einen eigenständigen Anspruch gebe und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handele.
Ob es sich bei dem Punkt „Urlaubsgeld“ in der Entscheidung des 10. Senats des BAG nun um einen allgemeinen Grundsatz handelt, dass dieses nie auf Mindestlohn angerechnet werden darf, oder nur in Konstellationen, bei denen es sich um einen tariflichen Anspruch handelt, und ob dies im Falle eines allgemeinen Grundsatzes der 5. Senat des BAG, der mit Urteil vom 25.05.2016 (5 AZR 135/16), von einem weiten Entgeltbegriff des Mindestlohngesetzes ausgeht, genauso sehen würde, werden die Zukunft und weitere Urteile des höchsten Gerichts zeigen.