Schadensersatz wegen zu wenig Arbeit?

Alexander Greth ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht im Düsseldorfer Büro der Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons.

Vor einigen Wochen ging der Fall eines WDR-Redakteurs durch die Presse, der seinen Arbeitgeber wegen „Nichtbeschäftigung“ auf eine Entschädigung von 75.000 € verklagt. Der Berichterstattung war zu entnehmen, dass der Redakteur bei einem Jahresgehalt von 100.000 € brutto nur wenige Stunden im Monat arbeitet. Bei Umrechnung des Gehaltes auf die tatsächliche Arbeitszeit ergibt dies einen beeindruckenden Stundenlohn, den man sonst nur von Profifußballern kennt und der wenig Anlass zur Klage geben sollte. Es mag daher auf den ersten Blick absurd erscheinen, dass der Redakteur aus seiner geringen Beschäftigung einen Schadensersatzanspruch ableitet. » weiterlesen

Das Betriebsrisiko in der Pandemie – keine Vergütung bei Betriebsschließung?

RA Thomas Köllmann, Küttner Rechtsanwälte, Köln

Müssen Betriebe etwa mangels verfügbarer Rohstoffe oder Energieknappheit vorrübergehend schließen, stellt sich die Frage, ob Beschäftigte ihren Anspruch auf Vergütung behalten, wenn die Arbeitsleistung nicht erbracht werden kann. Dies ist nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 615 S. 3 BGB) der Fall, wenn „der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls“ trägt. Im Fall pandemiebedingter Betriebsschließungen ist eine solche Risikotragung des Arbeitgebers nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG nicht ausnahmslos anzunehmen. Der 5. Senat des BAG hat in zwei Entscheidungen vom 13. Oktober 2021 (5 AZR 211/21) und – der hier besprochenen – vom 4. Mai 2022 (5 AZR 366/21) seine bisherige Rechtsprechung zum Betriebsrisiko maßgeblich weiterentwickelt. Mit Folgen für Beschäftigte und Arbeitgeber. » weiterlesen

BAG verneint Anspruch des Betriebsrats auf zeitweise Überlassung von Entgeltlisten zwecks Erstellung von Abschriften ab

RAin Dr. Maren Henseler, Küttner Rechtsanwälte, Köln

Dass § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG kein Recht des Betriebsrats auf (dauerhafte) Überlassung von Bruttoentgeltlisten begründet, hatte das BAG erstmals in seinem Beschluss vom 10.10.2006 (1 ABR 68/05) entschieden. Für das am 6. Juli 2017 in Kraft getretene EntgTranspG – genauer: dessen § 13 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 – erfolgte diese Klarstellung durch Entscheidung vom 29.9.2020 (1 ABR 32/19). In seinem jüngsten Beschluss vom 23.3.2021 (1 ABR 7/20) entschied der Erste Senat nun, dass der Betriebsrat auch nicht die nur vorübergehende Zurverfügungstellung von Bruttoentgeltlisten zum Zwecke der Erstellung von Abschriften verlangen kann, weil dies im Ergebnis nichts anderes sei als die Geltendmachung eines weder nach dem BetrVG noch dem EntgTranspG bestehenden Überlassungsanspruchs. » weiterlesen

BAG setzt Maßstäbe für die Auslegung von Bonusregelungen

RAin Claudia Vey, Küttner Rechtsanwälte, Köln

Bei erfolgsabhängigen Bonusvereinbarungen ist im Wege der Auslegung regelmäßig von einer Ausgestaltung mittels Zielvereinbarungen auszugehen, deren Nichtabschluss einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen kann. Mit seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2020 (8 AZR 149/20) setzt das BAG damit neue Maßstäbe für die Auslegung von Bonusregelungen. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, geht das BAG demnach von der Verpflichtung zum Abschluss einer Zielvereinbarung als Regelfall aus. » weiterlesen

Beförderung im Konzern als Betriebsratsbegünstigung?!

RA Dr. Hans-Hermann Aldenhoff, Partner bei Simmons & Simmons, Düsseldorf/Frankfurt/München

Das Thema Betriebsratsbegünstigung war in den letzten Jahren vermehrt Gegenstand politischer und juristischer Diskussionen. Von besonderer Prominenz waren in diesem Zusammenhang die Begünstigungsvorwürfe in verschiedenen DAX 30-Konzernen, bei denen unter anderem von „Luxusreisen“ und „Großmannssucht“ die Rede war. Auch weitere Fälle, insbesondere zu überzogenen Vergütungen von Betriebsratsmitgliedern, sind der Öffentlichkeit nicht entgangen. Neben diesen „klassischen“ Begünstigungsformen kann eine Betriebsratsbegünstigung allerdings auch in anderem Gewand in Erscheinung treten, beispielsweise anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsmitglied. » weiterlesen

Überstundenvergütung nun doch für Besserverdiener?!

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

Im Zusammenhang mit der – nicht einvernehmlichen – Beendigung von Arbeitsverhältnissen werden nahezu automatisch Überstundenklagen erhoben. Oftmals gewinnt man dabei das Gefühl, dass die Klageerhebung nur dazu dient, den „Vergleichstopf“ größer zu machen; während der bestehenden Arbeitsverhältnisse jedenfalls werden von den Mitarbeitern nur selten Überstundenvergütungen verlangt. Dies gilt im ganz besonderen Maße für die Arbeitnehmer, die nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung als „Besserverdiener“ gelten, also solche, deren Jahresvergütung die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung überschreitet. Nur zur Verdeutlichung: die Beitragsbemessungsgrenze Rente West liegt im Jahr 2021 bei EUR 7.100,00 brutto pro Monat, also EUR 85.200,00 pro Jahr. » weiterlesen

Neue Verteidigungsmöglichkeiten für Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess

RA/FAArbR Dr. Tim Wißmann, LL.M., Partner bei Küttner Rechtsanwälte, Köln (im Bild) und RA Dr. Severin Kunisch

Lange Zeit galt es als ein fast schon unverrückbares Fundament des Kündigungsschutzprozesses, dass der Arbeitgeber bei einem verlorenen Verfahren nicht umhinkommt, die Vergütung über den Kündigungstermin hinaus zu bezahlen, auch wenn der Arbeitnehmer gar nicht gearbeitet hat (sog. Annahmeverzug). Dieser Aspekt ist nicht zuletzt ein nicht unmaßgeblicher Treiber (hoher) Abfindungszahlungen. Der gute (arbeitnehmerfreundliche) Arbeitsmarkt der vergangenen Jahre hat zwar dazu geführt, dass diesem Risiko Grenzen gesetzt sind. Denn die Unbill eines verlorenen Prozesses für den Arbeitgeber ist in wirtschaftlicher Hinsicht erheblich minimiert, wenn der Arbeitnehmer einen neuen Job gefunden hat oder dies zumindest in absehbarer Zeit zu erwarten ist. » weiterlesen

Banken und die Corona-Krise: Wie Boni im Rahmen der IVV angepasst werden können

RA Dr. Hendrik von Mellenthin, LL.M., Arqis, Düsseldorf

Die Unternehmen der Finanzindustrie, die durch das IVV reguliert werden, sind nicht gleichermaßen von der Corona-Krise betroffen. Wer trotz Krise Boni ausschütten kann und will, dem gibt die BaFin den „Modifier“ zur Hand.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wirtschaft und Arbeitswelt sind erheblich. Die Weltbank geht davon aus, dass die Weltwirtschaft um 5,2 Prozent schrumpfen werde, die Europäische Zentralbank rechnet mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im gemeinsamen Währungsraum um 8,7 Prozent. Die Anzahl der Kurzarbeiteranträge ist in astronomische Höhen geschnellt, Betriebe müssen geschlossen werden und zum jetzigen Zeitpunkt dürfte völlig unklar sein, wie viele Arbeitsplätze tatsächlich durch das Instrument der Kurzarbeit gerettet werden könnten. » weiterlesen

Gehaltsverzicht während der Pandemie – wertvolle Unterstützung durch Arbeitnehmer

RA Dr. Hans-Hermann Aldenhoff, Partner bei Simmons & Simmons, Düsseldorf/Frankfurt/München

Die Corona Pandemie hat die ganze Welt in einen Ausnahmezustand versetzt. Die Weltwirtschaftsleistung ist regelrecht zusammengebrochen, die Arbeitslosenquote rasant angestiegen und zahlreiche Unternehmen suchen zusätzlich zu den bereits bestehenden staatlichen Hilfen nach Möglichkeiten, Kosten zu minimieren. Neben der seit Monaten im Vordergrund stehenden Konversation über Kurzarbeit und Betriebsferien macht nun die Möglichkeit eines Gehaltsverzichts Schlagzeilen.

Einen solchen Verzicht haben die Piloten der deutschen Lufthansa zum wiederholten Male angeboten. Der Vereinigung Cockpit zufolge bieten mehr als 5000 aktive Piloten an, auf bis zu 45 % ihres Gehalts zu verzichten, was zu einer Kosteneinsparung von etwa 350 Millionen Euro führen würde. » weiterlesen

„Paketboten-Schutz-Gesetz“ auf den Weg gebracht

RAin/FAinArbR Kira Falter, CMS Hasche Sigle, Köln

Am 18.09.2019 hat das Bundeskabinett über das sog. Paketboten-Schutz-Gesetz beschlossen. Dieses soll für Unternehmen der KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste), die Subunternehmer mit der Zustellung von Paketen beauftragen, verschärfte Haftungsregelungen vorsehen, um zukünftig die mit der Paketzustellung betrauten Arbeitnehmer der Subunternehmer besser zu schützen. » weiterlesen