Betriebsräte dürfen nicht alles wissen

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

Das BAG hat in einer Entscheidung vom 26.09.2017 (Az. 1 ABR 27/16) den Rechten des Betriebsrats auf Einsichtnahme in Gehaltslisten Grenzen gezogen.

Informationsrecht

Jeder Betriebsrat (genauer: der Betriebsausschuss) hat nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG das Recht, monatlich in die Bruttogehaltslisten der Mitarbeiter einzusehen. Dieses Einsichtsrecht soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, für innerbetriebliche Gehaltsgerechtigkeit zu sorgen.

Nicht selten entbrennt Streit um dieses Einsichtsrecht:

  • Mitarbeiter wollen nicht, dass der Betriebsrat ihre Vergütung kennt und berufen sich – vergeblich – auf Datenschutz.
  • Betriebsratsgremien wollen die Daten nicht nur einsehen, sondern verlangen deren Übersendung / Vorlage – zu Unrecht – in Dateiform.
  • Arbeitgeber wollen die Einsicht so schwierig wie möglich machen, um– leider nicht immer unberechtigt – zu vermeiden, dass Betriebsratsmitglieder mit den frisch erworbenen Informationen „hausieren gehen“ – im Betrieb oder bei der Gewerkschaft.

Gehaltsgerechtigkeit

Ein Betriebsrat hatte nun vom Arbeitgeber aber Einblick in die Gehaltslisten der Mitarbeiter aller Betriebe des Unternehmens eingefordert – also auch von Mitarbeitern, die gar nicht seinem Regelungsregime unterfielen. Er begründete dies damit, dass seine Aufgabe sei, die Einhaltung von Gesetzen zu überwachen. Dazu gehöre auch der – unternehmensweit, also betriebsübergreifend geltende – arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Er wolle überprüfen, ob „seine“ Mitarbeiter gegenüber den Mitarbeitern anderer Betriebe schlechter gestellt würden.

Was sagten die Gerichte?

Arbeitsgericht Elmshorn und LAG Schleswig-Holstein gaben dem Betriebsrat recht. Erst das BAG setzte dem Verlangen des Betriebsrats eine Grenze. Das BAG arbeitete dabei – schulmäßig – heraus, dass der Betriebsrat Informationsrechte immer nur insoweit geltend machen kann, als seine gesetzlichen Aufgaben und Mitbestimmungsrechte tragen. Dem Betriebsrat sei aber nur die Wahrung und Herstellung der innerbetrieblichen Gehaltsgerechtigkeit als Aufgabe zugewiesen, nicht aber die überbetriebliche. Die überbetriebliche Gehaltsgerechtigkeit fällt in die Regelungskompetenz eines etwaigen Gesamtbetriebsrats – nicht aber in die Kompetenz des lokalen Betriebsrats.

Auch die Überwachung der Einhaltung des Gesetzes (Gleichbehandlungsgrundsatz) rechtfertigt, so das BAG zu Recht, nicht die Einsicht in alle Unternehmensgehälter. Hier formuliert das BAG sogar recht spitz, dass das „bloße Ermitteln einer Rechtsgrundlage für mögliche Entgeltklagen einzelner Arbeitnehmers „ins Blaue hinein“ […] nicht Teil der Überwachungsbefugnisse nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG“ sei. Dem ist in der Sache nichts hinzuzufügen.

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