Der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verschenkt keine Zeit: Einen Monat und drei Tage nach seiner Ernennung hat er einen Referentenentwurf zum Recht auf befristete Teilzeit sowie zur Reform der Arbeit auf Abruf vorgelegt. Die Regelungen sollen schon ab Januar 2019 gelten. Dabei hält sich der Entwurf an die im Koalitionsvertrag vereinbarten Grundsätze und weicht auch im Übrigen vom gescheiterten Entwurf seiner Vorgängerin Andrea Nahles nicht wesentlich ab.
Vorgaben des Koalitionsvertrags gewahrt
Die Koalitionsparteien haben die Einführung eines Rechts auf befristete Teilzeit vereinbart (vgl. Blog-Beitrag des Autors hier). Dies sollte erst ab einer Unternehmensgröße von 45 Mitarbeitern gelten und Zumutbarkeitsregeln enthalten. Die befristete Teilzeit sollte nur für Zeiträume zwischen einem und fünf Jahren möglich sein.
Die Möglichkeiten für Arbeit auf Abruf sollte ferner stärker reguliert werden. Der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit sollte die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchstens 20 Prozent unterschreiten und um höchstens 25 Prozent überschreiten dürfen. Ferner sollte eine Arbeitszeit von 20 anstatt wie bisher von 10 Stunden als vereinbart gelten, sofern eine Vereinbarung dazu fehlte.
Voraussetzungen der „Brückenteilzeit“
Das vom Referentenentwurf „Brückenteilzeit“ getaufte Recht auf von vorneherein befristete Teilzeit hält sich an die koalitionsvertraglichen Vorgaben. Herzstück soll der neue § 9a TzBfG-RefE werden, der für Arbeitnehmer gelten soll, die bei Arbeitgebern mit mehr als 45 Arbeitnehmern tätig sind.
Danach soll der Arbeitnehmer eine befristete Teilzeit zwischen einem und fünf Jahren Dauer beantragen können, die der Arbeitgeber nur bei Vorliegen betrieblicher Gründen ablehnen kann. Für Arbeitgeber mit 45 bis 200 Mitarbeitern wird es einen Ablehnungsgrund in Form einer Überforderungsschutzes geben, sofern schon eine über dem Grenzwert liegende Zahl von Mitarbeitern, zwischen vier und 14, befristete Teilzeit beansprucht.
Für die Voraussetzungen an den beantragenden Arbeitnehmer orientiert sich der Vorschlag an § 8 TzBfG: Der Arbeitnehmer muss mindestens seit sechs Monaten für den Arbeitgeber tätig gewesen sein. An die im Antrag gemachten Angaben muss sich der Arbeitnehmer halten; eine weitere Veränderung der Dauer oder Ausgestaltung der Arbeitszeit ist während der Brückenteilzeit nicht möglich.
Karenzzeit
Nach der einmaligen Inanspruchnahme der Brückenteilzeit gilt für den Arbeitnehmer eine Sperrfrist von einem Jahr für einen erneuten Antrag auf Brückenteilzeit sowie unbefristete Teilzeit. Dasselbe gilt für den Fall der Ablehnung aufgrund der Zumutbarkeitsregel. Bei einer Ablehnung aus betrieblichen Gründen gilt wie bei der unbefristeten Teilzeit eine Sperrfrist von zwei Jahren.
Erleichterte Rückkehr zur Vollzeit bei unbefristeter Teilzeit
Auch für die unbefristete Teilzeit nach § 8 TzBfG sieht der Referentenentwurf Änderungen vor: Die Möglichkeit von befristet tätigen Arbeitnehmern auf Rückkehr in Vollzeit soll gestärkt werden durch eine Umkehr der Beweislast. Bereits heute sind sie bei der Besetzung freier Arbeitsplätze bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 9 TZBfG).
Bisher muss der Arbeitgeber, der eine Rückkehr in Vollzeit ablehnen möchte, die dagegensprechenden betrieblichen Gründe darlegen und beweisen. Demgegenüber müssen Teilzeitbeschäftigte nachweisen, dass ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der mit der gewünschten Verlängerung der Arbeitszeit übereinstimmt und dass sie für diesen geeignet sind. Nach dem Referentenentwurf soll das geändert werden: Die Arbeitgeber sollen ihrerseits nachweisen, dass es einen solchen Arbeitsplatz nicht gibt. In der Praxis wird das den Arbeitgebern im Streitfall kaum gelingen.
Arbeit auf Abruf
Der Referentenentwurf beschränkt die Möglichkeiten im Hinblick auf die abrufbare Zusatzarbeit. Der Anteil der einseitig vom Arbeitgeber abrufbaren Arbeit darf künftig nicht mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Eine vereinbarte wöchentliche Höchstarbeitszeit darf ferner nicht um mehr als 20 % unterschritten werden. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt künftig eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart, nicht 10 Stunden wie bislang. Im Krankheitsfall und an Feiertagen soll der Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate verpflichtende Grundlage werden.
Fazit
Die geplanten Änderungen sind sowohl von Arbeitgeberseite als auch von den Gewerkschaften kritisiert worden. BDA-Präsident Ingo Kramer sprach von einem zu befürchtenden, erheblichen „dauerhaften Missverständnis“ zwischen Ministerium und Arbeitgebern, sofern nicht auf die beabsichtigte Beweislastumkehr verzichtet werde. Die Frage des Arbeitszeitvolumens müsse von den Arbeitgebern entschieden werden, nicht von Arbeitsgerichten. Der DGB kritisierte freilich die Beschränkung auf Unternehmen ab 45 Mitarbeitern. Ein Großteil der Beschäftigten bleibe so außen vor.
Auch wenn der neue Referentenentwurf, im Gegensatz zu dem der Vorgängerregierung, der einen Anspruch auf befristete Teilzeit schon ab 15 Arbeitnehmern gewähren wollte, kleine und mittlere Unternehmen von den Belastungen ausnimmt, stellt er Arbeitgeber doch vor einige Probleme. Neben den angekündigten weitreichenden Änderungen im Befristungsrecht (vgl. Blog-Beitrag des Autors hier) erschweren befristete Teilzeit und ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit nach Teilzeit Arbeitgebern die Planung der Bewältigung des Arbeitsvolumens (vgl. auch den Blog-Beitrag von Löw hier).
Die geplante Beweislastumkehr bei Verlängerungswünschen stellt das Unternehmen vor die praktisch kaum lösbare Aufgabe, darzulegen, dass nicht mehr Arbeit da ist, um einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in Vollzeit zu beschäftigen. Es ist völlig unklar, wie dem Unternehmen ein solcher Nachweis vor einem deutschen Arbeitsgericht gelingen könnte.