Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ( Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) hat der Rat der Europäischen Union am 28. November gebilligt. Danach werden Unternehmen in Zukunft verpflichtet sein, detaillierte Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten zu veröffentlichen. Das wird die Rechenschaftspflicht der Unternehmen erhöhen, divergierende Nachhaltigkeitsstandards verhindern und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft erleichtern. Zeitgleich hat die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) ihre Entwürfe für Berichtsstandards vorgelegt. Damit werden auch im Bereich der sozialen Berichterstattung konkretere und präzisere Anforderungen gestellt werden.
Der europäische Green Deal von 2019 zielt darauf ab, die Union bis 2050 zu einer modernen, resosourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft ohne Netto-Treibhausgasemissionen zu machen. In diesem Zusammenhang sollte auch die nichtfinanzielle Berichterstattung der Unternehmen über ihre Nachhaltigkeit im Sinne der ESG-Kriterien verbessert werden. Ziel dieser Berichterstattung ist zunächst einmal, den Finanzmärkten Zugang zu verlässlichen, relevanten und vergleichbaren Informationen zu ökologischen, sozialen und Governance-Aspekten zu verschaffen, wenn privates Kapital in die Finanzierung des ökologischen und sozialen Wandels fließen soll. Die Offenlegung von Informationen zur Nachhaltigkeit könnte zusätzliche Investitionen und Finanzmittel mobilisieren, um den im Green Deal beschriebenen Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu erleichtern. Die EU-Kommission will CO2-Neutralität erreichen, ist überzeugt, dass dafür privates Kapital erforderlich ist und will dieses durch eine transparente Berichterstattung aktivieren. Zugleich geht die Kommission davon aus, dass mehr Unternehmen durch ihre Rechenschaftspflicht über die Auswirkungen ihres Tuns auf die Gesellschaft zu einem Wirtschaftsmodell hingeführt werden, das den Menschen und der Umwelt zugutekommt.
Das Ergebnis ist die jetzt vorliegende Richtlinie. Im Rahmen der sozialen Berichterstattung stellt die Richtlinie unter anderem folgende Anforderungen an die noch zu verabschiedenden Standards:
Es sollte festgelegt werden, welche Informationen Unternehmen zu sozialen Faktoren, einschließlich Arbeitsbedingungen, Beteiligung der Sozialpartner, Tarifverhandlungen, Gleichstellung, Nichtdiskriminierung, Vielfalt und Inklusion sowie Menschenrechten, offenlegen sollen. Es sollte präzisiert werden, welche Informationen im Hinblick auf für sie relevante Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte offengelegt werden sollen, einschließlich Angaben zur Chancengleichheit für alle und zu den Arbeitsbedingungen. Präzisiert werden sollen auch die notwendigen Angaben zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle und zur Barrierefreiheit im Unternehmen.
Auch die notwendigen Angaben über die Existenz von Betriebsräten sowie über das Bestehen von Tarifverträgen und den Anteil der Arbeitnehmer, für die solche Vereinbarungen gelten, sollen ebenso definiert werden wie die notwendigen Informationen über die Beteiligung von Arbeitnehmern an Verwaltungs- und Aufsichtsorganen wie auch die Informationspflichten über die Geschlechtervielfalt auf der obersten Führungsebene und die Zahl der Mitglieder des unterrepräsentierten Geschlechts in ihren Leitungsorganen.
Hervorzuheben ist die Verpflichtung der Unternehmensleitung, die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene zu unterrichten und mit ihnen die einschlägigen Informationen und die Mittel zur Einholung und Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen zu erörtern.
Die in der CSRD definierten Standards werden von der EFRAG erarbeitet. Die EFRAG ist eine nach belgischen Recht gegründete Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die dem öffentlichen Interesse dient, indem sie die Kommission bei der Übernahme internationaler Rechnungslegungsstandards berät. Die EFRAG hat im Auftrag der Kommission zwölf Entwürfe für European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vorgelegt, von denen vier die soziale Berichterstattung betreffen. Sie konkretisieren die in der CSRD vorgegebenen Berichtspflichten und legen fest, welche Offenlegungspflichten die Unternehmen treffen.
Die Europäische Kommission wird sodann die endgültige Fassung der Standards als delegierten Rechtsakt nach Konsultationen mit den EU-Mitgliedstaaten und einer Reihe europäischer Einrichtungen annehmen.
Die Anwendung dieser Regelungen auf die Unternehmen erfolgt in vier Phasen:
Unternehmen, die bereits jetzt unter die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen fallen, werden im Jahr 2025 über das Geschäftsjahr 2024 Bericht erstatten, andere große Unternehmen im Jahr 2026 über 2025. Börsennotierte KMUs werden im Jahr 2027 über 2026 berichten und Unternehmen aus Drittländern mit einem Nettoumsatz von über 15 Mio EUR in der EU, wenn sie mindestens ein Tochterunternehmen oder eine Zweigniederlassung in der EU haben, werden 2029 über 2028 erstmals berichten. Voraussetzung ist eine rechtzeitige Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, wofür die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit haben.
Im Rahmen der sozialen Berichterstattung verlangen die künftigen Standards vielfältige Angaben, die aber zu einem Großteil statistischer Natur sind und leicht zu erheben und darzustellen sein dürften. Angaben über Ansätze und Maßnahmen zu negativen und positiven Auswirkungen, wesentlichen Risiken und wesentlichen Chancen im Zusammenhang mit eigenen Mitarbeitern verlangen eine tiefergehende Beschäftigung, erinnern ein wenig an Gefährdungsbeurteilung und Folgenabschätzung und verlangen sicherlich etwas mehr Aufwand. Gerade hier wird sicherlich auch die vorgeschriebene Erörterung mit den Arbeitnehmervertretungen eine Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber diese Erörterungspflicht ausgestalten wird.
Insgesamt sollte auf die erstmalige Erstellung des Berichts einige Sorgfalt verwandt werden. Der Aufwand für die jährliche Aktualisierung wird sich in der Regel in Grenzen halten. Damit ist noch nichts darüber gesagt, welchen Ehrgeiz die Unternehmen entwickeln, bestimmte Kennzahlen positiv zu gestalten. Die CSRD verlangt von den Unternehmen lediglich ein korrektes Reporting, keine kontinuierlichen Verbesserungen. Wenn die Logik der EU-Kommission stimmt, dann ergibt sich der Antrieb für die Verbesserungen schon aus den Anforderungen des Kapitalmarkts. Die Grundthese der Kommission liegt darin, dass künftig Investitionen zunehmend in nachhaltige Geschäftsmodelle fließen werden. Die aktuellen Trends deuten darauf hin, dass diese These zutrifft.