Es löst bei den betroffenen Unternehmen immer wieder Überraschung aus, dass die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (GU) im Ausland durch zwei deutsche – oder in Deutschland tätige – Unternehmen der Fusionskontrolle unterliegt. Mit einem neuen Merkblatt will das Bundeskartellamt (BKartA) nun für Rechtssicherheit sorgen.
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Missbräuchliche Rabatte bei Marktbeherrschung – Der Fall „Intel“
Das EuG hat das von der EU-Kommission verhängte Rekord-Bußgeld i.H.v. 1,06 Mrd. € gegen den Prozessor-Hersteller Intel bestätigt (s. EU-Kommission, Entscheidung vom 13.05.2009 – COMP/37.990, Intel, und EuG-Urteil vom 12.06.2014 – T-286/09, Intel, im Folgenden: Intel-Urteil). Für marktbeherrschende Unternehmen wird die kartellrechtskonforme Gestaltung von Rabatten damit (weiter) erschwert. Die Praxis lässt das Urteil mit der Frage zurück, warum für ähnliche Rabatte unterschiedliche rechtliche Maßstäbe gelten.
Verbot des Weiterverkaufs über Internetplattformen kartellrechtswidrig?
Das Verbot des Weiterverkaufs von Markenartikeln über Internetplattformen wie Ebay oder Amazon Marketplace in Händlerverträgen hat die obergerichtliche Rechtsprechung in der Vergangenheit mehrfach beschäftigt – allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. Kammergericht Berlin vom 19.09.2013 – 2 U 8/09 Kart; Oberlandesgericht (OLG) München vom 02.07.2009 – U (K) 4842/08; OLG Karlsruhe vom 25.11.2009 – 6 U 47/08). Zuletzt haben sich das OLG Schleswig (vom 05.06.2014 – 16 U Kart 154/13) und das LG Frankfurt am Main (vom 18.06.2014 – 2-03 O 158/13) geäußert.
Kartellrechtlicher Schadensersatzprozess – OLG Hamm zur Einsicht in Kronzeugenanträge
Das OLG Hamm hat es mit Beschluss vom 26. 11. 2013 – 1 VAs 116/13 u. a. einem Zivilgericht gestattet, für Zwecke eines kartellrechtlichen Schadensersatzprozesses Einsicht in Kronzeugenanträge zu nehmen. Es setzt damit einen Kontrapunkt zur kürzlichen kronzeugen-freundlichen Entscheidungspraxis des AG Bonn (Beschluss vom 18. 1. 2012 – 51 Gs 53/09, Pfleiderer) und des OLG Düsseldorf (22. 8. 2012 – V-4 Kart 5+6/11 OWi, Kaffeeröster).
Neue Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamtes: Verlierer – und vielleicht auch Gewinner?
Das Bundeskartellamt (BKartA) hat am 25. 6. 2013 neue Leitlinien für die Bußgeldzumessung bei Kartellrechtsverstößen erlassen, weil der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung Grauzementkartell die bisherigen Leitlinien des BKartA praktisch für unanwendbar erklärt hatte (Beschluss vom 26. 2. 2013 – KRB 20/12, DB0588199).
Nach den bisherigen Leitlinien von 2006 baute das BKartA die Bußgeldberechnung auf dem tatbezogenen Umsatz auf, d. h. dem Umsatz mit den kartellierten Produkten; dies entspricht im Wesentlichen dem Ansatz der Europäischen Kommission (nach deren Leitlinien von 2006):
Verzinsung kartellrechtlicher Geldbußen verfassungsgemäß
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Verzinsung von kartellrechtlichen Geldbußen mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Beschluss vom 19. 12. 2012 – 1 BvL 18/11; dazu unter 1.). Praktische Folge dieser Entscheidung ist, dass die betroffenen Unternehmen nun noch mehr als bisher den Faktor Zeit – die Verfahrensdauer – in ihre Überlegungen einstellen müssen, ob sie gegen eine Bußgeldentscheidung des Bundeskartellamts (BKartA) ein Rechtsmittel einlegen (dazu unter 2.). Gegenwärtig belaufen sich die in Rede stehenden Zinsen der bereits laufenden Verfahren auf etwa 50 Mio. €.
1. Am 17. 3. 2005 setzte das BKartA gegen ein betroffenes Unternehmen wegen Kartellverstößen eine Geldbuße von 6,4 Mio. € fest. Das Unternehmen legte Einspruch ein. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens stellte das OLG Düsseldorf das Verfahren hinsichtlich einer Tat ein, auf die ein Teilbetrag der Geldbuße von 0,4 Mio. € entfiel. Im Juli 2009 nahm das Unternehmen wegen der Gefahr einer Erhöhung der verbleibenden Geldbuße durch das OLG Düsseldorf („Verböserung“ oder reformatio in peius) den Einspruch zurück und zahlte die vom Bundeskartellamt festgesetzte Geldbuße für die übrigen Taten.
Gerichtliche Überprüfung von Durchsuchungen durch die Europäische Kommission
Das Gericht der Europäischen Union („EuG“) hat in einem Urteil vom 19. 11. 2012 (Rs. T-135/09 – Nexans / Kommission) erörtert, in welchem Umfang Unternehmen Durchsuchungen durch die Europäische Kommission gerichtlich überprüfen lassen können. Es hat dabei der Kommission gewisse Grenzen gezogen. Aber weiterhin tragen die Unternehmen das erhebliche Risiko einer (selbst unverschuldeten) falschen Einschätzung der Ermittlungsbefugnisse der Kommission. Der Entscheidung lag eine Durchsuchung („Nachprüfung“) mehrerer Unternehmen wegen Preisabsprachen im Bereich Stromkabel im Jahr 2009 zugrunde. Die Entscheidung, mit welcher die Kommission die Nachprüfung anordnete, nannte als Gegenstand der Untersuchung „elektrische Kabel […], u. a. einschließlich unterseeischer und unterirdischer Hochspannungskabel“. Nexans verlangte vor Gericht die Aufhebung der Nachprüfungsentscheidung, denn der Untersuchungsgegenstand sei zu unbestimmt und zu weit gefasst. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Kartellrecht hätten nur für die ausdrücklichen genannten Kabelarten vorgelegen. Letzteres ergebe sich aus den im Einzelnen durchsuchten Büros und aus einer Pressemitteilung der Kommission.
Kartellverfahren: Neue Wege bei der Bußgeldreduzierung?
Die immer höheren Bußgelder, welche die Europäische Kommission für Verstöße gegen das Kartellrecht verhängt, sind von vielen Stimmen und mit gewichtigen Argumenten beklagt worden (siehe u. a. Feld/Möschel/Wieland/Wigger [„Kronberger Kreis“], Reform der Geldbußen im Kartellrecht überfällig, 2012). Zwar hat die Europäische Kommission nie eingeräumt, dass die Bußgelder überhöht seien, hat aber gleichzeitig Instrumente entwickelt um zu verhindern, dass Bußgelder eine volkswirtschaftlich unerwünscht hohe Zahl von Insolvenzen auslösen. Hierzu gehören (a) die Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Unternehmens, (b) „besondere Umstände des Einzelfalls“ und (c) nun auch Modifikationen der Bußgeldberechnung für „Einproduktunternehmen“.
Krankenkassen und Fusionskontrolle – Entscheidung zugunsten des Wettbewerbs
Die Bundesregierung hat das laufende Gesetzgebungsverfahren betreffend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die sog. „8. GWB-Novelle“, zum Anlass genommen, dem Streit über die Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften auf die gesetzlichen Krankenversicherungen ein Ende zu setzen. Neue Streitpunkte zeichnen sich jedoch bereits ab und der Streit um die genauen Grenzen des Kartellrechts wird die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens auch weiter „bereichern“.
Der Gesetzesentwurf von März 2012 sieht vor, dass die Regelungen des GWB über die Zusammenschlusskontrolle bei der freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen entsprechend anwendbar sind (§ 172a SGB V n. F.). Zudem wird die Anwendbarkeit kartellrechtlicher Vorschriften über das Verhältnis der Krankenkassen zu den Leistungserbringern (bisher § 69 SGB V) auf das Verhältnis der Krankenkassen untereinander und das Verhältnis zu den Versicherten ausgedehnt (§ 4 Abs. 3 SGB V n. F.).
Verstoß gegen Kartellverbot durch Preisabsprachen und Informationsaustausch
Das Bundeskartellamt (BKartA) hat im November 2011 Bußgelder von ca. 24 Mio. € gegen die Reckitt Benckiser Deutschland GmbH, Hersteller des Maschinengeschirrspülmittels „Calgonit“, wegen Verstößen gegen das Kartellrecht verhängt. Bereits im Februar 2008 hatte das BKartA Bußgelder in Höhe von ca. 37 Mio. € gegen Hersteller von Drogerieartikeln verhängt.
Gegenstand beider Verfahren waren nach den Pressemitteilungen des Bundeskartellamts vom 20. 2. 2008 und 23. 11. 2011 „Preisabsprachen“ und „Informationsaustausch“. Es überrascht niemanden, dass Vereinbarungen, für konkurrierende Produkte zu einem bestimmten Zeitpunkt die Preise um eine bestimmte Spanne anzuheben, verboten sind. Aber das Kartellverbot erfasst darüber hinaus bestimmte Vereinbarungen über andere Wettbewerbsparameter, also Produkteigenschaften, mit denen ein Hersteller sich vom Wettbewerb abzuheben und Nachfrage auf sich zu ziehen sucht (z. B. die Packungsgröße). Das wird nicht nur dann geahndet, wenn die vereinbarte Reduzierung der Packungsgröße von einer Vereinbarung über konstante Preise flankiert wird (und aus Sicht der Verbraucher damit eine Preiserhöhung darstellt), sondern auch wenn allein die Packungsgröße gemeinsam festgelegt wird.