EuGH billigt Anwendung des Privatinvestortests bei hoheitlichen Maßnahmen

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery Belgium LLP, Brüssel

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) billigte am 5. 6. 2012 in der Rs. C-124/10 P EDF/Kommission die Anwendung des beihilferechtlichen Privatinvestortests auf gesetzgeberische und steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaates. Er bestätigte damit die Aufhebung einer Kommissionsentscheidung durch das Gericht. Die EU-Kommission durfte die Anwendung des Privatinvestortests nicht alleine deswegen ablehnen, weil der Mitgliedstaat Frankreich dem Unternehmen EDF wirtschaftliche Vorteile aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen gewährt hatte. Das Urteil weitet den Anwendungsbereich für den Privatinvestortest aus und wird erhebliche praktische Bedeutung für die Einstufung staatlicher Maßnahmen als Beihilfen haben. Dies wird auch Konsequenzen für die Möglichkeit von Wettbewerbern haben, sich gegen solche Maßnahmen vor nationalen Gerichten zu wehren.

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Diskriminierungsschutz für Geschäftsführer – Konsequenzen für Altersgrenzen?

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy, Frankfurt/M.

Auf den Geschäftsführer einer GmbH, dessen Bestellung und Anstellung infolge einer Befristung abläuft und der sich erneut um das Amt des Geschäftsführers bewirbt, sind die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) anwendbar. Dies hat der BGH in einem viel beachteten Urteil vom 23. 4. 2012 entschieden.

Zur Entscheidung stand folgender Fall: Der Kläger war medizinischer Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH, die mehrere kommunale Krankenhäuser betrieb. Alleingesellschafterin ist die Stadt L. Der Dienstvertrag des Klägers war auf fünf Jahre befristet. Der Aufsichtsrat der Beklagten lehnte eine Verlängerung des Dienstvertrags mit der Begründung ab, der Kläger sei mit 62 Jahren zu alt. Die „Umbruchsituation im Gesundheitsmarkt“ und die „Herausforderungen im Gesundheitswesen“ verlangten eine Kontinuität in der Geschäftsführung über das 65. Lebensjahr des Klägers hinaus. Der BGH sah darin eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters und sprach dem Kläger Schadenersatz zu.

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Zeitpunkt einer Ad hoc-Meldung: EuGH entscheidet zum Schrempp-Rücktritt

RA Dr. Klaus-Dieter Stephan, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt/M.

Mit Urteil vom 28. 6. 2012 – Rs. C-19/11, DB 2012 S. 1496 hat der EuGH zum richtigen Zeitpunkt der Pflichtveröffentlichung nach § 15 WpHG („Ad hoc-Veröffentlichung“) entschieden. Das Urteil betrifft den Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG, Jürgen Schrempp. Dabei geht es zum einen um Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Ad hoc-Veröffentlichung nach § 37b WpHG und zum anderen um bußgeldrechtliche Aspekte derselben Ausgangsfrage. Beide Stränge verdeutlichen die große Bedeutung der Ad hoc-Meldepflichten.

Der Sachverhalt ist bekannt und vielfach publiziert: Am 28. 7. 2005 beschloss der Aufsichtsrat im Einvernehmen mit Herrn Schrempp, dass er zum Jahresende aus dem Amt ausscheiden solle. Die Ad hoc-Veröffentlichung erfolgte unmittelbar danach. Bereits seit dem 17. 5. hatte es vorbereitende Gespräche und Informationen unter Beteiligung von Herrn Schrempp, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben. Am 27. 7. hatte der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats sich mit der Sache befasst.

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Geschäftsführerpflichten in der Unternehmenskrise

RA Rainer Schaaf, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 27. 3. 2012 – II ZR 171/10, DB 2012 S. 1320 den Sorgfaltsmaßstab konkretisiert, an dem ein Geschäftsführer im Fall der Krise sein Verhalten auszurichten hat. Er entschied, dass ein Geschäftsführer einer GmbH, der nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, um selbst zu prüfen, ob er Insolvenzantrag für die Gesellschaft stellen muss, sich unverzüglich von einer unabhängigen, fachlich qualifizierten Person beraten lassen muss. Dieser Person gegenüber muss er die Verhältnisse der Gesellschaft umfassend darstellen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen. Er muss nicht nur unverzüglich den Beratungsauftrag erteilen, sondern auch auf eine unverzügliche Vorlage des Prüfungsergebnisses hinwirken.

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Krankenkassen und Fusionskontrolle – Entscheidung zugunsten des Wettbewerbs

RA Dr. Carsten Grave, Partner, Linklaters LLP, Düsseldorf

Die Bundesregierung hat das laufende Gesetzgebungsverfahren betreffend das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die sog. „8. GWB-Novelle“, zum Anlass genommen, dem Streit über die Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften auf die gesetzlichen Krankenversicherungen ein Ende zu setzen. Neue Streitpunkte zeichnen sich jedoch bereits ab und der Streit um die genauen Grenzen des Kartellrechts wird die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens auch weiter „bereichern“.

Der Gesetzesentwurf von März 2012 sieht vor, dass die Regelungen des GWB über die Zusammenschlusskontrolle bei der freiwilligen Vereinigung von Krankenkassen entsprechend anwendbar sind (§ 172a SGB V n. F.). Zudem wird die Anwendbarkeit kartellrechtlicher Vorschriften über das Verhältnis der Krankenkassen zu den Leistungserbringern (bisher § 69 SGB V) auf das Verhältnis der Krankenkassen untereinander und das Verhältnis zu den Versicherten ausgedehnt (§ 4 Abs. 3 SGB V n. F.).

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BGH verschärft Anfechtungsrisiken im Zahlungsverkehr

RA Dr. Dr. Thomas Hoffmann, Partner, Noerr LLP, Frankfurt/M.

Zu den besonderen Rechtsfolgen von Unternehmensinsolvenzen gehört es, dass der Insolvenzverwalter auch berechtigte Zahlungen an Gläubiger, die noch vor der Insolvenz erfolgt sind, anfechten und vom Zahlungsempfänger zurückverlangen kann. Das geht zwar nicht ohne Weiteres und erfordert neben der Insolvenz des Schuldners weitere Umstände, jedoch hat die Rechtsprechung diese Hürden immer weiter abgesenkt.  Besonders weitgehend ist dabei die Rechtsprechung zur sog. Vorsatzanfechtung, die statt der bekannten 3 Monate vor Insolvenzantragstellung 10 Jahre zurückreicht. Der Vergleich zur 3-jährigen Regelverjährung zeigt, welche außergewöhnlichen Risiken dahinterstecken. Wer bildet  schon Rückstellungen für Zahlungen, die er vor Jahren vereinnahmt hat?

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Stimmverbot: Richten in eigener Sache bei gemeinsamen Verfehlungen

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Geht es um die eigene Verfehlung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, liegt auf der Hand, dass er bei der Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ihn aufgrund dieser Verfehlung befangen ist und einem Stimmverbot unterliegt. Was jedoch, wenn ein solcher Beschluss über ein Fehlverhalten eines anderen Geschäftsführers gefasst wird und dem Gesellschafter-Geschäftsführer Mittäterschaft in derselben Angelegenheit zur Last gelegt wird? Ist er stimmberechtigt, weil eigentlich nur gegen eine andere Person vorgegangen werden soll, oder ist er nicht stimmberechtigt, weil ihn eigentlich derselbe Vorwurf trifft? Diese Frage hat jüngst der BGH zu beantworten gehabt.

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Schadensersatz wegen rechtswidrigen Warnstreiks

Dr. Paul de Beauregard

RA/FAArbR Dr. Paul Melot de Beauregard, LL.M., Partner, McDermott Will & Emery, München

In seiner Entscheidung vom 19. 6. 2012 (1 AZR 775/10) sprach das BAG einem Unternehmen einen möglichen Schadensersatzanspruch gegen die Gewerkschaft ver.di zu, weil diese zu einem rechtswidrigen Streik gegen dieses Unternehmen aufgerufen hatte.

Dass ein rechtswidriger Streik zu einer Schadensersatzforderung des Arbeitgebers führen kann, ist eine der stärksten Waffen der Arbeitgeberseite in einem Tarifkonflikt. Meist ist es auch nicht besonders schwierig, nachzuweisen, dass ein Schaden kausal auf einem Arbeitsausstand beruht. Die rechtliche Auseinandersetzung konzentriert sich dann auf die Frage, ob der Streik rechtmäßig war oder nicht. » weiterlesen

Leerverkaufsverbote nach neuer EU-Rechtslage

RA Dr. Frederik Winter, Partner, Linklaters LLP. Frankfurt/M.

Die Bundesregierung hat am 16. 5. 2012 den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur EU-Leerverkaufsverordnung in den Bundestag eingebracht. Nach diesem sollen die Beschränkungen bzw. Transparenzvorgaben für Leerverkäufe in Aktien und bestimmte öffentliche Schuldtiteln (§§ 30h ff. WpHG) im Wesentlichen gestrichen und durch einen Verweis auf die EU-Verordnung ersetzt werden. Vor diesem Hintergrund werden sich die Marktteilnehmer auf neue Vorgaben einstellen müssen.

Seit Beginn der Finanzkrise sind in der EU unterschiedliche nationale Maßnahmen zur Begrenzung von Leerverkäufen in Kraft gesetzt worden. In Deutschland hatte die BaFin bereits im September 2008, auf dem Höhepunkt der Lehman-Krise, ungedeckte Leerverkäufe von Aktien von elf Unternehmen des Finanz- und Versicherungssektors verboten. In der Folgezeit hat sie – jeweils wiederum durch sog. Allgemeinverfügungen – weitere Verbote erlassen, die 2010 durch eine gesetzliche Regelung ersetzt wurden (§§ 30h ff. WpHG).

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Kein Betriebsübergang bei bloßem Erwerb von Betriebsmitteln

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) tritt ein neuer Inhaber, auf den durch Rechtsgeschäft ein Betrieb oder Betriebsteil übergegangen ist, in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Angesichts dieser weiten Formulierung und der erheblichen Rechtsfolgen verwundert es nicht, dass diese Vorschrift regelmäßig Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist.
So hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich jüngst erneut hiermit auseinanderzusetzen (BAG, Urteil vom 10. 5. 2012 – 8 AZR 639/10). » weiterlesen