Der EuGH hat am 13. 2. 2014 im Fall Svensson (Az. Rs. C-466/12) entschieden: Es ist urheberrechtlich zulässig, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers einen direkten Hyperlink auf ein geschütztes Werk zu setzen. Das Urteil ist von überragender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Internet. Ein Link auf ein Werk – z. B. auf einen Zeitungsartikel –, das auf einer anderen Internetseite veröffentlich wurde, ist keine erneute öffentliche Wiedergabe i. S. der europäischen Richtlinie über bestimmte Aspekte des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG). Urheberrechtlicher Nutzer ist allein derjenige, der den Artikel zum Abruf bereithält, hier also der Zeitungsverlag. Nur dieser ist dafür verantwortlich, die Zustimmung der Autoren einzuholen. Ein Link verweist auf den bereits veröffentlichten Artikel, macht ihn aber nicht einem „neuen Publikum“ zugänglich.
Archiv der Kategorie: Allgemein
Erheischt „anonymes Kapital“ die Montan-Mitbestimmung?
Das Mitbestimmungsgesetz möge in Richtung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes verändert werden. Dies hat der Bundestagspräsident Lammert (CDU) auf einer DGB-Veranstaltung angeregt (FAZ v. 13.2.2014). Dann würde das doppelte Stimmrecht des (letztlich von der Aktionärsseite gestellten) Aufsichtsrats-Vorsitzenden gestrichen. Es käme in Patt-Situationen auf das „weitere Mitglied“ an, das auch als neutrale Person bezeichnet wird. An dem Vorstoß ist bemerkenswert, dass es dazu weder im Koalitionsvertrag noch im Wahlprogramm der Partei, welcher der Vorschlagende angehört, eine Aussage gibt. Daher mag man ihn als lediglich rhetorischen Versuchsballon ansehen.
Hier interessiert die Begründung, mit der die „verfassungsrechtlichen Bedenken“ vom Bundestagspräsidenten erkannt und abgetan wurden. Erkannt wurde, dass Eigentümerrechte arg eingeschränkt werden. Aber, so wird Lammert zitiert: Mit dem starken Wachstum der Finanzmärkte hätten sich im Laufe der Jahrzehnte auch die Eigentümer verändert. Wo einst „persönlich identifizierbare Unternehmer“ aufgetreten seien, agiere heute „anonymes Kapital“; oft seien es Vertreter von Fondsanlegern, die selbst nicht wüssten, wo ihr Geld investiert sei. » weiterlesen
Settlement-Verfahren in Kartellbußgeldverfahren – Merkblatt des Bundeskartellamts
Sog. Settlements – also die einvernehmliche Beendigung von Kartellbußgeldverfahren – haben in der Verfolgungspraxis des Bundeskartellamtes eine überragende Bedeutung, denn durch beschleunigte Verfahren und reduzierte Bußgelder entlasten sie sowohl die Kartellbehörde als auch die betroffenen Unternehmen. Kartellverfahren, in denen nicht zumindest mit einem der Beteiligten ein Settlement erzielt wird, sind inzwischen die Ausnahme. Aktuelles Beispiel ist die Einigung mit fünf Brauereien von „Fernsehbieren“ auf ein Bußgeld von mehr als EUR 100 Mio.
Das Bundeskartellamt hat die in der Praxis entwickelten Grundsätze des Settlement-Verfahrens nun in einem Merkblatt zusammengefasst.
Der Kern des Verfahrens ist ein Anerkenntnis des zur Last gelegten Sachverhalts sowie die Verhängung eines Bußgeldes in vorbesprochener Höhe. Nicht Gegenstand des Vergleiches ist hingegen die Frage, ob überhaupt ein Kartellverstoß vorliegt. Dieser wird vielmehr mit dem (Kurz‑)Bußgeldbescheid, der das Settlement-Verfahren abschließt, rechtsverbindlich festgestellt.
Handel mit Gebrauchtsoftware – BGH klärt Voraussetzungen
Der Streit um die Zulässigkeit des Handels mit gebrauchter Software und seine speziellen Ausprägungen beschäftigt seit Jahren zahlreiche Gerichte. Während die Softwarehersteller mit allen Mitteln versuchen, den Handel mit gebrauchter Software einzuschränken oder ganz zu unterbinden, versuchen Gebrauchtsoftwarehändler die gesetzlich zulässigen Handlungsoptionen auszuschöpfen, auch wenn sie dadurch gegen vertragliche Beschränkungen der Softwarehersteller verstoßen, deren Wirksamkeit immer wieder auf dem Prüfstein steht.
LAG Köln: Nachtarbeitszuschläge für Betriebsräte auch ohne Nachtarbeit
Die Überschrift führt zu einem Störgefühl. Kann es sein, dass ein Arbeitnehmer Nachtzuschläge erhält, obwohl er gar nicht nachts gearbeitet hat? Kann diese Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt werden, dass ein Betriebsratsmitglied Betriebsratstätigkeiten übernommen hat?
Die 12. Kammer des LAG Köln hatte genau zu diesen Fragen am 19. 12. 2013 (Az. 12 Sa 682/13, DB0648347) zu entscheiden.
Das Betriebsratsmitglied war teilweise (3,5 Stunden täglich) von seinen Arbeitspflichten entbunden, um Betriebsratstätigkeiten auszuüben. Vor Aufnahme des Betriebsratsamts war der Arbeitnehmer in der Logistik tätig, nahm seine tägliche Arbeit – wie alle vergleichbaren Kollegen– an fast jedem Tag um oder vor 4.00 Uhr morgens auf und verdiente daher Nachtzuschläge. Mit der Übernahme des Betriebsratsamts wurde der Arbeitnehmer nicht nur teilfreigestellt; zudem wurde zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart, dass der Arbeitnehmer künftig täglich erst ab 6.00 Uhr im Betrieb anwesend sein solle, um eine bessere Erreichbarkeit für die Mitarbeiter zu gewährleisten. Der Großteil der Arbeitnehmer (außerhalb der Logistik) begann den Arbeitstag erst ab 10.00 Uhr. » weiterlesen
Das europäische Gesellschaftsrecht und die Ketchupflasche
Erst kommt lange nichts, dann alles auf einmal. So wie man es mit der Ketchupflasche kennt, könnte es mit dem EU-Gesellschaftsrecht kommen. Im Spätherbst 2012 wurde der „Aktionsplan zur „Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts und der Corporate Governance“ vorgelegt. Die Kommission hat im vergangenen Jahr nur zwei Konsultationen durchgeführt. Die eine betraf Einpersonen-Kapitalgesellschaften, die andere die grenzüberschreitende Sitzverlegung. Seit Juni 2013 sind auf der Internetseite der EU-Kommission (Abteilung Binnenmarkt) keine neuen Nachrichten für das Gesellschaftsrecht mehr vorhanden. Einen Legislativakt gab es letztmals im Jahr 2010. Dass die EU nicht hyperaktiv das Gesellschaftsrecht ummodelt ist begrüßenswert. Aber was braut sich da zusammen? » weiterlesen
Rechtsschutz für Auslandsinvestitionen – Das ICSID der Weltbank
Investitionen im Ausland sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt. Neben Währungs- und wirtschaftlichen Risiken spielt auch das sog. politische Risiko eine große Rolle. Viele Unternehmen sichern das Risiko durch staatliche Eingriffe (wie z. B. eine Enteignung) geschädigt zu werden ab, u. a. durch die bekannten Investitionsgarantien des Bundes (PWC und EulerHermes; AGA-Portal) oder MIGA, der Multilateral Investment Guarantee Agency der Weltbank.
Neben diesen Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung (die gebührenpflichtig sind und damit mit erheblichen Kosten verbunden sein können) hat die Bundesrepublik in den letzten 55 Jahren ein Netz von über 100 Investitionsschutzabkommen aufgebaut. Neben diesen bilateralen Abkommen ist der Energiechartavertrag mit fast 50 Mitgliedstaaten (u. a. auch Deutschland) eines der wichtigsten Investitionsschutzabkommen.
MiFID2/MiFIR: Politische Einigung im Rahmen der Trilog-Verhandlungen erzielt
Nach einem mehr als zweijährigen Verhandlungsmarathon konnte Markus Ferber (CSU), verantwortlicher Berichterstatter im Europäischen Parlament für MiFID2/MiFIR, am späten Abend des 14. 1. 2014 den Durchbruch vermelden. Im Rahmen der sog. Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Rat wurde auch über die letzten noch offenen Punkte Einigung erzielt. Damit dürfte sichergestellt sein, dass das Gesetzgebungsverfahren für MiFID2 und MiFIR rechtzeitig vor den Europawahlen im Mai 2014 abgeschlossen werden kann. Zwar laufen derzeit noch die technischen Detailabstimmungen der Kompromisstexte, und sowohl im Rat als auch im Parlament ist noch formal Einvernehmen herzustellen, doch erscheint es derzeit ausgeschlossen, dass noch neue unüberwindbare Hindernisse auftauchen.
Der Holdingverein ADAC
Über den ADAC e.V. wird aktuell eifrig diskutiert. In etlichen Stellungnahmen ist von Intransparenz und Verkrustungen die Rede. Zum konkreten Anlass (manipulierte Abstimmungen beim Autopreis Gelber Engel) soll hier nichts gesagt, sondern der Blick auf die „Struktur“ gelenkt werden. Es stellen sich wenigstens zwei Fragen: Ist wirklich der Idealverein die richtige Rechtsform für die Holding einer Unternehmensgruppe und kann das Vereinsrecht des BGB eine hinreichende Corporate Governance für eine Konzernspitze bieten?
Der ADAC erklärt auf seiner Internetseite, er sei „ein Verein, der wie ein Unternehmen geführt wird“ und gibt eine „Unternehmensdarstellung“ als „Mobilitätsdienstleister Nummer eins in Deutschland und Europa“. Die unternehmerischen Tätigkeiten erfolgen durch die ADAC Beteiligungs-GmbH, die wiederum Tochtergesellschaften führt (Versicherungen, Autovermietung, Finanzdienste, Reisevermittlung). Diese Unternehmungen erzielten 2012 einen Umsatz von über 1 Milliarde Euro (Gewinn 85 Millionen)!
Kartellrechts-Sammelklage gescheitert
Die belgische Unternehmensgruppe Cartel Damages Claims (CDC) hat bei ihrem Versuch, im deutschen Kartellrecht Sammelklagen nach amerikanischem Vorbild durchzusetzen, einen herben Rückschlag einstecken müssen.
Das LG Düsseldorf hat mit Urteil vom 17. 12. 2013 – 37 O 200/09 [Kart] eine Klage von CDC gegen sechs Teilnehmer des Zementkartells als unbegründet abgewiesen. CDC hatte diese Klage eingereicht, nachdem die Europäische Kommission die Kartellteilnehmer mit Bußgeldern belegt hatte. Es handelte sich also um eine sog. Follow-On-Klage, bei der sich der Kläger die Bindungswirkung der Bußgeldentscheidung einer Wettbewerbsbehörde für deutsche Gerichte bezüglich der Rechtsverletzung nach § 33 Abs. 4 GWB zunutze macht. Der Kläger muss dann nur noch die Schadenshöhe und die Kausalität nachweisen. Ähnliche Follow-On-Klagen hat CDC auch in anderen Fällen vor deutschen und ausländischen Gerichten eingereicht. In einem anderen Fall, der beim LG Dortmund anhängig ist und über den noch der EuGH in einem Vorlageverfahren entscheiden muss, liegt die Forderung bei rund 650 Mio. €.