Neues zur Ad-hoc-Publizität nach der Marktmissbrauchsverordnung

RA Dr. Marcus C. Funke, LL.M. (Chicago), RA Dr. Dirk Kocher, LL.M., Partner, Latham & Watkins LLP

RA Dr. Marcus C. Funke, LL.M. (Chicago), RA Dr. Dirk Kocher, LL.M., Partner, Latham & Watkins LLP

Mit der am 3. Juli 2016 nach mehr als zweijähriger Vorlauf- und Vorbereitungszeit für Emittenten in Kraft getretenen Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation oder „MAR“) ist in Deutschland das bisherige Regime der Ad-hoc-Publizität nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz („WpHG“) abgelöst worden. Insbesondere mit Blick auf praktische Fragen der Ad-hoc-Publizität ist die Rechtslage damit nicht einfacher geworden. Im Folgend wird ein Überblick gegeben, was sich im Detail geändert hat. Insbesondere wird untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Veröffentlichung einer Insiderinformation verschoben werden kann.

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Bayern macht Kursdifferenzschaden gegen Volkswagen geltend

RAin Silvanne Helle, LL.M., Partnerin, Oppenhoff & Partner, Frankfurt

RAin Silvanne Helle, LL.M., Partnerin, Oppenhoff & Partner, Frankfurt

Nachdem sich VW mittlerweile auch in Deutschland bereits Klagen in Milliardenhöhe wegen des  „Abgasskandals“ ausgesetzt sieht, hat Bayern nun erklärt, ebenfalls Klage gegen VW einzureichen – und Baden-Württemberg prüft derzeit ähnliche Schritte. Im Vergleich zu bereits eingereichten vergleichbaren Klagen mit einem Streitwert von über 3 Milliarden Euro, ist der von Bayern geltend gemachte Betrag von 700.000 Euro relativ gering. Anders als in den USA sind die Kläger in den deutschen Verfahren nicht die Käufer, sondern vielmehr Anleger von VW.

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Ad-hoc-Publizität: Zum Zeitpunkt der Pflichtveröffentlichung bei zeitlich gestrecktem Vorgang

RA Dr. Klaus-Dieter Stephan, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt/M.

RA Dr. Klaus-Dieter Stephan, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt/M.

Der BGH hat ein Jahr nach dem Urteil des EuGH das Verfahren zwecks Feststellung des richtigen Zeitpunkts der Pflichtveröffentlichung nach § 15 WpHG („Ad hoc-Veröffentlichung“) im Fall des Rücktritts des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG, Prof. Jürgen Schrempp, erneut an das OLG Stuttgart verwiesen. Dabei geht es um Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Ad hoc-Veröffentlichung. Das OLG Stuttgart wird in diesem Verfahren die siebte Gerichtsentscheidung liefern. Das Bußgeldverfahren hatte ebenfalls die Gerichte, abschließend das OLG Frankfurt/M., beschäftigt. Beide Verfahren verdeutlichen die große Bedeutung der Ad hoc-Meldepflichten.

Zur Erinnerung: Am 28. 7. 2005 beschloss der Aufsichtsrat im Einvernehmen mit Prof. Schrempp, dass er zum Jahresende aus dem Amt ausscheiden solle. Die Ad-hoc-Veröffentlichung erfolgte unmittelbar danach. Bereits seit dem 17. 5. hatte es vorbereitende Gespräche und Informationen unter Beteiligung von Prof. Schrempp, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben. Am 27. 7. hatte der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats sich mit der Sache befasst. Die bisherigen Gerichtsentscheidungen umfassen hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts die volle Spanne vom 17. 5. bis zum 28. 7. 2005.

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Facebook als Medium aktien- und kapitalmarktrechtlicher Mitteilungen

Die Hauptversammlung kann statt über den Internet-Bundesanzeiger mit eingeschriebenem Brief einberufen werden (§ 121 Abs. 4 S. 2 AktG). Das ist eher umständlich, doch die Satzung kann etwas „anderes“ bestimmen – und das tut sie auch, insbesondere die E-Mail wird verbreitet als Mittel der Information bestimmt. Könnte die Klausel auch lauten, dass eine Facebook-Nachricht genügt? Wenn auf diese Weise alle Aktionäre erreicht werden können, sollte dem nichts entgegenstehen. Voraussetzung wäre also, dass die Aktionäre eine entsprechende Facebook-Gruppe bilden oder die Seite subskribiert haben. Eine öffentliche Einladung auf der Facebook-Seite der Gesellschaft würde nicht genügen, denn die Nachricht soll den Aktionären überbracht werden („push“), die Erwartung, dass sie abgerufen werde („pull“) reicht nicht. Damit ist klar, dass die Facebook-Alternative nicht für Gesellschaft mit großem Aktionärskreis, wohl aber für kleine „personalistische“ AG in Betracht kommt. » weiterlesen

Zeitpunkt einer Ad hoc-Meldung: EuGH entscheidet zum Schrempp-Rücktritt

RA Dr. Klaus-Dieter Stephan, Partner, Hengeler Mueller, Frankfurt/M.

Mit Urteil vom 28. 6. 2012 – Rs. C-19/11, DB 2012 S. 1496 hat der EuGH zum richtigen Zeitpunkt der Pflichtveröffentlichung nach § 15 WpHG („Ad hoc-Veröffentlichung“) entschieden. Das Urteil betrifft den Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG, Jürgen Schrempp. Dabei geht es zum einen um Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Ad hoc-Veröffentlichung nach § 37b WpHG und zum anderen um bußgeldrechtliche Aspekte derselben Ausgangsfrage. Beide Stränge verdeutlichen die große Bedeutung der Ad hoc-Meldepflichten.

Der Sachverhalt ist bekannt und vielfach publiziert: Am 28. 7. 2005 beschloss der Aufsichtsrat im Einvernehmen mit Herrn Schrempp, dass er zum Jahresende aus dem Amt ausscheiden solle. Die Ad hoc-Veröffentlichung erfolgte unmittelbar danach. Bereits seit dem 17. 5. hatte es vorbereitende Gespräche und Informationen unter Beteiligung von Herrn Schrempp, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat gegeben. Am 27. 7. hatte der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats sich mit der Sache befasst.

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BGH: Schadenersatzpflicht wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilung

RA Dr. Sylko Winkler, Partner bei BMH Bräutigam & Partner, Berlin

Am 13. 12. 2011 hat der Bundesgerichtshof ein maßgebliches Grundsatzurteil zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen der Haftung wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen nach § 37b WpHG gefällt (XI ZR 51/10). In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin Schadenersatz aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der beklagten IKB am 26. 7. 2007. Mitte 7. 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals sogenannte Subprimes (Hypothekenkredite minderer Qualität) wegen erhöhter Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sank auch der Preis der von der Beklagten emittierten Anleihen und es gab Gerüchte, dass die Beklagte substantielle Risiken im Hinblick auf den US-Subprime-Markt treffen. Um die Gerüchte auszuräumen und die Marktsituation zu beruhigen, veranlasste der damalige Vorstandsvorsitzende der IKB am 20. 7. 2007 die Herausgabe einer Pressemitteilung, in der nur eine geringe Betroffenheit der Beklagten durch US-Subprimes behauptet wurde.

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Der kranke Vorstandsvorsitzende

Jürgen Großmann, Vorstandsvorsitzender der RWE AG, ist gesundheitlich angeschlagen, berichteten die Gazetten zuletzt in großen Lettern. Wie ein Unternehmenssprecher inzwischen bestätigt hat, ist Großmann wegen Herzkammerflimmerns behandelt worden und erholt sich derzeit im Ausland. Ende November will er seine Arbeit in Essen wieder aufnehmen.

Dieser aktuelle Fall, der hoffentlich ein gutes Ende nimmt, lenkt die Aufmerksamkeit auf ein lange vernachlässigtes Thema in deutschen Chefetagen: die schwere Erkrankung eines Vorstandsmitglieds, die – so bedauerlich sie menschlich ist – in aktien- und kapitalmarktrechtlicher Hinsicht eine Fülle ungelöster Rechtsfragen aufwirft. » weiterlesen