Das OLG Hamm hat es mit Beschluss vom 26. 11. 2013 – 1 VAs 116/13 u. a. einem Zivilgericht gestattet, für Zwecke eines kartellrechtlichen Schadensersatzprozesses Einsicht in Kronzeugenanträge zu nehmen. Es setzt damit einen Kontrapunkt zur kürzlichen kronzeugen-freundlichen Entscheidungspraxis des AG Bonn (Beschluss vom 18. 1. 2012 – 51 Gs 53/09, Pfleiderer) und des OLG Düsseldorf (22. 8. 2012 – V-4 Kart 5+6/11 OWi, Kaffeeröster).
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Europäische Kommission veröffentlicht Vorschläge zu kartellrechtlichen Schadensersatzklagen
Die EU-Kommission hat am 11. 6. 2013 ihr lang erwartetes Vorschlagspaket zu kartellrechtlichen Schadensersatzklagen vor nationalen Gerichten veröffentlicht. Das Paket besteht aus einem Richtlinienvorschlag zu Schadensersatzklagen sowie jeweils dem Entwurf einer Empfehlung zu kollektiven Rechtschutzverfahren und einer Empfehlung zur Ermittlung des Schadensumfangs.
Derzeit sind insbesondere vor nationalen Gerichten in Deutschland und Großbritannien zahlreiche kartellrechtliche Schadensersatzklagen anhängig, die auf Basis der geltenden nationalen Regeln entschieden werden. Die Geschädigten können dementsprechend nicht auf einheitliche Regelungen vertrauen, da zwischen den einzelstaatlichen Regelungen der Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bestehen.
Generalanwalt befürwortet Akteneinsicht im Fall Donau Chemie
Kartellrechtler verfolgen das Vorlageverfahren Donau Chemie (Rs. C-536/11) seit längerem gespannt: Schließlich geht es um die Frage, ob die gesetzlichen österreichischen Zugangsregelungen zu Kartellverfahrensakten gegen Unionsrecht verstoßen.
Jetzt hat der Generalanwalt endlich die Schlussanträge verkündet (Stellungnahmen vom 7. 2. 2013). Er argumentiert, dass die gesetzliche Regelung in Österreich, welche das Akteneinsichtsrecht von Kartellgeschädigten grundsätzlich ausschließt, nicht mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz (Art. 19 Abs. 1 EUV) vereinbar ist.
Kein Akteneinsichtsrecht in Kartell-Bonusanträge in Verfahren vor deutschen Gerichten
Abnehmer des Kaffeeröster-Kartells sind mit ihren Anträgen auf Offenlegung der Gerichtsakten und Bonusanträge in einem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf in den wesentlichen Punkten gescheitert. Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 22. 8. 2012 – V-4 Kart 5 + 6/11 (OWi) festgestellt, dass eine Offenlegung von Anträgen nach der Bonusregelung des Bundeskartellamts (Bekanntmachung Nr. 9/2006 vom 7. 3. 2006) auch in Gerichtsverfahren nicht in Frage kommt.
Im Jahr 2009 stellten mehrere Kaffeeröster Bonusanträge beim Bundeskartellamt, das gegen drei Kartellanten in der Folge wegen Preisabsprachen Geldbußen i. H. von ca. 160 Mio. € verhängte. Die Kartellanten erhoben gegen diese Bußgeldbescheide Einspruch beim OLG Düsseldorf.
Zur Akteneinsicht in Kronzeugenanträge beim Bundeskartellamt
Das Amtsgericht Bonn hat mit Beschluss vom 18. 1. 2012 (51 Gs 53/09, DB0466282) einer dritten Partei (Pfleiderer) die Akteneinsicht in Bonusanträge verweigert, welche Kartellteilnehmer beim Bundeskartellamt nach der Bonusregelung zum Erlass oder der Reduzierung von Kartellbußgeldern eingereicht haben. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
Der Beschluss stellt die erste Anwendung der Grundsätze an, die der Europäische Gerichtshof in seinem Pfleiderer-Urteil (Pfleiderer AG v. Bundeskartellamt, Rs. C-360/09 – 14. 6. 2011, DB0423438) auf Vorlage des Amtsgerichts Bonn aufgestellt hat. Nach Ansicht des EuGH ist es Sache der jeweiligen nationalen Gerichte, im Einzelfall und auf Grundlage des nationalen Rechts zu entscheiden, ob einem Dritten Zugang zu Bonusanträgen bei nationalen Behörden zu gewähren ist.