Erst vor kurzem haben der Toilettenpapierhersteller Hakle und die Schuhhandelskette Görtz Insolvenz angemeldet. Vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise und der inflationsbedingten Kaufzurückhaltung der Verbraucher, kann im Herbst bzw. Winter mit weiteren Unternehmensinsolvenzen gerechnet werden. Dabei stellt sich auch die Frage, was für arbeitsrechtliche Folgen ein Insolvenzverfahren bzw. das diesem vorgelagerte Schutzschirmverfahren für die Mitarbeiter dieser Unternehmen haben kann. Droht Mitarbeitern insolventer Unternehmen ein Verlust des Arbeitsplatzes? Inwieweit ist eine Kündigung in der Insolvenz überhaupt zulässig? » weiterlesen
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Aktuelles vom BAG zum Wiedereinstellungsanspruch
Eine kürzlich ergangene Entscheidung des BAG (BAG vom 25.05.2022 – 6 AZR 224/21) bietet Anlass, sich mit den Grundsätzen des Wiedereinstellungsanspruchs allgemein und im Rahmen einer Insolvenz zu beschäftigen. Zudem könnte das Urteil eine Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung andeuten. » weiterlesen
Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts: Keine Zeit zur Diskussion und viele Fragen offen
In der Vergangenheit haben einige in der Restrukturierung befindliche Unternehmen unter Geltung des englischen Scheme of Arrangement Akkordstörer wieder in die Linie gestellt. Auch in Deutschland wurde der Ruf nach entsprechenden Regeln laut. Disstressed Debt, Loan to own, Hold out Value-Investoren haben nicht nur eine Änderung der Finanzierungsstruktur, sondern auch der Verhandlungskultur bewirkt. So werden neue Instrumente gefordert, um das Verhandlungsgleichgewicht wiederherzustellen und eigensinniges Verhalten zurückzudrängen. » weiterlesen
Kann der Insolvenzverwalter die Firma ändern? Der BGH sagt: nein.
Der II. Zivilsenat des BGH hat am 26.11.2019 eine für die Insolvenzpraxis wichtige Entscheidung getroffen (II ZB 21/17), die soeben veröffentlicht worden ist: „Der Insolvenzverwalter ist auch im Fall der Verwertung der Firma einer Aktiengesellschaft nicht befugt, die Satzung hinsichtlich der Firma zu ändern.“ Der Sachverhalt des BGH-Beschlusses wird zwar nur mit Blick auf die Registersache mitgeteilt; er lässt sich jedoch erschließen: Es ging um einen Insolvenzverwalter in Berlin, der das Unternehmen (Handelsgeschäft) der insolventen Aktiengesellschaft mitsamt der Firma veräußert hat; aus diesem Grunde sollte die Insolvenzschuldnerin neu firmieren als „Abwicklungs-AG“. Doch wie kommt man zu dieser neuen Firmenbezeichnung? Dafür gibt es drei Möglichkeiten: (1) Der Insolvenzverwalter ändert die Firma kraft eigener Rechtsstellung (so im vorliegenden Fall auf Grundlage einer verbreiteten Meinung probiert); (2) der Insolvenzverwalter ändert die Satzungsbestimmung über die Firma kraft eigener Rechtsstellung (so das KG als Beschwerdegericht); (3) der Insolvenzverwalter kann nichts tun, er ist auf die Beschlussfassung der Aktionäre angewiesen (so jetzt der BGH). » weiterlesen
Beschränkte Haftung und Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung: Zwei Seiten derselben Medaille
In der Lehman-Krise wurde der Überschuldungsbegriff nachhaltig aufgeweicht. Man befürchtete, dass durch eine temporäre Wertreduktion etwa von Anleihen und Aktien eine Überschuldung eintreten könnte und damit die Finanzinstitute zum Insolvenzantrag verpflichtet würden – also ein Dominoeffekt eintritt. Zehn Jahre später sind die Insolvenzantragpflichten in der Finanzwirtschaft gesondert, das heißt spezialgesetzlich geregelt. Es gibt keine Veranlassung mehr, die Überschuldung als Insolvenzantragsgrund auch zukünftig durch eine Prognoseentscheidung der Geschäftsleiter praktisch auszuschließen. Es bietet sich an, zum alten Überschuldungsbegriff zurückzukehren.
Sanierungskultur ohne Insolvenz-Stigma – Der präventive EU-Restrukturierungsrahmen
EU-Parlament, Rat und Kommission haben sich Mitte Dezember vergangenen Jahres auf einen Kompromiss für den Richtlinienentwurf über präventive Restrukturierungsrahmen verständigt, dessen vollständiger Text vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist. Hiernach wurde der Entwurf der Kommission vom November 2016 in einer Reihe von Punkten geändert, die das breite Meinungsspektrum der Mitgliedstaaten in den vorausgegangenen Verhandlungen reflektieren. So kam etwa eine Regelung hinzu, die den Schutz von Arbeitnehmerrechten bezweckt. Stark umstritten war die verpflichtende Beteiligung eines Restrukturierungsverwalters. Nunmehr ist dies jedenfalls dann vorgesehen, soweit zur Wahrung der Interessen der Beteiligten erforderlich oder vom Schuldner oder einer Gläubigermehrheit beantragt. Die Mitgliedstaaten können weitere Fälle hinzufügen. Hinzugekommen ist auch eine weitergehende Absicherung gegen aussichtslose Sanierungsversuche.
Bundestag beschließt Reform des Insolvenzanfechtungsrechts
Der Bundestag hat am 16.02.2017 Änderungen des Insolvenzanfechtungsrechts verabschiedet (BT-Drucksache 18/7054). Die Änderungen sollen Rechtsunsicherheiten beseitigen, die vom bestehenden Insolvenzanfechtungsrecht ausgehen. Im Fokus steht mit § 133 InsO die sogenannte Vorsatzanfechtung. Daneben wurden der Zinsanspruch im Anfechtungsrecht zurückgeschnitten und das Bargeschäft konkretisiert.
BFH kippt Sanierungserlass – Schutzschirm und Eigenverwaltung (vorübergehend) beerdigt?
Der große Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) hat mit Beschluss vom 28.11.2016 (GrS 1/15), der am 07.02.2017 veröffentlicht wurde, den Sanierungserlass des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) aus dem Jahr 2003 für unrechtmäßig erklärt. Denn nach Auffassung des BFH verstößt der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Danach darf die Verwaltung sich nicht über bestehende Gesetze hinwegsetzen und selbst wie ein Gesetzgeber tätig sein. Dies sieht der BFH durch den Sanierungserlass aber als gegeben an. Die Möglichkeit der Sanierung von Unternehmen, nicht zuletzt im Rahmen der neueren Sanierungsinstrumente Schutzschirm und Eigenverwaltung, steht auf der Kippe.
Vorinsolvenzliche Sanierung – Der Entwurf der EU-Kommission steht!
Am 22.11.2016 hat die Europäische Kommission ihren Richtlinienvorschlag COM(2016) 723 zum präventiven Restrukturierungsrahmen, zur zweiten Chance und zu Maßnahmen zur stärkeren Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren vorgestellt. Die Frage lautet daher nicht mehr, ob, sondern nur wann in Deutschland ein gesetzliches Werkzeug zur vorinsolvenzlichen Sanierung eingeführt und wie es aussehen wird. Dazu seien die Eckpunkte des Entwurfes beleuchtet.
Bekommt Deutschland ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren? Der Fahrplan der EU steht!
Die EU-Kommission hat kürzlich unter Führung des Generaldirektorats Justiz ihre Roadmap zur Schaffung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens veröffentlicht (http://hbfm.link/351). In diesem auch als „Inception Impact Assessment“ bezeichneten Report beschreibt sie die Hintergründe, die sie zur Schaffung eines unionsweit einheitlichen vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens bewegten und welche Optionen hier zur Verfügung stehen.
Zudem hat sie am 23.03.2016 eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema eröffnet, die den Beteiligten Gelegenheit gibt, ihre Ansichten zu den allgemeinen Grundsätzen und Standards zu äußern, die sicherstellen, dass die nationalen Insolvenzrechte mit Blick auf grenzüberschreitende Sachverhalte effizient funktionieren (http://hbfm.link/368).
Im Folgenden wird die Zielsetzung der EU-Kommission dargestellt und welche Eckpunkte ein geplanter Legislativvorschlag enthalten könnte.