In der globalisierten Welt von heute ist es schon lange keine Seltenheit mehr, dass deutsche Steuerpflichtige Positionen bei ausländischen Stiftungen innehaben – sei es als Stifter, Begünstigter oder Stiftungsvorstand. Bestehen Beziehungen zum anglo-amerikanischen Ausland, handelt es sich statt um Stiftungen meist eher um Trusts, die dort noch deutlich häufiger genutzt werden als Stiftungen in unserem Rechtsraum. Bei Trusts sind ebenfalls oft deutsche Steueransässige als Settlor (Errichter), Beneficiary (Begünstigter) oder gar als Trustee (Treuhänder/Verwalter) beteiligt. Eine empfindliche deutsche Steuerfolge kann es hierbei sein, dass die Einkünfte der Stiftung bzw. des Trusts dem deutschen Stifter/Settlor bzw. den deutschen Begünstigten/Beneficiaries steuerlich zugerechnet werden, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich eine Ausschüttung stattfindet (sog. dry income), § 15 AStG. Das Hessische FG hat sich mit Urteil vom 13.07.2022 (8 K 1419/19) zur unionsrechtskonformen erweiterten Anwendung des § 15 Abs. 6 AStG auch auf Drittstaaten geäußert. Hintergrund ist der aus Sicht des FG sonst vorliegende Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, die auch im Verhältnis zu Drittstaaten gilt (Art. 63 AEUV). » weiterlesen
Archiv der Kategorie: Niermann, Marcus
Aktuelle BFH-Rechtsprechung zu Trusts: Von (In-)Transparenz und Zwischenberechtigung
Sogenannte Trusts sind Rechtskonstruktionen des angloamerikanischen Rechtskreises, die sich im Grundsatz durch folgendes Dreiecksverhältnis beschreiben lassen: Der Settlor (Errichter) überträgt dem Trustee (Verwalter) ein gewisses Vermögen, das dieser upon trust zugunsten der Beneficiaries (Begünstigten) hält. Der Trust selbst ist ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Im Kern handelt es sich somit um ein Rechtsinstitut, das – je nach konkreter Ausgestaltung, die sehr flexibel ist – Ähnlichkeiten mit den deutschen Rechtsinstituten der Treuhand bzw. der Stiftung aufweist. » weiterlesen
Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer: Wird endlich gut, was lange währt?
Das Hessische Finanzgericht hat vor einiger Zeit einem Steuerpflichtigen erstmals den Abzug ausländischer Quellensteuern von der deutschen Gewerbesteuer ermöglicht (Urteil vom 26.08.2020 – 8 K 1860/16, Rev. eingelegt). Damit könnte sich endlich auch in der Praxis durchsetzen, worüber man sich im Schrifttum schon länger weitgehend einig war (vgl. zur Diskussion der vergangenen Jahrzehnte Töben, Ubg 2021 S. 357). Um welche Fälle geht es? Inländische Steuerpflichtige, die ausländische quellensteuerbelastete Einkünfte – z.B. Zinsen oder Dividenden – erzielen, können die ausländische Quellensteuer regelmäßig auf die in Deutschland anfallende Einkommen- oder Körperschaftsteuer anrechnen. Das schreiben die jeweiligen DBA (Art. 23B OECD-MA) i.V.m. § 34c EStG vor. Hierdurch wird eine Doppelbesteuerung oft bereits vollständig vermieden, weil die deutsche Einkommen- oder Körperschaftsteuerlast ausreichend hoch ist, um die Quellensteuer voll anzurechnen. » weiterlesen
Geplantes Verbandssanktionengesetz: Künftig Strafverfahren gegen Unternehmen bei Steuervergehen
Am 16.06.2020 hat die Bundesregierung mit dem sogenannten „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ das Gesetzgebungsverfahren zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes initiiert. Hierdurch sollen erstmals Unternehmen – d.h. insbesondere Personen- und Kapitalgesellschaften – selbst Beschuldigte von Strafverfahren und Adressaten strafrechtlicher Sanktionen werden – statt wie bisher im Grundsatz „nur“ die individuell verantwortlichen natürlichen Personen. Anders als zum Teil erwartet (oder erhofft), hat der Bundesrat den Regierungsentwurf in seiner Sitzung am 18.09.2020 grundsätzlich begrüßt und nur Änderungsbedarf in einzelnen Punkten angemahnt. Die wohl mit Abstand meisten potenziellen Unregelmäßigkeiten dürften in Unternehmen auf dem Gebiet des Steuerrechts entstehen. Grund genug, sich mit den potenziellen Auswirkungen des Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) zu befassen. » weiterlesen
BFH: Neues zur Betriebsvermögensverschonung bei Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt
Der Vorbehalt eines Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen ist ein oft genutztes Instrument bei der Gestaltung von vorweggenommenen Erbfolgen. Der BFH hat mit Urteil vom 06.11.2019 (II R 34/16) einen weiteren Einzelfall zu dem Problemkreis entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen hierdurch die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigungsregeln gefährdet ist. Im entschiedenen Fall war die Betriebsvermögensverschonung möglich. » weiterlesen
Erbschaftsteuerpflicht im Inland bei Vermächtniserwerb eines im Inland gelegenen Grundstücks
Das FG München hat sich mit Urteil vom 10.07.2019 (4 K 174/16; vgl. dazu Wachter, DB 2019 S. 2214) zu der umstrittenen Frage positioniert, ob der Erwerb eines im Inland belegenen Grundstücks durch Vermächtnis zu einer beschränkten Erbschaftsteuerpflicht führt. Dabei hat es die Steuerpflicht bejaht und sich damit der herrschenden Auffassung im Schrifttum entgegen gestellt. » weiterlesen
Stundung der Wegzugssteuer auch im Verhältnis zur Schweiz? – Spannung vor der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Wächtler
Das FG Baden-Württemberg hat dem EuGH mit Beschluss vom 14.06.2017 (2 K 2431/15) die bislang ungeklärte Frage vorgelegt, ob die im EU/EWR-Kontext geltenden Stundungsregelungen auch im Verhältnis zur Schweiz gelten müssen. Das FG bejahte diese Frage – im Einklang mit weiten Teilen der Literatur – auf Grundlage des zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossenen sog. Freizügigkeitsabkommens (FZA), welches 2002 in Kraft trat (hierzu bereits Escher, Steuerboard vom 08.11.2017). Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Picart vom 15.03.2018 (Rs. C-355/16, Picart) sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 27.09.2018 weisen in unterschiedliche Richtungen und lassen das Ergebnis des EuGH damit offener denn je erscheinen. » weiterlesen
BFH: Vormerkungsgesicherter Auflassungsanspruch nicht erbschaftsteuerbefreit
Der BFH hat sich mit Urteil vom 29.11.2017 (II R 14/16, DB 2018 S. 873) zu der bislang ungeklärten Frage geäußert, ob die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG auch auf einen vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruch anwendbar ist. Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit Wortlaut, Zweck und Systematik der Norm hat er dies letztlich verneint. Es handele sich allenfalls um einen rechtspolitischen Fehler, zu dessen Korrektur der Rechtsanwender nicht berufen sei. » weiterlesen