Nach der EU-Richtlinie 2018/822/EU vom 25.05.2018 („DAC 6“) sind die nationalen Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.12.2019 eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle in nationales Recht umzusetzen. Der vom BMF am 30.01.2019 in die Ressortabstimmung gegebene Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie geht dagegen über die europarechtlichen Vorgaben hinaus und regelt nicht nur eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende, sondern auch für innerstaatliche Steuergestaltungen. Das BMWi hat daraufhin dem Referentenentwurf offiziell widersprochen. Auch in der Unionsfraktion stößt eine innerstaatliche Anzeigepflicht dem Vernehmen nach auf Ablehnung, während der Bundesfinanzminister offenbar unbedingt an ihr festhalten will. Die Fronten scheinen verhärtet. » weiterlesen
Schlagwort-Archive: Internationales Steuerrecht
Das Phänomen der „passiven Entstrickung“ – oder: Nichtstun kann Steuern auslösen
Das Steuerrecht kennt eine Reihe sog. Entstrickungstatbestände – Vorgänge, die zur Versteuerung der stillen Reserven eines Wirtschaftsguts führen, ohne dass dieses vom Steuerpflichtigen verkauft oder sonst am Markt verwertet worden ist. Charakteristisch für diese Sachverhalte ist, dass sie nicht mit einem Liquiditätszufluss beim Steuerpflichtigen einhergehen, weshalb die Entstrickungsbesteuerung wirtschaftlich wie eine Substanzbesteuerung wirkt. Mit BMF-Schreiben vom 26.10.2018 (DB 2018 S. 2721) hat die Finanzverwaltung klargestellt, dass die Entstrickungsbesteuerung unabhängig von einer Handlung des Steuerpflichtigen allein durch eine Änderung der rechtlichen Ausgangssituation ausgelöst werden kann, wenn dadurch das deutsche Besteuerungsrecht endet oder eingeschränkt wird – sog. „passive Entstrickung“. » weiterlesen
Quellensteuereinbehalt nach § 50a EStG bei Online-Werbung
In jüngster Vergangenheit rückt die Besteuerung der digitalen Wirtschaft zunehmend in den Fokus. Neben der OECD, die dieses Thema im Aktionspunkt 1 des BEPS-Projekts aufgegriffen hat, legt insbesondere die Finanzverwaltung ein immer größeres Augenmerk auf dieses Thema. Letztere vertritt aktuell die Auffassung, dass Vergütungen an ausländische Internetportalbetreiber (z.B. Suchmaschinenanbieter und Social-Media-Plattformen) für das Schalten von Online-Werbung der Quellensteuer nach § 50a EStG unterliegen (vgl. hierzu auch Diffring/Saft, DB 2019 S. 387). Die Mehrbelastung deutscher Kunden beläuft sich hierdurch grds. auf 15% (zzgl. 0,825% Solidaritätszuschlag), wird sich in den meisten Fällen aufgrund vertraglicher „Gross-Up“-Klauseln jedoch auf ca. 18,8% der Vergütung erhöhen (vgl. H 50a.2 EStH). Besonders belastet werden dadurch meist kleinere werbeintensive Unternehmen, denen in der Folge die Insolvenz drohen könnte. » weiterlesen
Stundung der Wegzugssteuer auch im Verhältnis zur Schweiz? – Spannung vor der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Wächtler
Das FG Baden-Württemberg hat dem EuGH mit Beschluss vom 14.06.2017 (2 K 2431/15) die bislang ungeklärte Frage vorgelegt, ob die im EU/EWR-Kontext geltenden Stundungsregelungen auch im Verhältnis zur Schweiz gelten müssen. Das FG bejahte diese Frage – im Einklang mit weiten Teilen der Literatur – auf Grundlage des zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossenen sog. Freizügigkeitsabkommens (FZA), welches 2002 in Kraft trat (hierzu bereits Escher, Steuerboard vom 08.11.2017). Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Picart vom 15.03.2018 (Rs. C-355/16, Picart) sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 27.09.2018 weisen in unterschiedliche Richtungen und lassen das Ergebnis des EuGH damit offener denn je erscheinen. » weiterlesen
§ 50d Abs. 3 EStG endgültig europarechtswidrig
Im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften wird nach § 50d Abs. 3 EStG die Erstattung von deutscher Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) auf Dividendenerträge versagt, wenn sie nicht die erheblichen Substanzerfordernisse der Regelung erfüllen. Zu dieser Regelung hatte der EuGH bereits mit Urteil vom 20.12.2017 (Rs. C-504/16 und C-613/16, RS1261217) entschieden, dass § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des JStG 2007 (anwendbar bis 2011) gegen EU-Recht verstößt (vgl. hierzu Sumalvico, Steuerboard vom 17.01.2017). Mit Beschluss vom 14.06.2018 (Rs. C-440/17, RS1275119) hat der EuGH nun auch die Europarechtswidrigkeit des § 50d Abs. 3 EStG in der aktuellen Fassung festgestellt. Entscheidender Grund hierfür ist erneut der unwiderlegbare pauschale Missbrauchsvorwurf der Regelung ohne vorausgehende Einzelfallprüfung. » weiterlesen
Das neue BMF-Schreiben zu § 50d Abs. 3 EStG in einem Wort zusammengefasst: Ungenügend!
Dividendenausschüttungen einer deutschen Kapitalgesellschaft an eine ausländische Kapitalgesellschaft unterliegen in Deutschland der Kapitalertragsteuer von 25% zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag hierauf (die effektive Steuerlast beträgt somit 26,375%). Unterliegt die die Dividende empfangende Kapitalgesellschaft in Deutschland der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht, so werden grundsätzlich zwei Fünftel der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer erstattet. Die effektive Steuerbelastung beträgt dann 16,375%. Durch die Zwischenschaltung einer Holdinggesellschaft und die entsprechende Umleitung der Dividende kann die Belastung mit deutscher Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) vermieden oder zumindest reduziert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen werden die Quellensteuerentlastungen in Deutschland jedoch nicht gewährt. Das BMF hat sich jüngst dazu geäußert, wie mit der Entlastung vom Steuerabzug vom Kapitalertrag bei ausländischen Gesellschaften umzugehen ist. » weiterlesen
25% oder 1,5% Steuer auf Inlandsdividenden? Das ist hier die Frage!
Die mit großer Spannung erwartete, am 04.04.2018 veröffentlichte BFH-Entscheidung I R 58/15 (DB 2018 S. 804) kann große praktische Bedeutung haben – so hoffen die einen und befürchten die anderen. Nach der Entscheidung mag das Schicksal des § 50d Abs. 3 EStG „auf dem Spiel stehen“. Bestenfalls droht „nur“ dessen Verschärfung? Vielleicht öffnete der BFH aber auch die Schleusen in ein ganz anderes Fahrwasser. » weiterlesen
Richtlinienentwurf für neue Besteuerungsregeln für Digitalunternehmen
Die Europäische Kommission hat am 21. März 2018 ihren Richtlinienentwurf für eine europäische Digitalsteuer vorgelegt. Bisher zahlen internationale Digitalkonzerne im europäischen Durchschnitt deutlich weniger Steuern als die analoge Wirtschaft. Mit einer Digitalsteuer will die EU internationale Technologiekonzerne wie Google, Amazon und Co. stärker zur Kasse bitten. » weiterlesen