Das FG Baden-Württemberg hat dem EuGH mit Beschluss vom 14.06.2017 (2 K 2431/15) die bislang ungeklärte Frage vorgelegt, ob die im EU/EWR-Kontext geltenden Stundungsregelungen auch im Verhältnis zur Schweiz gelten müssen. Das FG bejahte diese Frage – im Einklang mit weiten Teilen der Literatur – auf Grundlage des zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossenen sog. Freizügigkeitsabkommens (FZA), welches 2002 in Kraft trat (hierzu bereits Escher, Steuerboard vom 08.11.2017). Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Picart vom 15.03.2018 (Rs. C-355/16, Picart) sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet vom 27.09.2018 weisen in unterschiedliche Richtungen und lassen das Ergebnis des EuGH damit offener denn je erscheinen. » weiterlesen
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Wegzug natürlicher Personen – Steuerstundung auch bei Wegzug in die Schweiz?
Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, die Deutschland durch Wegzug den Rücken kehren möchten, sehen sich der Gefahr einer Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) ausgesetzt. Bei Wegzügen in EU-/EWR-Staaten kommen im Grundsatz großzügige Stundungsregelungen zur Anwendung, nicht aber bei Wegzügen in Drittstaaten. Das FG Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 14.06.2017 (2 K 2413/15) dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob im Fall eines Wegzugs in die Schweiz nicht dieselben Stundungsregeln gelten müssen wie bei Wegzügen in EU-/EWR-Staaten. » weiterlesen
Die Neufassung § 50i EStG oder: Zurück auf Start
Kaum eine Vorschrift des deutschen Steuerrechts wurde in den letzten Jahren so intensiv diskutiert und kritisiert wie § 50i EStG. Vor allem der weit überschließende Wortlaut des Absatzes 2 führte dazu, dass geplante Umwandlungen oder Nachfolgeregelungen bei Familienunternehmen mit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft als Obergesellschaft seit 2014 nicht mehr umgesetzt wurden. » weiterlesen
Entstrickungsbesteuerung bei Überführung von Wirtschaftsgütern ins Ausland: EuGH bestätigt Vereinbarkeit mit Unionsrecht
Im Zusammenhang mit der deutschen Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung wird aktuell vor allem über den Anwendungsbereich von § 50i EStG diskutiert. Während insofern weiterhin Unsicherheit besteht, hat der EuGH in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der deutschen Entstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG kürzlich Klarheit geschaffen. In seinem Urteil vom 21.05.2015 in der Rechtssache Verder LabTec GmbH & Co. KG ./. FA Hilden (Rs. C-657/13, DB0696766; vgl. hierzu auch Müller, DB0697811) hat er die Vereinbarkeit der Besteuerung bei der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte mit Unionsrecht bestätigt. » weiterlesen
Hoffnung auf Steuereinnahmen in Milliardenhöhe
Verhinderung von Steuerausfällen in Milliardenhöhe – so das ehrgeizige Ziel, das der Gesetzgeber mit § 50i EStG verfolgt. Worum geht es?
Nicht wenige Steuerinländer tragen sich mit Wegzugsgedanken. Das war vor Jahrzehnten nicht anders als heute. Die Gründe dafür sind vielfältig, nicht notwendigerweise steuergetrieben. Über die Jahrzehnte mögen sie gewechselt haben.
Halten Steuerinländer Anteile an Kapitalgesellschaften (> 1%) drohte und droht bei Wegzug eine Zwangsbesteuerung der stillen Reserven in den Anteilen – ohne Geldzufluss („Wegzugsbesteuerung“). Das ist bitter. Potenzielle Wegzügler mögen deshalb vor dem Wegzug ihre Anteile steuerneutral auf eine nur fiktiv gewerbliche, zumeist eine gewerbliche geprägte deutsche Personengesellschaft überführt haben. Hier schienen die Anteile in „sicherem Hafen“, weil weiterhin in Deutschland steuerverstrickt. Kompliziert war das nicht. Auch hatte es keine signifikanten Steuermehrbelastungen zur Folge. Es bestand kein Anlass mehr für die Wegzugsbesteuerung – so eine lange Zeit verbreitete Meinung. » weiterlesen
Wegzugsbesteuerung: Gilt § 6 AStG auch bei Veräußerungsverlusten?
Unterliegt eine Person mindestens zehn Jahre lang der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht und verändert diese Person Ihren Wohnsitz (bzw. Ansässigkeit) in der Weise, dass Deutschland das Recht verliert Gewinne aus der Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen zu besteuern, so kommt es im Zeitpunkt des Wegzugs zu einer fiktiven Realisierung von stillen Reserven in einer von dieser Person gehaltenen wesentlichen Beteiligung. Bei einem Umzug in ein anderes EU Land sowie bei einer vorrübergehenden Abwesenheit kann die hieraus geschuldete Steuer gestundet werden. Die Frage, ob diese fiktive Gewinnrealisierung auch dann gilt, wenn der Wert der wesentlichen Beteiligung gesunken ist, d. h. der Steuerpflichtige einen Verlust realisiert, würde man nach dem Rechtsgefühl wohl spontan bejahen. Ein Blick ins Gesetz, Literatur und Rechtsprechung belehrt jedoch eines Besseren.