Mindestlohn ohne Grenzen? – Haftung bei internationalen Verträgen

RAin/FAinArbR Sr. Susanne Mujan / RA Stefan Schulze, beide CMS Hasche Sigle, Düsseldorf

RAin/FAinArbR Dr. Susanne Mujan / RA Stefan Schulze, beide CMS Hasche Sigle, Düsseldorf

Der deutsche Mindestlohn wirkt sich stärker auf ausländische Unternehmen aus als üblicherweise angenommen. Sie müssen den Mindestlohn nicht nur an eigene Beschäftige zahlen, sondern sich auch Haftungsfragen bei internationalen Werk- und Serviceverträgen stellen. Betroffen sind damit auch alle internationalen Konzerne.

Hintergrund

Die Kernbotschaft des Mindestlohngesetzes (kurz: MiLoG) in § 20 ist eindeutig: Im Inland beschäftigten Arbeitnehmern ist der Mindestlohn zu zahlen, egal wo der Sitz des Arbeitgebers liegt. Weniger klar ist die Haftung für Subunternehmer (§ 13 MiLoG i.V.m. § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz). Ein Unternehmen, das ein anderes Unternehmen mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet verschuldensunabhängig auf Zahlung des Mindestlohnes gegenüber dessen (oder von weiteren Nachunternehmern eingesetzten) Arbeitnehmern, soweit diese den Mindestlohn nicht rechtzeitig oder vollständig erhalten. Zudem droht beim Einsatz von Subunternehmern, die keinen Mindestlohn zahlen, ein Bußgeld von bis zu 500.000 €. Ein Hinweis darauf, ob nur deutsche oder auch ausländische Unternehmen haften, fehlt.

Endet die Haftung an der Grenze?

Internationale Konzerne bündeln häufig zentrale Kompetenzen für den europäischen Markt, z.B. „Logistics“ in den Niederlanden. Haftet eine solche Zwischengesellschaft nun für den Mindestlohn der in Deutschland tätigen Arbeitnehmer eines Subunternehmers? Geklagt werden könnte wohl auch vor den deutschen Arbeitsgerichten.

Soweit ersichtlich hat sich noch kein Arbeitsgericht mit der Subunternehmerhaftung ausländischer Unternehmen befasst, die im Wesentlichen eine Frage des internationalen Privatrechts ist. Untersteht der Vertrag mit dem deutschen Subunternehmer der Rechtsordnung eines anderen EU-Mitgliedsstaats (für Dänemark gelten Besonderheiten), müsste es sich für eine Haftung des ausländischen Auftraggebers bei § 13 MiLoG um eine „Eingriffsnorm“ i.S.d. einschlägigen EU-Verordnung (Art. 9 „Rom-I“) handeln.

Eher nicht

Nur wenige arbeitsrechtliche Vorschriften werden bislang als Eingriffsnormen gehandelt. Bei der Subunternehmerhaftung kann man zwar u.a. einwenden, dass das Gesetz ausländische Unternehmen nicht direkt nennt und die Haftung dem Arbeitnehmer „nur“ eine zusätzliche Sicherheit vermittelt. Die stärkeren Argumente sprechen aber für die Charakterisierung als Eingriffsnorm, da

  • die Umgehung der ansonsten sehr strengen Haftung relativ einfach wäre,
  • die zumindest fahrlässige Beauftragung eines anderen Unternehmens, das entweder selbst den Mindestlohn nicht, nicht vollständig oder zu spät zahlt, oder einen weiteren Nachunternehmer einsetzt, bei dem dies der Fall ist, eine Ordnungswidrigkeit ist (§ 21 Abs. 2 MiLoG) und
  • die Haftung die Wirksamkeit des Mindestlohns verstärken soll, indem sie den Auftraggeber zu einer genauen Prüfung veranlasst, ob die von ihm beauftragten Unternehmen den Mindestlohn zahlen.

Fazit

Es spricht zum jetzigen Zeitpunkt viel dafür, dass die Subunternehmerhaftung auch ausländische Unternehmen trifft. Ihre Werk- und Service-Verträge sollten daher Vorkehrungen beinhalten, die Bußgelder vermeiden und die zivilrechtliche Haftungssituation verbessern.

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