Keine Doppelzahlung von Sozialplan- und Nachteilsausgleichsansprüchen bei Massenentlassungen

RA/FAArbR Dr. Henning Abraham, Partner, Lutz Abel, Hamburg

Nachteilsausgleichsansprüche spielen in der betrieblichen Praxis eine stark untergeordnete Rolle. Ein vor dem Bundesarbeitsgericht anhängiges Verfahren sowie vereinzelte Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte gaben zuletzt jedoch Anlass darüber nachzudenken, ob Nachteilsausgleichsansprüche jedenfalls bei Massenentlassungen zusätzlich zu Sozialplanansprüchen geltend gemacht werden können. Dies hätte dem Nachteilsausgleich möglicherweise noch einmal eine neue Dimension geben können. Zur Erleichterung des Arbeitgeberlagers hat das BAG derartigen Überlegungen jedoch einen Riegel vorgeschoben und entschieden, dass Nachteilsausgleichs- und Sozialplananspruch auch bei Massenentlassungen miteinander verrechnet und somit nicht kumulativ geltend gemacht werden können. » weiterlesen

Aufhebungsvertrag in Privatwohnung kann Gebot fairen Verhandelns missachten

RA/FAArbR Ralf-Dietrich Tiesler, Partner, Menold Bezler, Stuttgart

Das Widerrufsrecht beim Haustürgeschäft soll Verbraucher davor schützen, dass ein unüberlegt geschlossener Vertrag bindend wird. Das Bundesarbeitsgericht hat nun erneut bestätigt, dass die Verbraucherschutzregelungen der §§ 312 ff. BGB auf arbeitsrechtliche Verträge nicht anwendbar sind. Es hatte den Aufhebungsvertrag erstmals am „neuen“, 2014 reformierten Verbraucherschutzrecht zu messen, das u.a. den Anwendungsbereich des „Haustürgeschäfts“ erweitert hat. Wird der Arbeitnehmer beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags überrumpelt, sieht das BAG darin allerdings eine mögliche Missachtung des Gebots des fairen Verhandelns. Den Fall einer Reinigungskraft, die in ihrer Privatwohnung einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatte, wies das BAG mit dieser Begründung an die Vorinstanz zurück (BAG vom 07.02.2019 – 6 AZR 75/18). » weiterlesen

Der Nebel lichtet sich – Die Rechtsfragen zum Mindestlohn scheinen langsam geklärt

RA/FAArbR Dr. Sascha Grosjean, Dentons Europe LLP, Düsseldorf

Der Mindestlohn ist immer wieder Teil der politischen Diskussion, insbesondere dessen Höhe. Das Mindestlohngesetz trat vor bald fünf Jahren nach langen Diskussionen in Kraft, und der Mindestlohn betrug zunächst 8,50 Euro pro Arbeitsstunde. Inzwischen liegt er bei 9,19 Euro. Alles in bester Ordnung also? Die jüngste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30.01.2019 (5 AZR 556/17) bietet Gelegenheit für eine Zwischenbilanz. » weiterlesen

Rechte und Pflichten bei Abmahnungen – ein kontroverses Thema

RA/FAArbR Volker Serth, Kanzlei FPS, Frankfurt/M.

Kaum ein Bereich des Arbeitsrechts ist in der täglichen Praxis derart präsent und zugleich so mit „urbanen Mythen“ behaftet wie die Abmahnung. Hierzu gibt es allerdings eine ganze Reihe von Fehlvorstellungen, die einer Korrektur bedürfen.

Sinn einer Abmahnung ist es, auf das konkrete Fehlverhalten der Gegenseite hinzuweisen und sie unter Kündigungsandrohung vor einer Wiederholung zu warnen. Schon hieraus ergibt sich, dass auch ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber abmahnen kann. In der Regel erfolgt die Abmahnung jedoch arbeitgeberseitig. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer seinen arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis durch ein steuerbares Verhalten verletzt, wobei aber eine Wiederherstellung des Vertrauens zu erwarten ist. Im Umkehrschluss muss also nicht abgemahnt werden, wenn es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt. » weiterlesen

Sanierungskultur ohne Insolvenz-Stigma – Der präventive EU-Restrukturierungsrahmen

RA Dr. Daniel Weiß ist Partner bei Hengeler Mueller in Frankfurt/M.

EU-Parlament, Rat und Kommission haben sich Mitte Dezember vergangenen Jahres auf einen Kompromiss für den Richtlinienentwurf über präventive Restrukturierungsrahmen verständigt, dessen vollständiger Text vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist. Hiernach wurde der Entwurf der Kommission vom November 2016 in einer Reihe von Punkten geändert, die das breite Meinungsspektrum der Mitgliedstaaten in den vorausgegangenen Verhandlungen reflektieren. So kam etwa eine Regelung hinzu, die den Schutz von Arbeitnehmerrechten bezweckt. Stark umstritten war die verpflichtende Beteiligung eines Restrukturierungsverwalters. Nunmehr ist dies jedenfalls dann vorgesehen, soweit zur Wahrung der Interessen der Beteiligten erforderlich oder vom Schuldner oder einer Gläubigermehrheit beantragt. Die Mitgliedstaaten können weitere Fälle hinzufügen. Hinzugekommen ist auch eine weitergehende Absicherung gegen aussichtslose Sanierungsversuche.

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Hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf die private Handynummer des Arbeitnehmers und muss dieser immer erreichbar sein?

RA Dr. Christopher Wiencke, Dentons Europe LLP, Berlin

Heutzutage werden immer mehr Arbeitnehmer außerhalb ihrer Arbeitszeit von ihren Arbeitgebern kontaktiert. Zwar ist es in manchen Berufen – etwa bei Ärzten, Rechtsanwälten oder IT-Fachkräften – verbreitet und oft auch erforderlich, immer erreichbar zu sein. Aber sind Arbeitnehmer tatsächlich hierzu verpflichtet und hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf die private Handynummer seines Mitarbeiters? » weiterlesen

Fachkräfteeinwanderungsgesetz – eine Bestandsaufnahme

RA Dr. Gunther Mävers, Maître en droit (Aix-en-Provence), michels.pmks Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Köln

Am 19.12.2018 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes verabschiedet, der am 04.01.2019 dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet worden ist (BR-Drucks. 7/19). Bereits im Koalitionsvertrag vom 04.03.2018 hatte sich die Große Koalition unter der Überschrift „Wir regeln die Zuwanderung von Fachkräften“ folgendes vorgenommen: „Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das den steigenden Bedarf an Fachkräften durch Erwerbsmigration neu und transparent regelt. Orientierung sowohl an volkswirtschaftlichen Erfordernissen als auch an Qualifikation, Alter, Sprache, Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und Sicherung des Lebensunterhalts.“ Nach der Vorlage von ersten konkreten Vorschlägen in einem Eckpunktepapier im August 2018 durch das federführende Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (unter dem Titel „Eckpunkte zum kohärenten Ansatz Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten“) und einer sich in den Folgemonaten anschließenden kontroversen Diskussion kommt der Gesetzgeber diesem Regelungsauftrag nun nach. » weiterlesen

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz: Reform mit Anlaufschwierigkeiten

RA Dr. Thomas Frank, Mitglied der Praxisgruppe Pensions im Münchner Büro der internationalen Kanzlei Hogan Lovells

Seit einem Jahr gelten in der betrieblichen Altersversorgung die Änderungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, doch die Euphorie ist abgeebbt. Die großzügig den Tarifvertragsparteien eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten wurden bislang nicht genutzt. So verharrt insbesondere die Beitragszusage im Sozialpartnermodell, welche die Diskussion im Gesetzgebungsverfahren maßgeblich bestimmt hat, weiterhin in den Startlöchern. Auch Optionssysteme und der bAV-Förderbetrag zu Gunsten von Geringverdienern haben noch nicht den gewünschten Verbreitungseffekt erzielt. Der Kern des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist bislang nicht in der Praxis angekommen. Zumindest kommen Arbeitgeber ab dem 01.01.2019 nicht mehr um den Zuschuss zur Entgeltumwandlung herum. » weiterlesen

Beschäftigung von Arbeitnehmern über die Regelaltersgrenze hinaus

RA/FAArbR Dr. Markus Diepold, Partner bei Dentons Europe LLP

Mit der Entscheidung vom 19.12.2018 hat das Bundesarbeitsgericht eine angesichts des Fachkräftemangels, des demographischen Wandels und der drohenden Altersarmut für viele Unternehmen und Arbeitnehmer wichtige Entscheidung getroffen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass ein ursprünglich nur bis zur Regelaltersgrenze vereinbartes Arbeitsverhältnis über die Regelaltersgrenze hinaus befristet fortgesetzt werden kann. » weiterlesen

Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie: Die Reform im Hintergrund

RA Dr. Thomas Frank, Mitglied der Praxisgruppe Pensions im Münchner Büro der internationalen Kanzlei Hogan Lovells

Im Schatten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes wird das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie oft vernachlässigt. Auch dieses hat zum 01.01.2018 zahlreiche Änderungen für die betriebliche Altersversorgung gebracht. Das Schattendasein verwundert, weil einige Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie für die Praxis sehr wichtig sind. Denn Anwartschaften unterliegen seit dem 01.01.2018 auch nach dem Ausscheiden einer Anpassung. Zudem wurden die Auskunftspflichten der Arbeitgeber ausführlich im Gesetz geregelt. Zu beachten sind außerdem neue Altersgrenze in Betriebsrenten- und Steuerrecht. » weiterlesen