Mehr Rechtssicherheit bei der Einziehung von Geschäftsanteilen

RA Eike Fietz, Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

Die Zwangseinziehung von GmbH-Geschäftsanteilen stellt die die Einziehung betreibenden Gesellschafter immer wieder vor ganz erhebliche Hürden. Davon liegen zwei ganz wesentliche Problempunkte im Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters begründet: Zunächst muss die Gesellschaft in der Lage sein, den zu zahlenden Betrag aus freien Mittel zu leisten, die nicht der Kapitalbindung des § 30 Abs. 1 GmbHG unterliegen (§ 34 Abs. 3 GmbHG). Andernfalls ist der Einziehungsbeschluss bereits entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Ferner gingen die Rechtsprechung und weite Teile der schreibenden Fachwelt über Jahrzehnte davon aus, dass die Zahlung unter Beachtung dieser Vorgabe auch tatsächlich erfolgen muss, damit der Beschluss überhaupt wirksam wird.
Die Notwendigkeit dieser Anforderung hatte eine Reihe von Autoren bereits länger bezweifelt. Der BGH hat nun mit Urteil vom 24. 1. 2012 – II ZR 109/11, DB 2012 S. 504 entschieden, dass ein (nicht nichtiger) Einziehungsbeschluss bereits mit seiner Bekanntgabe gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter wirksam wird. Der II. Zivilsenat erleichtert damit die Einziehung von Geschäftsanteilen und das Loswerden unliebsamer Gesellschafter ganz erheblich.

Konzernhaftung für Joint Ventures nach EU-Kartellrecht

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery Belgium LLP, Brüssel

Das Europäische Gericht hat eine Entscheidung der Europäischen Kommission bestätigt, wonach die Chemieunternehmen El du Pont de Nemours und Dow Chemical gesamtschuldnerisch für eine Strafe i. H. von € 44.25 Mio. haftbar sind, welche aufgrund von wettbewerbswidrigem Verhalten gegen ihr 50/50-Gemeinschaftsunternehmen DDE verhängt wurde (EI du Pont de Nemours and Company v Commission T-76/08 and The Dow Chemical Company v Commission T-77/08). Das Urteil ist von erheblicher Bedeutung für die Praxis, da es der Kommission erleichtern wird, die Haftung von Muttergesellschaften für ihre 50/50-Gemeinschaftsunternehmen zu begründen.

Nach EU-Kartellrecht kann das wettbewerbswidrige Verhalten eines rechtlich selbstständigen Tochterunternehmens dem Mutterunternehmen zugerechnet werden, wenn das Mutterunternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten des Tochterunternehmens ausübt. In solchen Situationen bestimmt das Tochterunternehmen sein Verhalten in wesentlichen Punkten nicht selbstständig, sondern führt lediglich Anweisungen des Mutterunternehmens aus. Bei hundertprozentigen Tochtergesellschaften gilt die widerlegliche Vermutung, dass das Mutterunternehmen nicht nur theoretisch einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten des Tochterunternehmens ausüben kann, sondern auch tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.

» weiterlesen

BGH stärkt Stellung des Geschäftsführers bei Haftungsfällen aus fehlerhafter Steuerberatung

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Die Haftung und Haftungsbeschränkung von Geschäftsführern ist immer wieder Gegenstand von Rechtsprechung und Literatur. Wird ein Mitglied der Geschäftsführung in Anspruch genommen, so stellt sich für ihn bzw. sie die Frage, ob er oder sie Berater der GmbH in Anspruch nehmen kann, wenn diese falsch beraten haben und die Haftung der Geschäftsführung darauf beruht. Dies ist selbstverständlich dann der Fall, wenn direkt mit dem Geschäftsführer ein Beratungsmandat abgeschlossen wurde. Allerdings ist dies in den seltensten Fällen so, vielmehr wird in aller Regel der Beratungsvertrag mit der GmbH geschlossen, für die das Mitglied der Geschäftsführung als Organ tätig ist. Fraglich ist daher, ob über die Konstruktion des „Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ ein Rückgriff des in Anspruch genommen Geschäftsführers gegenüber den Beratern möglich ist.

» weiterlesen

Unterbeteiligungen als Schenkung unter Lebenden

RA/StB/FBIStR Prof. Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg

Am 29. 11. 2011 hat der BGH (II ZR 306/09, DB 2012 S. 394) entschieden, dass die Einräumung von Unterbeteiligungen an einer Gesellschaft, die aufschiebend bedingt auf den Tod des Gesellschafters geschieht, eine Schenkung unter Lebenden darstellt und nicht in den Nachlass fällt, da die Zuwendung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages, durch den die jeweilige Unterbeteiligung entsteht, vollzogen ist i. S. von §§ 2301 Abs. 2, 518 Abs. 2 BGB.

Anlass für diese Entscheidung war der Streit über den Nachlass des Suhrkamp-Verlegers Siegfried Unseld. Dieser hatte im Jahre 2001 in einem notariellen Vertrag die folgende Regelung getroffen: Die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung wurde als seine Alleinerbin eingesetzt. Außerdem wurde einer weiteren Stiftung, der Siegfried Unseld Stiftung, unentgeltlich und aufschiebend bedingt auf seinen Todesfall diverse Unterbeteiligungen i. H. von je 30% an anderen zugehörigen Gesellschaften eingeräumt. Nach seinem Tode ein Jahr später kam es zum Streit darüber, ob es sich bei diesem Rechtsgeschäft um eine Schenkung unter Lebenden handelt oder eine Verfügung von Todes wegen, d. h. ob die Beteiligungen letztendlich in den Nachlass fallen und dementsprechend einen höheren Pflichtteilsanspruch auslösen. » weiterlesen

Dem Arbeitgeber wird ein Recht zur Frage nach einer Schwerbehinderung zugestanden – Jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis

RA/FAArbR Klaus Heeke, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Spätestens seit dem in Kraft treten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Arbeitgeber das Recht zusteht, den Kandidaten/Bewerber und/oder den Arbeitnehmer nach einer Schwerbehinderung zu fragen, immer wieder intensiv diskutiert worden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gesteht einem Arbeitgeber in einer aktuellen Entscheidung – unter der Voraussetzung, dass bestimmte Bedingungen erfüllt werden – jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis das Recht zu, den Arbeitnehmer nach einer etwaig bestehenden Schwerbehinderung zu befragen. » weiterlesen

Betriebsübergang und Informationsschreiben – Verwirkung oft die letzte Rettung des Arbeitgebers

Cornelia Schmid, Rechtsanwältin, Attorney at Law, FAinArbR, Associate Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

In der Terminübersicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 26. 1. 2012 wurde noch eine anstehende Entscheidung zum Betriebsübergang mit den Einzelthemen „Verwirkung des Widerspruchsrechts“ und „ordnungsgemäße Unterrichtung“ angekündigt. Zu einer Entscheidung kam es laut Pressemitteilung des BAG Nr. 7/12 nicht mehr, da die Parteien die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung durch Vergleich erledigt haben.

Zwar ist bereits mit dem Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze zum 1. 4. 2002 die Regelung des § 613a Abs. 5 BGB (Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers) sowie Abs. 6 BGB (Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers) in Kraft getreten. Bis heute beschäftigen aber die erforderlichen Inhalte des Unterrichtungsschreibens und Widerspruchsmöglichkeiten des Arbeitnehmers die Arbeitsgerichte bis in die höchste Instanz. Nach den oben genannten Regelungen setzt erst eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitgebers über den Betriebsübergang die Frist für den Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von einem Monat in Gang. » weiterlesen

Due Diligence – Mitwirkungspflichten der Gesellschafter?

RA Peter Homberg, Partner bei Raupach & Wollert-Elmendorff

Bei Unternehmenskäufen wird heute in den meisten Fällen eine Due Diligence Prüfung durchgeführt. Dies betrifft sowohl sog. Share Deals, d.h. den Erwerb von Geschäftsanteilen, als auch sog. Asset Deals, d. h. den Erwerb eines überwiegenden Teils des Betriebsvermögens. Wörtlich bedeutet „Due Diligence“, ein aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht stammender Begriff, „die gebotene Sorgfalt“. In der Praxis versteht man darunter, dass dem Käufer des Unternehmens detaillierte und ausführliche Informationen über das Unternehmen zur Vorbereitung des Unternehmenskaufs zur Verfügung gestellt werden. Der Übernehmer wird dann nach dieser Analyse der Betriebs- und Geschäftsdaten die Werthaltigkeit des Unternehmens als auch mögliche Risiken bewerten und in das Kaufpreisangebot einfließen lassen. 

Soweit es sich bei der Zielgesellschaft um eine Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern handelt und sich alle Gesellschafter über die Einleitung eines Verkaufsprozesses einig sind, gibt es in der Regel keine Probleme. Rechtliche Probleme ergeben sich jedoch beispielsweise dann, wenn nicht alle Gesellschafter ihre Anteile veräußern möchten, sondern wenn nur ein Teil der Gesellschafter möglicherweise auch nur Minderheitsgesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft an einen Dritten veräußern will. In dieser Konstellation stellt sich insbesondere auch die Frage der Mitwirkungspflicht der Geschäftsführung und der übrigen Gesellschafter bei der Vorbereitung und Durchführung eines Due Diligence Prozesses, da ein potentieller Erwerber auch bei dem Erwerb von Minderheitsanteilen in aller Regel zumindest eine eingeschränkte Due Diligence durchführen möchte (eingehend dazu Mielke/Molz, DB 2008 S. 1955 ff.).  

» weiterlesen

BAG bestätigt uneingeschränktes Überwachungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Eingliederungsmanagement

RA, FAArbR, Solicitor (England & Wales) Tobias Neufeld, LL.M., Partner, Allen & Overy LLP, Düsseldorf

Wie aus einer Pressemitteilung des BAG vom 7. 2. 2012 ersichtlich, hat das BAG mit Beschluss vom 7. 2. 2012 (- 1 ABR 46/10, DB0466488) entschieden, dass der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber aus einer Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) einen Informationsanspruch auf Angabe derjenigen Mitarbeiter hat, die für die Durchführung eines bEM in Betracht kommen. Der Arbeitgeber darf die Benennung der Mitarbeiter nicht von deren Einverständnis abhängig machen. Das gesetzliche Überwachungsrecht des Betriebsrats im Rahmen des bEM ist nicht aus datenschutzrechtlichen oder europarechtlichen Gründen eingeschränkt. » weiterlesen

Anspruch der Aktionäre auf Einschreiten der BaFin?

RA Dr. Philipp Derst, Associate, Baker & McKenzie, Düsseldorf

RA Dr. Philipp Derst, Associate, Baker & McKenzie, Düsseldorf

Wer die Kontrolle über eine börsennotierte Aktiengesellschaft erlangt, hat den übrigen Aktionären ein Angebot auf Erwerb ihrer Aktien, ein sog. Pflichtangebot nach § 35 WpÜG zu unterbreiten. Doch was geschieht, wenn der Bieter die Abgabe eines Pflichtangebots pflichtwidrig unterlässt und die BaFin nicht einschreitet, da sie fälschlicherweise davon ausgeht, die Voraussetzungen der Angebotspflicht bzw. der Kontrollerlangung lägen nicht vor? Können die Aktionäre der Zielgesellschaft von der BaFin ein Einschreiten gegen den säumigen Bieter verlangen?

» weiterlesen

Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes

RA Dr. Rüdiger Schmidt-Bendun, Associate, Shearman & Sterling LLP, Düsseldorf

Kürzlich hat die Bundesregierung ihren Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (RegE bzw. KapMuG-E) beschlossen (BR-Drucks. 851/11) und beabsichtigt damit das KapMuG dauerhaft in die deutsche Rechtsordnung zu implementieren.

Das KapMuG wurde im Jahr 2005 zunächst als „Experimentiergesetz“ mit einer Geltungsdauer von fünf Jahren geschaffen, um Massenverfahren zu bewältigen, in denen es eine Vielzahl vermeintlich geschädigter Anleger gibt, die oftmals nur einen geringen Schaden erlitten haben. Auch wenn der Bedarf für ein Instrument zur kollektiven Rechtsdurchsetzung schon längere Zeit diskutiert wurde, war letztlich das sog. Telekom-Verfahren und die damit einhergehende Überlastung des LG Frankfurt am Main Auslöser für die Schaffung des KapMuG. Denn in dem Verfahren haben zwischen 2001 und 2002 rund 17.000 Anleger wegen eines angeblich fehlerhaften Börsenprospekts im Zusammenhang mit dem dritten Börsengang Klage gegen die Deutsche Telekom AG eingereicht. Ziel des KapMuG war und ist es daher, gleichgerichtete Ansprüche von Anlegern zu bündeln und somit eine effektive Klärung kapitalmarktrechtlicher Streitigkeiten zu erreichen.

» weiterlesen