Informationsanspruch des Betriebsrats auf namentliche Nennung von schwangeren Arbeitnehmerinnen

RAin Aziza Yakhloufi, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Rödl & Partner, Eschborn

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat Schwangerschaften von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen mitzuteilen, die der Informationsweitergabe an den Betriebsrat widersprochen haben (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.04.2019 – 1 ABR 51/17).

Dem Verfahren liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen seines Betriebs im Falle einer Schwangerschaft die Möglichkeit eingeräumt hat, der Weitergabe der Information an den Betriebsrat zu widersprechen. Hierzu erhalten die schwangeren Arbeitnehmerinnen ein Musteranschreiben, in dem ihnen eine 2-Wochen-Frist zwecks etwaigen Widerspruchs eingeräumt wird. » weiterlesen

Neues zum Missbrauch der Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers

Der BGH hat in einem neuen Urteil (v. 8.1.2019, II ZR 364/18, DB 2019, 776) sehr bedeutsame Aussagen für die Transaktionspraxis getroffen. Wer das Unternehmen einer GmbH von deren Geschäftsführer erwirbt (asset deal), den trifft eine „Erkundigungsobliegenheit“ (Rn. 42), ob die Gesellschafter diesem Geschäft auch zugestimmt haben. Sonst kann es sein, dass die Transaktion nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht scheitert. Wäre § 179a AktG entsprechend bei der GmbH anzuwenden, würde der Erwerb schon wegen der fehlenden Vertretungsmacht des Geschäftsführers fehlgehen. Doch diese Analogie hat der BGH ausführlich mit überzeugenden Gründen abgelehnt.

Über die Veräußerung des Unternehmens, mithin des gesamten Vermögens der GmbH, haben die Gesellschafter zu beschließen. Den Geschäftsführer trifft eine Vorlagepflicht an die Gesellschafterversammlung, wenn eine solche gravierende Maßnahme im Raum steht. Wird diese Pflicht missachtet, fehlt es an der Geschäftsführungsbefugnis für die Unternehmensveräußerung. Die Vertretungsmacht bleibt formal bestehen, doch mit der Figur des Missbrauchs der Vertretungsmacht kommt man in der Regel zum selben Ergebnis wie bei analoger Anwendung des § 179a AktG: „Einem verständigen Vertragspartner muss klar sein, dass der Geschäftsführer die GmbH nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter unternehmenslos stellen kann.“ (Rn. 41).

So weit so gut. Doch was gilt, wenn es nicht um das Unternehmen als Ganzes, sondern um einzelne wichtige Unternehmensgegenstände geht? » weiterlesen

The Road to RegTech: Zur Fortentwicklung der datengestützten Wirtschaft durch das Europarecht

Prof. Dr. Dirk Zetzsche, LL.M., Universität Luxembourg

Regulatory Technologies (RegTech) sind die Antwort auf eine intensivierte Regelsetzung, die namentlich das Finanzmarktrecht, jedoch auch sämtliche anderen Bereiche des Wirtschaftsrechts erfasst. Gemeint ist die technisierte statt von Menschen veranlasste Berichterstattung im Unternehmen und an Aufsichtsbehörden. Betrachtet man die europäische Rechtspolitik des letzten Jahrzehnts, ist auffällig, wie wenig über RegTech zu lesen ist. Das erste namhafte Strategiedokument, in dem RegTech zu einem Regulierungsziel erhoben wird, ist – soweit ersichtlich – der Fintech Aktionsplan der EU-Kommission vom März 2018.

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BAG zum Urlaubsanspruch während der Elternzeit

RA/FAArbR Volker Serth, Kanzlei FPS, Frankfurt/M.

Erneut hatte sich das BAG mit einer Rechtsfrage bezüglich des Erholungsurlaubs zu befassen. Konkret ging es in dem Urteil vom 19.03.2019 um die Frage, ob der in der Elternzeit entstandene Anspruch auf Erholungsurlaub auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG durch den Arbeitgeber gekürzt werden darf. » weiterlesen

Wider dem Azubi-Mangel: Höhere Zuschüsse für Auszubildende beschlossen

RA/FAArbR Dr. Christoph Kurzböck, Rödl & Partner, Nürnberg

Am 13.03.2019 hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe sowie des Ausbildungsgeldes verabschiedet. Mit diesem Gesetz werden die Bedarfssätze und Freibeträge zugunsten der Auszubildenden aufgestockt. Zudem wurden die bisherigen komplexen Regelungen, die Auszubildende oftmals von einer Antragstellung abgehalten haben, durch einfachere, transparentere und gerechtere Regelungen ersetzt. Das Gesetz tritt zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 01.08.2019 in Kraft. » weiterlesen

Brexit – Kann der englische Arbeitsmarkt eine Rekrutierungsquelle für deutsche Unternehmer sein?

RA Dr. Hans-Hermann Aldenhoff, Partner bei Simmons & Simmons, Düsseldorf/Frankfurt/München

Nichts ist so unsicher wie der Brexit – kommt er überhaupt, wann und in welcher Ausprägung. Sicher ist indes, dass viele Briten mit Sorge der weiteren Entwicklung auf dem heimischen Arbeitsmarkt entgegensehen, während in Deutschland zunehmender Fachkräftemangel herrscht. Damit stellt sich die Frage, wie im Falle eines zunehmend wahrscheinlichen harten Brexit mit Bewerbern aus UK umzugehen wäre.

Ein harter Brexit hätte zur Folge, dass das Unionsrecht keine Anwendung mehr auf das Vereinigte Königreich fände und für britische Staatsangehörige die EU-Freiheiten der Niederlassungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit der Vergangenheit angehören würden. » weiterlesen

Behandlung von Schadensersatzansprüchen aus Cum-/Ex-Geschäften

RA Dr. Jörg Schwerdtfeger, PwC Legal, Frankfurt/M

Die steuerlich brisanten Cum-/Ex-Geschäfte der Vergangenheit werden derzeit auch zivilrechtlich aufgearbeitet. Je nach Konstellation könnten den Vertragsparteien Schadensersatzansprüche zustehen. Angesichts der mehrstelligen Millionenbeträge sollten etwaige Ansprüche und Verjährungsfristen untersucht werden. Anderenfalls könnten sich Geschäftsleitungen selbst einem Vorwurf treuwidrigen Verhaltens aussetzen.

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Digitalisierung der Aktie

Die Bundesregierung will ermöglichen, dass Schuldverschreibungen künftig elektronisch begeben und verwahrt werden. Ein begrüßenswertes Vorhaben – jedoch „die Regulierung von elektronischen Aktien soll ggf. zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.“ (Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren v. 7.3.2019).

Für Börse und Banken ist die Aktie heute schon ein Digitalisat. Es werden keine Papiere bewegt, sondern Posten auf Konten. Rechtlicher Fixpunkt ist freilich noch die Sammelurkunde, die beim Zentralverwahrer hinterlegt ist. Davon leitet sich eine Verwahrkette ab, die über die Depotbanken (= Intermediäre) zum Aktionär führt. Eine Aktie bekommt der Aktionär allerdings nicht zu Gesicht, sondern nur einen „Nachweis des Anteilsbesitzes“ (§ 123 IV AktG), ausgestellt von seiner Bank bei Inhaberaktien, bei Namensaktien genügt für die Aktionärsstellung gegenüber der Gesellschaft die Eintragung im Aktienregister (§ 67 II AktG). Die Aktie ist in beiden Fällen praktisch ein elektronisch verbuchtes Wertrecht. » weiterlesen

Debatte über Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche nimmt Fahrt auf

RAin/FAinArbR Aziza Yakhloufi, Rödl & Partner, Eschborn

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Einführung der Nachunternehmerhaftung für Betriebe der Paketbranche. Auch wenn der Gesetzesvorschlag noch nicht vorliegt, ist bereits eine rege Debatte über die Zweckmäßigkeit eines solchen Gesetzes entbrannt.

Das Thema der Nachunternehmerhaftung ist von großer praktischer Relevanz, da der Markt für Paketdienste permanent – nicht zuletzt aufgrund des stetig zunehmenden Onlinehandels – wächst. Von den fünf großen Paketdiensten (DHL, Hermes, DPD, UPS, GLS) beschäftigen Medienberichten zufolge lediglich der Marktführer DHL sowie UPS überwiegend eigene Zusteller. Bei den übrigen Betrieben wird die Paketzustellung vornehmlich durch Subunternehmen abgewickelt. » weiterlesen