LAG Nürnberg: Kann der Betriebsrat die Einigungsstelle mit ausschließlich Externen besetzen?

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

Einigungsstellen haben bei vielen Arbeitgebern den Ruf, (unnötig) teuer zu sein. Schließlich fallen immer Kosten für die Person der/des Einigungsstellenvorsitzes an; lassen sich die Betriebspartner Betriebsrat und Geschäftsführung in der Einigungsstelle nicht nur durch Betriebsinterne, sondern (auch) durch Externe (bspw. Rechtsanwalt, Gewerkschaftsvertreter, Sachverständige) vertreten, kommen auch deren Kosten hinzu. » weiterlesen

Konfession soll kein grundsätzliches Ausschlusskriterium bei Jobsuche mehr sein

RA/FAArbR Manuel Klingenberg, Rödl & Partner, Eschborn

Dürfen Kirchen bei Stellenbesetzungen Bewerber ohne Religionszugehörigkeit benachteiligen? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich derzeit der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Vorlageentscheidung durch das Bundesarbeitsgericht. Es geht um die Schadensersatzklage einer Stellenbewerberin für eine Position bei einer Diakonie. Der Klägerin war trotz Qualifikation abgelehnt worden und beklagt eine Diskriminierung, da sie konfessionslos ist. Die beklagte Diakonie beruft sich derweil auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche. Noch muss der EuGH final entscheiden – aber klar ist bereits jetzt, dass die Entscheidung weitreichende Bedeutung für alle kirchlichen und kirchennahen Arbeitgeber haben wird. Unter kirchennahe Arbeitgeber fallen zum Beispiel kirchliche Orden ebenso wie karitative Unternehmen und kirchliche Bildungseinrichtungen (etwa Caritas, Diakonie). » weiterlesen

Viel Lärm um nichts? Zwölf Tage Arbeit am Stück sind laut EuGH-Urteil rechtens

RAin/FAinArbR Amelie Bernardi, Kanzlei FPS, Frankfurt/M.

Länger als fünf oder sechs Tage in der Woche arbeiten, ohne zwischendurch einen Tag frei zu haben – ist das überhaupt zulässig? Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass ihnen innerhalb einer Woche mindestens ein Ruhetag gewährt werden müsse. Dass dies aber gar nicht so ist, bestätigte nun auch der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung vom 09.11.2017 (EuGH – Rs. C 306/16). Er hat klargestellt, dass es rechtens ist, einen Arbeitnehmer bis zu zwölf Tage hintereinander arbeiten zu lassen – wenn er zum Beispiel den ersten Ruhetag zu Beginn der Arbeitswoche nimmt und der nächste Ruhetag erst am Ende der darauffolgenden Arbeitswoche liegt. » weiterlesen

BAG: Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz – Ende des „Highlander-Prinzips“?

RA/FAArbR Bernd Weller, Partner bei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK, Frankfurt/M.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats haben in den letzten Jahren und v.a. Monaten verstärkt die Gerichte beschäftigt. Dabei stritten die Landesarbeitsgerichte (siehe auch Bernd Weller, Handelsblatt Rechtsboard vom 27.06.2016) auf Basis durchaus gegenläufiger Standpunkte – die einen Gerichte hielten die Betriebsräte für „allzuständig“ und insbesondere dazu berechtigt, allgemeine Beschäftigungsbedingungen festzulegen, andere Gerichte hingegen sahen die Systematik des BetrVG durch eine derart weite Auslegung bedroht und forderten die Feststellung konkreter Gesundheitsgefahren vor dem Eingreifen erzwingbarer Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. » weiterlesen

Digitale Weiterbildung – Neue arbeitsrechtliche Herausforderungen für Arbeitnehmer oder „Unwissenheit ist freiwilliges Unglück”

Prof. Dr. Wolfgang Kleinebrink, VBU®, Textilakademie NRW gGmbH, Honorarprofessor an der Hochschule Niederrhein

Die Digitalisierung der Arbeitswelt kann aus mehreren Gründen einen Weiterbildungsbedarf bei Arbeitnehmern auslösen. Der Arbeitgeber muss aber nicht jede Weiterbildung ermöglichen. Scheitert sie, droht Arbeitnehmern außerdem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sodass sie gefordert sind.

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Neues zum Mindestlohn vom BAG: Entgeltfortzahlung, Nachtarbeitszuschlag und Urlaubsgeld

RAin/FAinArbR Dr. Alexandra Henkel, Kanzlei FPS, Berlin

Seit Geltung des Mindestlohns ab 2015 musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) immer wieder Grundsatzentscheidungen zur Auslegung des Gesetzes treffen. Nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns, der derzeit bei 8,84 € brutto pro Stunde liegt, durch den Arbeitgeber. » weiterlesen

Das Schicksal der Tarifeinheit ist ungewiss

Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch, Leiter der Forschungsstelle für Hochschularbeitsrecht an der Universität Freiburg und Rechtsanwalt in Lahr

Zentrale Vorschrift der gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit ist die Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 Satz 2 Tarifvertragsgesetz (TVG). Nach ihr sind im Falle kollidierender Tarifverträge im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat. Eben diese Vorschrift hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 11.07.2017 (1 BvR 1571/15 u.a.) für verfassungswidrig erklärt: § 4a TVG sei mit Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes insoweit nicht vereinbar, als es an Vorkehrungen fehle, die sicherstellen, dass die Interessen der Berufsgruppen, deren Tarifvertrag nach § 4a Absatz 2 Satz 2 TVG verdrängt wird, im verdrängenden Tarifvertrag hinreichend berücksichtigt werden. » weiterlesen

Leiharbeit: Kein Einsatzverbot bei rechtswidrigen Streiks

Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch, Leiter der Forschungsstelle für Hochschularbeitsrecht an der Universität Freiburg und Rechtsanwalt in Lahr

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bestimmt seit jeher, dass Leiharbeitnehmer nicht verpflichtet sind, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. Leiharbeitnehmer sollen nicht gezwungen sein, in einem Arbeitskampf als Streikbrecher tätig zu werden und damit die Arbeitskampfparität zulasten der streikführenden Gewerkschaft zu verschieben.

Die am 1. April 2017 in Kraft getretene Neufassung des AÜG hat dieses Leistungsverweigerungsrecht des Leiharbeitnehmers durch ein an den Entleiher gerichtetes Einsatzverbot ergänzt. Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG darf dieser Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist. » weiterlesen

Neues zur Leistungsverweigerung bei unbilligen Weisungen

RA Dr. Rüdiger Hopfe, Partner, SCHWEIBERT LESSMANN, Frankfurt/Main

In seinem auch von der Tagespresse beachteten Beschluss vom 14.06.2017 (Az. 10 AZR 330/16, liegt als Pressemitteilung vor) hat der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des § 106 GewO eine unbillige Weisung des Arbeitgebers nicht befolgen muss, wenn keine rechtskräftige Entscheidung eines Arbeitsgerichtes zur Rechtmäßigkeit der Weisung vorliegt. Da hierin eine Abweichung von der Rechtsprechung des 5. Senats (vgl. Urteil vom 22.02.2012 – 5 AZR 249/11) liegt, hat der 10. Senat bei diesem angefragt, ob der 5. Senat an seiner Rechtsprechung festhält. Sollte der 5. Senat sich der Auffassung des 10. Senats nicht anschließen, muss der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts die Rechtsfrage nach § 45 Abs. 2, 3 Satz 1 ArbGG entscheiden. » weiterlesen

Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder – mit einem Bein im Gefängnis?

RA/FAArbR Prof. Dr. Michael Kliemt, Partner, Kliemt & Vollstädt, Düsseldorf

Die Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder ist zunehmend Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen und öffentlichkeitswirksamer strafrechtlicher Ermittlungen. Im schlimmsten Fall drohen den zuständigen Unternehmensorganen empfindliche Sanktionen – bei Untreue u.U. sogar eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Trotz dieser schwerwiegenden Konsequenzen sind gesetzlichen Vorgaben für die Beurteilung, wann eine unzulässige Begünstigung vorliegt, wenig konkret: Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden; nach § 37 Abs. 4 Satz BetrVG darf deren Vergütung nicht geringer bemessen sein, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung.

Doch welche Arbeitnehmer sind vergleichbar? Welche berufliche Entwicklung ist betriebsüblich? Wäre ein Mitarbeiter – wenn er für die Betriebsratstätigkeit nicht freigestellt gewesen wäre – befördert worden? » weiterlesen