Will sich ein Unternehmen von freiwilligen Leistungen aus einer Betriebsvereinbarung lösen, ist dies durch Kündigung grundsätzlich möglich. Selbst nach einem Betriebsübergang kann der Erwerber eine solche Betriebsvereinbarung kündigen, auch wenn diese infolge des Betriebsübergangs zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden ist, also nicht mehr kollektiv-rechtlich als Betriebsvereinbarung gilt. Doch muss die Leistung vollständig eingestellt werden. Andernfalls kann eine gekündigte Betriebsvereinbarung nachwirken, was ein zusätzliches Haftungsrisiko birgt, insbesondere wenn eine Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung gekündigt wird. » weiterlesen
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Es wird komplizierter: bAV im Betriebsübergang – BAG schützt Versorgungsrechte übergehender Arbeitnehmer
Wird eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung durch Betriebsvereinbarung geändert, sind Versorgungsberechtigte vor Eingriffen geschützt. Die Rechtsprechung prüft Eingriffe an den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 22.10.2019 (3 AZR 429/18) festgestellt hat, gilt dies auch dann, wenn nach einem Betriebsübergang nicht mehr die Versorgungsordnung des Veräußerers Anwendung fände, sondern eine ungünstigere Versorgungsordnung des Erwerbers. Dem Kläger stand daher eine höhere Betriebsrente zu, weil für ihn auch nach einem Betriebsübergang weiterhin die günstigere Versorgungsordnung des Veräußerers galt. Die Richter sahen keine rechtfertigenden Gründe für einen Eingriff in die Versorgungsrechte des Klägers. Das BAG hat den Rechtsstreit an das LAG Niedersachsen zurückverwiesen, damit dieses die korrekte Höhe der Betriebsrente ermittelt. » weiterlesen
Deutsche Post folgt dem Trend zum Gemeinschaftsbetrieb
Die Deutsche Post AG plant offenbar, ihre „Billig-Töchter“ in den eigenen Betrieb einzugliedern. Die Mitarbeiter der Tochtergesellschaften sollen aber weiterhin nicht unter den Haustarifvertrag der Post fallen. Die Kritik der Gewerkschaften daran ist deutlich zu vernehmen.
Die Post hatte im Jahr 2015 regionale Tochtergesellschaften (jeweils mit der Bezeichnung „DHL Delivery“) gegründet. Bei diesen Tochtergesellschaften arbeiten laut Angaben der Gewerkschaft Verdi mittlerweile rund 10.000 Arbeitnehmer an 49 Standorten. Da es sich bei den Delivery-Arbeitnehmern nicht um Arbeitnehmer der Post handelt, findet auch nicht der Haustarifvertrag der Post Anwendung. Für die Delivery-Arbeitnehmer gelten regionale Tarifverträge des Speditions- und Logistikgewerbes mit wesentlich schlechteren Arbeitsbedingungen. Insbesondere soll die Vergütung um bis zu 25% weniger betragen. » weiterlesen
Schwere Zeiten für Betriebserwerber – die dynamische Bindung an fremde Kollektivregelungen gilt weiter
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) macht es den Betriebserwerbern auch künftig nicht leichter und führt seine Rechtsprechung zur Weitergeltung dynamischer Bezugnahmeklauseln nach einem Betriebsübergang fort. Mit seinem Urteil vom 23. November 2017 (6 AZR 683/16) hat das BAG in Erfurt nämlich entschieden, dass kirchliches Arbeitsrecht auch für den nicht kirchlichen Betriebserwerber dynamisch weitergelten kann. » weiterlesen
BAG: Anspruch auf Betriebsrentenanpassung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung?
Das BAG hatte in einer Entscheidung vom 15.09.2015 – 3 AZR 839/13 erneut über die Betriebsrentenanpassung bei einer Rentnergesellschaft zu befinden. Mit dem vorliegenden Urteil bestätigt und präzisiert das BAG seine Rechtsprechung zur Anpassungsprüfung bei Rentnergesellschaften. Völliges Neuland betritt das Gericht, soweit es im Sinne einer Missbrauchskontrolle einen Anspruch auf Betriebsrentenanpassung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) in Erwägung zieht. » weiterlesen
Gericht erschwert Sanierungen: Kündigungsschutz nur für alle Arbeitnehmer
Wenn ein Arbeitgeber seinen Betrieb sanieren will, kommt er in der Regel an dem Abschluss eines Sozialplans nicht vorbei. Dieser soll die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer ausgleichen oder zumindest mildern. Dabei sind nicht alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln. So kann ein Sozialplan etwa Arbeitnehmer von Abfindungen ausschließen, die durch Vermittlung des Arbeitgebers einen neuen Arbeitsplatz finden. Das LAG Berlin-Brandenburg erschwert eine solche Differenzierung nun jedoch. Nach einem Urteil vom 17.02.2015 (7 Sa 1619/14) dürfen Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Rechtsnachfolger widersprochen haben, in einem Sozialplan nicht vom Kündigungsschutz ausgenommen werden. » weiterlesen
Betriebsübergang: Verwirkung des Rechts zum Widerspruch
Mit seinem Urteil vom 17.10.2013 (Az: 8 AZR 974/12, DB0617148) hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur Verwirkung des Widerspruchsrechts nach einem Betriebsübergang weiter konkretisiert.Nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der von einem Betriebs(teil)übergang betroffene Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber schriftlich widersprechen. Dieser Widerspruch hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer unverändert fortgeführt wird. Der Betriebsveräußerer wird den widersprechenden Arbeitnehmer in der Folge entweder einsetzen oder das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt beenden. Der Widerspruch kann grundsätzlich nur innerhalb eines Monats ab Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erklärt werden. Ein nach Ablauf dieser Frist erklärter Widerspruch ist grundsätzlich unwirksam. » weiterlesen
Aus für dynamische Bezugnahmeklauseln?
Relativ unbemerkt hat der Europäische Gerichtshof kürzlich ein Urteil gefällt, das Sprengkraft birgt und das Recht der Betriebsübergänge womöglich auf den Kopf stellen kann (Urteil vom 18. 7. 2013 – C‑426/11, DB 2013 S. 1851; vgl. dazu auch Forst, DB 2013 S. 1847).
Dem Ausgangsfall lagen zunächst zwei normale Betriebsübergänge von scheinbar untergeordneter Wichtigkeit zugrunde: Eine kommunale Einrichtung in England wurde an einen privaten Träger veräußert und von diesem wiederum an einen ebenfalls privaten Dritten weiterverkauft. In den Arbeitsverträgen der Beschäftigten war über eine dynamische Bezugnahmeklausel geregelt, dass der jeweils gültige Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, dem der Betrieb ursprünglich angehörte, Anwendung findet. Der dort geltende Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes wurde nun neu verhandelt und sah Lohnsteigerungen vor, nachdem der Betrieb bereits in die Privatwirtschaft übergegangen war. Der Erwerber sah sich an die Lohnsteigerungen nicht gebunden. Er argumentierte, dass eine dynamische Bezugnahme nicht so weit gehen könne, dass sie ihn an Tarifverträge binde, auf deren Entstehung und Gestaltung er gar keinen Einfluss habe.
Betriebsübergang und Informationsschreiben – ein Hoffnungsschimmer für den Arbeitgeber
Bei einem Betriebsübergang sind immer wieder die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers und die damit zusammenhängende Widerspruchsfrist Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB ab ordnungsgemäßer Unterrichtung innerhalb einer Monatsfrist widersprechen. Veräußerer und Erwerber müssen deshalb darauf achten, dass die in § 613a Abs. 5 BGB vorgeschriebene Unterrichtung ordnungsgemäß erfolgt. Wie die Verfasserin bereits mit ihrem Beitrag vom 21. 2. 2012 analysierte, ist es für den Veräußerer bzw. Erwerber oft eine unüberwindliche Hürde, ein solches Informationsschreiben korrekt zu gestalten. Gelingt dies nicht, kann der Widerspruch grundsätzlich unbefristet ausgeübt werden.