Kartellverfahren: Neue Wege bei der Bußgeldreduzierung?

RA Dr. Carsten Grave, Partner, Linklaters LLP, Düsseldorf

Die immer höheren Bußgelder, welche die Europäische Kommission für Verstöße gegen das Kartellrecht verhängt, sind von vielen Stimmen und mit gewichtigen Argumenten beklagt worden (siehe u. a. Feld/Möschel/Wieland/Wigger [„Kronberger Kreis“], Reform der Geldbußen im Kartellrecht überfällig, 2012). Zwar hat die Europäische Kommission nie eingeräumt, dass die Bußgelder überhöht seien, hat aber gleichzeitig Instrumente entwickelt um zu verhindern, dass Bußgelder eine volkswirtschaftlich unerwünscht hohe Zahl von Insolvenzen auslösen. Hierzu gehören (a) die Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Unternehmens, (b) „besondere Umstände des Einzelfalls“ und (c) nun auch Modifikationen der Bußgeldberechnung für „Einproduktunternehmen“.

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Sitzungsgeld – Zur Strafbarkeit von Aufsichtsratsmitgliedern wegen Untreue

RA Horst Grätz, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Das OLG Braunschweig hat durch Beschluss vom 14. 6. 2012 (Az. WS 44/12, 45/12) entschieden, dass sich der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft wegen Untreue strafbar machen kann, wenn er die Auszahlung einer Vergütung an die Aufsichtsratsmitglieder veranlasst oder duldet, die im Widerspruch zu der in der Satzung geregelten Vergütung steht. Die Aufsichtsratsmitglieder trifft dann auch in eigenen Vergütungsangelegenheiten eine Vermögensbetreuungspflicht.

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Die Reform der Europäischen Insolvenzverordnung

RA Dr. Martin Prager, Partner, PLUTA Rechtsanwalts GmbH, München

Große Unternehmen wachsen international, aber wer ist eigentlich zuständig, wenn solche Firmen insolvent gehen, nach welchen Regeln wird das Verfahren abgewickelt und welche Befugnisse haben Insolvenzverwalter jenseits der Grenzen? Mit diesen Fragen kann man den Regelungsbereich der europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO) gut beschreiben. Vor zehn Jahren, am 31. 5. 2002, ist die Verordnung in allen Ländern der EU – mit Ausnahme Dänemarks – in Kraft getreten. Damit wurden grenzüberschreitende Insolvenzen innerhalb der EU rechtlich geregelt. Nun geht es darum, die EUInsVO zu modernisieren, insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den vergangenen Jahren. Die EU-Kommission beabsichtigt bis zum Ende des Jahres einen Entwurf zur Reform der EuInsVO vorzulegen.

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Unterstützung der NPD in der Freizeit kann eine Kündigung rechtfertigen

RA/FAinArbR Cornelia Schmid, Attorney at Law, Associate Partner, Rödl & Partner, Nürnberg

Das BAG hat mit Urteil vom 06.09.2012 (Az.: 2 AZR 479/09 = DB0417372) entschieden, dass eine personenbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers des öffentlichen Diensts gerechtfertigt ist, wenn sich der Arbeitnehmer in seiner Freizeit aktiv für eine verfassungsfeindliche Partei einsetzt und dadurch zum Ausdruck kommt, dass ihm die Eignung für die vertraglich geschuldete Leistung fehlt. Dies gilt selbst dann, wenn die Partei nicht durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Das beklagte Land kann nicht verpflichtet werden, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der aktiv dessen Abschaffung anstrebt, so das BAG.

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Neues vom BAG zur Pauschalabgeltung von Überstunden

RA/FA für ArbR Dr. Sandra Urban-Crell, Partnerin, McDermott Will & Emery, Düsseldorf

„Erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“ – so oder so ähnlich steht es in tausenden Arbeitsverträgen. Das Risiko, gleichwohl zur Zahlung von Überstunden verpflichtet zu sein, vermeiden Arbeitgeber dadurch nicht. Dies ist keine neue Erkenntnis. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits vor einiger Zeit entschieden, Klauseln zur Pauschalabgeltung von Überstunden seien unwirksam (BAG, Urteil vom 1.9.2010 – 5 AZR 517/09, DB 2011 S. 61). Zwei jüngere Entscheidungen des höchsten deutschen Arbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 22.2.2012 – 5 AZR 765/10, DB 2012 S. 1932; BAG, Urteil vom 17.8.2011 – 5 AZR 406/10, DB 2011 S. 2550) bestätigen diese Rechtsprechung, bringen aber zugleich Klarheit in einige Fragen, welche die Praxis bis vor Kurzem vor praktische Probleme beim arbeitsrechtlichen Dauerbrenner „Überstundenabgeltung“ stellte.

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BGH: Zahlung von Beratungshonorar an Aufsichtsratsmitglied erst nach Zustimmung des Aufsichtsrats

RA Dr. Martin Schockenhoff, Partner, Gleiss Lutz, Stuttgart

Beratungsverträge zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Ohne Zustimmung gezahlte Beraterhonorare sind zurückzuzahlen – es sei denn, der Aufsichtsrat hat den Beratungsvertrag im Nachhinein genehmigt (§ 114 Abs. 2 Satz 1 AktG). Bedeutet dies, dass der Vorstand das Beratungshonorar auch schon vor der – als sicher erwarteten – Genehmigung auszahlen darf? Die Praxis hat dies bislang so gesehen, aber der BGH hat jetzt klargestellt, dass der Vorstand pflichtwidrig handelt, wenn er Zahlungen vor der Genehmigung durch den Aufsichtsrat vornimmt (BGH-Urteil vom 10. 7. 2012 – II ZR 48/11, DB0491448).

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Rechtsscheinhaftung bei Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes

RA Dr. Sabine Pittrof, Partnerin bei Raupach & Wollert-Elmendorff, Frankfurt/M.

Der BGH hatte kürzlich Gelegenheit, zur Rechtsscheinhaftung des Handelnden für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zu entscheiden. Dem Urteil vom 12. 6. 2012 – II ZR 256/11, DB 2012 S. 1916 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt), die im Handelsregister mit einem Stammkapital von 100 € eingetragen war. Unter der Bezeichnung „H-GmbH, u. G. (i. G.), M. H.“ hatte der Beklagte für die UG (haftungsbeschränkt) Werkverträge abgeschlossen, auf die Vorschüsse gezahlt wurden. Da die Arbeiten jedoch nie beendet wurden, kündigte der Kläger und verlangte Schadensersatz von dem Beklagten. Das Berufungsgericht hatte die Klage dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.

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Kein Akteneinsichtsrecht in Kartell-Bonusanträge in Verfahren vor deutschen Gerichten

Philipp Werner, Partner, McDermott Will & Emery Belgium LLP, Brüssel

Abnehmer des Kaffeeröster-Kartells sind mit ihren Anträgen auf Offenlegung der Gerichtsakten und Bonusanträge in einem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf in den wesentlichen Punkten gescheitert. Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 22. 8. 2012 – V-4 Kart 5 + 6/11 (OWi) festgestellt, dass eine Offenlegung von Anträgen nach der Bonusregelung des Bundeskartellamts (Bekanntmachung Nr. 9/2006 vom 7. 3. 2006) auch in Gerichtsverfahren nicht in Frage kommt.

Im Jahr 2009 stellten mehrere Kaffeeröster Bonusanträge beim Bundeskartellamt, das gegen drei Kartellanten in der Folge wegen Preisabsprachen Geldbußen i. H. von ca. 160 Mio. € verhängte. Die Kartellanten erhoben gegen diese Bußgeldbescheide Einspruch beim OLG Düsseldorf.

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BGH: Vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern ist zulässig

RA Dr. Christian Arnold, Partner, Gleiss Lutz, Stuttgart

Der BGH hat in der seit Jahrzehnten umstrittenen Frage der vorzeitigen Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern Klarheit geschaffen: Die Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft für höchstens fünf Jahre ist nach einvernehmlicher Amtsniederlegung auch früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer zulässig. Sie stellt auch dann keine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG dar, wenn für diese Vorgehensweise keine besonderen Gründe vorliegen (BGH-Urteil vom 17. 7. 2012 – II ZR 55/11, DB 2012 S. 2036).

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Kapitalanlagegesetzbuch: Regelungs-vorschlag erschwert Vertrieb von ausländischen Fonds in Deutschland

Patricia Volhard, LL.M., Partner, P+P Pöllath + Partners, Frankfurt/M.

Am 20. 7. 2012 hat das BMF einen ersten Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie zur Regulierung Alternativer Investmentfonds Manager („AIFM-RL“) vorgelegt, der u. a. den Entwurf eines Kapitalanlagegesetzbuches („KAGB-E“) enthält.

Der KAGB-E soll das bisher nur für deutsche offene Fonds mit bestimmten Anlageschwerpunkten geltende Investmentgesetz ablösen und die rechtliche Grundlage für sämtliche künftigen deutschen Fondsstrukturen und den Vertrieb aller deutschen und ausländischen Fonds sein. Die AIFM-RL ist bereits am 21. 7. 2011 in Kraft getreten. Bis zum 22. 7. 2013 muss sie in nationales Recht umgesetzt werden. Sie sieht einen einheitlichen Vertriebspass in der EU für von EU-Managern verwaltete EU-Fonds vor, soweit die Fonds nur an sog. „professionelle Anleger“ i. S. einer weiteren Richtlinie (der MiFID-RL) vertrieben werden.

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