Die digitale Transformation des Rechtsgestaltungsmarkts schreitet weiter voran. So sorgte der BGH mit seinem jüngst ergangenen Smartlaw-Urteil für Euphorie in der Legal Tech Branche, indem er entschied, dass ein juristischer Fachverlag mit dem Bereitstellen seines digitalen Rechtsdokumentengenerators keine unerlaubte Rechtsdienstleistung erbringt. Zugleich wirft das Smartlaw-Urteil weitergehende Fragen auf: Inwieweit darf und kann Legal Tech die klassische anwaltliche Tätigkeit beeinflussen oder vielleicht sogar ersetzen?
Erschütterter Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen genießen grundsätzlich einen hohen Beweiswert. Allerdings kann der Beweiswert erschüttert sein, wenn der Arbeitnehmer* zeitgleich mit dem Ausspruch einer Eigenkündigung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, deren Dauer passgenau der laufenden Kündigungsfrist entspricht. In diesem Fall kann die Verweigerung der Entgeltfortzahlung rechtmäßig sein, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 8. September 2021 (Az. 5 AZR 149/21). » weiterlesen
Garantieabsenkung trifft die betriebliche Altersversorgung
Zum 1. Januar 2022 sinkt der Höchstrechnungszins für Versicherungsverträge – der sog. Garantiezins – von 0,9 % auf 0,25 %. Mit diesem Rechnungszins ist es den Versicherern kaum oder gar nicht mehr möglich zu garantieren, dass die Versicherungsleistung mindestens der Summe der eingezahlten Beiträge entspricht. Dies hat Folgen für Versicherungsverträge in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und zwingt Unternehmen zu reagieren. » weiterlesen
Klimaschutzklagen – Was kommt auf emissionsintensive Unternehmen zu?
Klimaschutz ist längst kein bloß politisches Phänomen mehr. Die Gerichte sind zunehmend gefordert, Klimaschutzrecht zu sprechen: Eine von der Columbia-Universität betriebene Datenbank listet derzeit 435 gegen Staaten gerichtete und 64 gegen Unternehmen Klimaschutzklagen auf. Sechs solcher Klagen hatten bekanntermaßen jüngst vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. In seiner Klimaschutzentscheidung stellt das Gericht fest, dass die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aber auch die Staatszielbestimmung des „Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen“ (Art. 20a GG) den Staat zwingen, planend mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Instrumenten einzugreifen.
Der schwere Start der Beitragszusage
Es klang gut: Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz fand bereits 2018 die reine Beitragszusage ihren Weg in die deutsche betriebliche Altersversorgung. Ziel war und ist, damit die Attraktivität der Betriebsrente zu stärken und deren Verbreitung zu fördern. Ganz nach angelsächsischem Vorbild soll in dieser Variante die Beitragszahlung die zentrale, aber auch erschöpfende Verpflichtung des Arbeitgebers sein. Mit diesem Weg des „pay and forget“ wird er also durch Beitragszahlungen an bspw. einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse von seiner Verpflichtung aus der Versorgungszusage pro rata temporis frei sein. Chancen und Risiken der Mittelverwendung am Kapitalmarkt durch den Pensionsfonds trägt also der Arbeitnehmer. » weiterlesen
BAG verneint Anspruch des Betriebsrats auf zeitweise Überlassung von Entgeltlisten zwecks Erstellung von Abschriften ab
Dass § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG kein Recht des Betriebsrats auf (dauerhafte) Überlassung von Bruttoentgeltlisten begründet, hatte das BAG erstmals in seinem Beschluss vom 10.10.2006 (1 ABR 68/05) entschieden. Für das am 6. Juli 2017 in Kraft getretene EntgTranspG – genauer: dessen § 13 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 – erfolgte diese Klarstellung durch Entscheidung vom 29.9.2020 (1 ABR 32/19). In seinem jüngsten Beschluss vom 23.3.2021 (1 ABR 7/20) entschied der Erste Senat nun, dass der Betriebsrat auch nicht die nur vorübergehende Zurverfügungstellung von Bruttoentgeltlisten zum Zwecke der Erstellung von Abschriften verlangen kann, weil dies im Ergebnis nichts anderes sei als die Geltendmachung eines weder nach dem BetrVG noch dem EntgTranspG bestehenden Überlassungsanspruchs. » weiterlesen
LAG Nürnberg hält unternehmensweite Versetzungsklausel auch bei einer Versetzung ins Ausland für wirksam
Versetzungsklauseln, die eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort vorsehen, sind in der Praxis ein probates Mittel, um auf in Ungnade gefallenen Arbeitnehmer Druck aufzubauen. Die Veränderung des Arbeitsortes führt nämlich im Regelfall dazu, dass der Arbeitnehmer dadurch in die Bredouille gerät, dass er entweder an oder in die Nähe des neuen Arbeitsortes umziehen muss oder aber – sollte er Familie haben oder anderweitig gebunden sein – wird pendeln müssen. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsortes führt daher regelmäßig zu Streit und endet nicht selten in der vollständigen meist einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Vor diesem Hintergrund lässt eine nunmehr veröffentlichte Entscheidung des LAG Nürnberg (Urt. v. 12. Mai 2021 – 2 Sa 29/21) unternehmensweite Versetzungsklausel auch bei einer Versetzung ins Ausland für wirksam erachtet, aufhorchen. Ist dies tatsächlich richtig? Der folgende Beitrag soll dies einordnen und bewerten. » weiterlesen
BAG setzt Maßstäbe für die Auslegung von Bonusregelungen
Bei erfolgsabhängigen Bonusvereinbarungen ist im Wege der Auslegung regelmäßig von einer Ausgestaltung mittels Zielvereinbarungen auszugehen, deren Nichtabschluss einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen kann. Mit seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2020 (8 AZR 149/20) setzt das BAG damit neue Maßstäbe für die Auslegung von Bonusregelungen. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, geht das BAG demnach von der Verpflichtung zum Abschluss einer Zielvereinbarung als Regelfall aus. » weiterlesen
Ab ins Pflegeheim?
Das BAG hat am 24.06.2021 ein weit reichendes Urteil zur häuslichen Pflege durch ausländische Betreuungskräfte gefällt (5 AZR 505/20). Wie sich aus der Pressemitteilung des Gerichts (PM 16/21) ergibt, trifft der Spruch zwei Aussagen:
- Auch von einem Dienstleistungsunternehmen aus dem Ausland entsandte Betreuungskräfte haben als Arbeitnehmer Anspruch auf den deutschen gesetzlichen Mindestlohn.
- Zu den geleisteten Arbeitsstunden gehört dabei auch Bereitschaftsdienst, der darin bestehen kann, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person leben muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tages- und Nachtzeiten im Bedarfsfalle zur Verfügung zu stehen.
Das Damoklesschwert der Scheinselbstständigkeit
Für viele Unternehmen ist es ebenso verlockend wie gefährlich: Mitarbeiter als „selbstständige“ Mitarbeiter einzustellen. Verlockend sind insbesondere die geringeren Lohnkosten, weil die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung wegfallen sowie die größere vertragliche Flexibilität, da Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht zur Anwendung kommen. Gefährlich sind aber die Rechtsfolgen, wenn sich der scheinbar selbstständige Mitarbeiter tatsächlich als unselbstständig erweisen sollte. Denn dann droht nicht nur die nachträgliche Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch eine Haftung für die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber hätte einbehalten und abführen müssen. Und so schwebt die mögliche Scheinselbstständigkeit wie ein Damoklesschwert über einer Vielzahl von Beschäftigungsverhältnissen. » weiterlesen