Gegen gesetzgeberischen Minimalismus bei Related Party Transactions

Prof. Dr. Andreas Engert, LL.M. (Univ. Chicago), Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft

Im September wird sich der Rechtsausschuss erneut mit der Umsetzung der geänderten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) befassen müssen. Neben der Vorstandsvergütung streitet man darüber, ab welchen Schwellenwerten Geschäfte mit nahestehenden Personen („Related Party Transactions“) dem Aufsichtsrat vorgelegt und vorab veröffentlicht werden müssen. Die Abgeordneten tun gut daran, sich dies genau zu überlegen: Von den Schwellenwerten hängt ab, ob die Minderheitsaktionäre besser als bisher gegen Vermögensverlagerungen geschützt werden. Wie man die Richtlinienvorgabe leerlaufen lässt, hat gerade der österreichische Gesetzgeber vorgemacht: Er verlangt die Beteiligung des Aufsichtsrates erst ab einem Transaktionsvolumen von 5% der Bilanzsumme, die Offenlegung sogar erst ab 10%. Von den 57 börsennotierten Aktiengesellschaften hätte nach deren aktuellen Geschäftsberichten nur eine einzige die 5%-Schwelle überschritten (so J. Flume im Augustheft der GesRZ). » weiterlesen

Ausschluss von Witwen-/Witwerrente in der betrieblichen Altersversorgung

RA Dr. Thomas Frank, Mitglied der Praxisgruppe Pensions im Münchner Büro der internationalen Kanzlei Hogan Lovells

Versorgungsleistungen an Witwen und Witwer sind regelmäßig Bestandteil einer betrieblichen Altersversorgung. Für den Arbeitgeber bedeutet dies jedoch ein ungewisses finanzielles Risiko, weil die Witwe bzw. der Witwer eine ihm unbekannte Person ist – möglicherweise selbst dem Mitarbeiter noch unbekannt in dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Zusage auf betriebliche Altersversorgung erteilt wird. Daher werden Witwen-/Witwerrenten regelmäßig an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Allein im ersten Halbjahr 2019 hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in sechs Urteilen mit entsprechenden Klauseln auseinandergesetzt. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, welche einschränkenden Voraussetzungen zu beachten sind und welche nicht mehr durchsetzbar sind. Was geht und was geht nicht mehr in der Hinterbliebenenversorgung? » weiterlesen

Kleine Änderungen, große Wirkung: Wie viele Unternehmen betreffen die neuen Regelungen zu Related Party Transactions?

Prof. Dr. Andreas Engert, LL.M. (Univ. Chicago), Freie Universität Berlin, Fachbereich Rechtswissenschaft

Ein vernünftiger Gesetzgeber strebt danach, Nutzen und Kosten neuer Regelungen in das bestmögliche Verhältnis zu bringen. Dafür bedarf es einer Vorhersage von Gesetzesfolgen. Im März diesen Jahres haben wir versucht, die Auswirkungen der neuen Regelungen zu Related Party Transactions im damaligen Refentenentwurf für das zweiten Aktionärsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (ARUG II) abzuschätzen (Engert/Florstedt, ZIP 2019 S. 493 und hier). Auf Grundlage der IFRS-Konzernabschlüsse der börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften haben wir unter anderem ermittelt, wie viele Unternehmen im Jahre 2017 Geschäfte mit nahestehenden Personen hätten offenlegen und vom Aufsichtsrat überprüfen lassen müssen, wenn die Regelung des damaligen Referentenentwurfs mit einem Schwellenwert von 2,5% des bilanziellen Anlage- und Umlaufvermögens gegolten hätte. Nach unserer Prognose hätte dies mindestens 10 % und höchstens 20 % der deutschen Aktiengesellschaften betroffen. Ob das viel oder wenig ist, liegt im Auge des Betrachters; wir hielten es für eine „durchaus noch effektive Umsetzung der Richtlinienvorgaben“ (ZIP 2019 S. 493 [500]). » weiterlesen

Keine (Sozialversicherungs-)Freiheit für Ärzte und Pfleger – Die BSG Urteile zur Honorarkräften im Krankenhaus

RA/FAArbR Dr. Jannis Kamann, Salary Partner bei michels.pmks Rechtsanwälte in Köln

Im Gesundheitswesen herrscht ein Fachkräftemangel bei Ärzten und Pflegern. Insbesondere in Flächenländern fehlt es den Krankenhausträgern immer wieder an qualifiziertem Personal, um Leistungsspitzen abzudecken. Der Gesetzgeber hat durch das Krankenhausstrukturgesetz die Anforderungen an die Qualität der Krankenhäuser in den letzten Jahren massiv erhöht und durch die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung mittlerweile in vielen Bereichen zwingende Mindestbesetzungen vorgesehen. Gleichzeitig hat er aber auch erkannt, dass es in Deutschland insgesamt zu wenig Pflegepersonal vorhanden ist und die Krankenhäuser vermehrt unter der Last der höheren Qualitäts- und Personalanforderungen ächzen. » weiterlesen

CorpTech in the Boardroom – zur Einwirkung neuer Technologien auf den Aufsichtsrat

Prof. Dr. Dirk Zetzsche, LL.M., Universität Luxembourg

Ob und wie sich sog. Neue Technologien, insbesondere Künstliche Intelligenz (AI), Blockchain und Smart Contracts – im Folgenden zusammenfassend als CorpTech bezeichnet – auf die Arbeit von Vorstand und Aufsichtsrat auswirkt, wird derzeit viel diskutiert. Nach einer sehr optimistischen Ansicht in der Literatur soll CorpTech zur ultimativen Lösung der Corporate Governance Probleme beitragen. So soll CorpTech etwa optimale Vergütungsmodelle schaffen können, um Interessenkonflikte der Organmitglieder zu beseitigen; CorpTech soll Preisbildungsmechanismen an Märkten beschleunigen, so dass sich aktivistische Handels- und Engagementstrategien nicht mehr lohnen; schließlich sollen CorpTech-basierte Abstimmungen und Aktionärsinitiativen auch die rationale Apathie des Aktionariats überwinden; die Überwachung des nunmehr aktiven Aktionariats könnte dann den Aufsichtsrat ersetzen.

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Bundeskabinett beschließt Mindestlohn für Auszubildende – effektive Maßnahme oder reine Symbolpolitik?

RA/FAArbR Dr. Christoph Kurzböck, Rödl & Partner, Nürnberg

Wenn es nach der Bundesregierung geht, sollen Auszubildende in Zukunft einen Mindestlohn bekommen. Der Mitte Mai beschlossene Gesetzentwurf zum Azubi-Mindestlohn sieht vor, dass Auszubildende ab 2020 im ersten Lehrjahr 515 Euro als Mindestvergütung bekommen. Bis 2023 soll dieser Mindestbetrag für das erste Lehrjahr schrittweise auf 620 Euro ansteigen. » weiterlesen

Verhältnis von Nachteilsausgleich und Sozialplanabfindung – Fallstricke bei der Betriebsänderung

RA Dr. Hans-Peter Löw, Partner, Allen & Overy LLP, Frankfurt/M.

Arbeitgeber, die in ihrem Betrieb eine Betriebsänderung planen, sind verpflichtet, mit dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu führen mit dem Ziel, das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung einvernehmlich zu regeln. Führt der Arbeitgeber eine Betriebsänderung durch, ohne einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, haben Arbeitnehmer, die infolge der Maßnahme entlassen werden, Anspruch auf einen Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG. Sofern anschließend noch ein Sozialplan vereinbart wird, stellt sich die Frage, ob ein entlassener Arbeitnehmer zweimal kassieren kann, nämlich einmal einen Nachteilsausgleich wegen der unterlassenen Verhandlung über einen Interessenausgleich und zum anderen die Sozialplanabfindung.

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EuGH bezieht zu Unrecht Prügel: Das Urteil zur Zeiterfassung

RA/FAArbR Dr. Steffen Nguyen-Quang / Rechtsreferendar Sven Lombard, Simmons & Simmons, Düsseldorf

Mit Urteil vom 14.05.2019 hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-55/18 entschieden, dass die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet sind, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit effektiv gemessen werden kann. Damit reicht es nicht mehr aus, nur die Zeiten aufzeichnen zu lassen, die acht Stunden überschreiten. Vielmehr müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit von Beginn an aufgezeichnet werden. Diese Pflicht bestand generell noch nicht in Deutschland, wenngleich in vielen Bereichen bereits eine gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zur umfassenden Arbeitszeiterfassung galt. Das Urteil hat ein großes Medienecho ausgelöst. Unseres Erachtens wurde der EuGH für die Entscheidung zu Unrecht teils heftig kritisiert. So befürchtet der IT-Branchenverband Bitkom, dass Arbeitgeber ins Unrecht gesetzt werden. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände befürchtet in Zeiten der Arbeitswelt 4.0 einen Rückfall zur Arbeitserfassung 1.0.  » weiterlesen

DSGVO-Auskunftsanspruch – Neue Herausforderungen für Arbeitgeber

RA Dr. Vera Jungkind, Partnerin, Hengeler Mueller, Düsseldorf

Nach einem aktuellen Urteil des LAG Baden-Württemberg dürfen Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, Dokumente einer internen Ermittlung geheim halten zu können. Wie das Gericht am 20.12.2018 (Az. 17 Sa 11/18) entschied, kann ein Arbeitnehmer nach Art. 15 DSGVO einen Anspruch auf Auskunft darüber haben, welche Daten in einer internen Ermittlung über ihn erhoben wurden.

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Informationsanspruch des Betriebsrats auf namentliche Nennung von schwangeren Arbeitnehmerinnen

RAin Aziza Yakhloufi, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Rödl & Partner, Eschborn

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat Schwangerschaften von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen mitzuteilen, die der Informationsweitergabe an den Betriebsrat widersprochen haben (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.04.2019 – 1 ABR 51/17).

Dem Verfahren liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen seines Betriebs im Falle einer Schwangerschaft die Möglichkeit eingeräumt hat, der Weitergabe der Information an den Betriebsrat zu widersprechen. Hierzu erhalten die schwangeren Arbeitnehmerinnen ein Musteranschreiben, in dem ihnen eine 2-Wochen-Frist zwecks etwaigen Widerspruchs eingeräumt wird. » weiterlesen